Wiener Pendant zu Miss Marple
Von Beate Maly habe ich bereits viele ihrer historischen Romane gelesen. Im letzten Monat wurde nun ihr zweiter historischer Krimi "Tod an der Wien" veröffentlicht.
Obwohl ich den ersten Band "Tod am ...
Von Beate Maly habe ich bereits viele ihrer historischen Romane gelesen. Im letzten Monat wurde nun ihr zweiter historischer Krimi "Tod an der Wien" veröffentlicht.
Obwohl ich den ersten Band "Tod am Semmering" (noch) nicht kenne, fand ich ohne Probleme in die Geschichte.
Der Prolog, der zwanzig Jahre zuvor spielt, gibt tiefe Einblicke in das Schulsystem zur Jahrhundertwende. Im Internat werden die Jungen aus der Oberschicht für ihr späteres Leben ausgebildet und abgehärtet. Einige Lehrer greifen dabei jedoch zu unmenschlichen und grausamen Methoden. Bis es zu einem Unglück kommt...
Danach sind wir wieder in den Zwanzigern und begegnen der pensionierten Lehrerin Ernestine Kirsch und ihrem Freund, dem Apotheker Anton Böck. Ernestine ist ein großer Fan der Operettensängerin Hermine Egger, die am Theater an der Wien bei der Premiere der Operette "Die gelbe Jacke" (heute bekannt unter dem Titel: "Das Land des Lächelns") die Hauptrolle singen wird. Gemeinsam mit Anton möchte sie die Veranstaltung besuchen und zuvor für die kleine Rosa noch ein Autogramm holen. In den Garderoben angekommen wird Ernestine Zeugin eines Streites zwischen Hermine Egger und ihrer Zweitbesetzung. Kurze Zeit später ist Hermine Egger tot.....
Die beiden Hauptcharaktere sind einfach wundervoll. Sie besitzen den typischen Wiener Charme und in ihrer Neugierde erinnerte mich Ernestine Kirsch an ihr englisches Pendant, Miss Marple. Die quirlige ehemalige Lehrerin steckt ihre Nase mit oft entwaffneten Charme in Dinge, die sie eigentlich gar nichts angehen. So erfährt sie immer wieder Einzelheiten, die ihr bei ihren Nachforschungen behilflich sind. Denn Ernestine ist davon überzeugt, dass Hermine Eggers Tod kein Unfall war. Als auch die Hausmeisterin des Theaters umkommt, beginnt sie auf ihre eigene Weise zu ermitteln. Ernestine hält die beiden Todesfälle keineswegs als Zufälle, wie die zuständige Polizei, die die beiden Unfälle bereits ada acta gelegt hat. Zwischen Apfelstrudel und Wiener Melange ermitteln Ernestine und Anton im Umfeld des Theaters und die Verdächtigen sind gar nicht so wenige.
Das Wiener Ambiente hat die Autorin atmosphärisch und identisch eingefangen. Die Örtlichkeiten des alten Wiens sind sehr detailreich und bildhaft beschrieben. Man spürt das Lebensgefühl der damaligen Zeit zwischen den Zeilen. Es ist die Nachkriegszeit und die Menschen suchen Zerstreuung. Theater und Operetten gaukeln ihnen eine heile Welt vor, in die sie sich gerne flüchten, während das Geld immer mehr an Wert verliert. Kriegswitwen versuchen über die Runden zu kommen, während die gehobene Schicht bereits wieder in Luxus schwelgt. Ebenso lässt uns die Autorin an der damaligen Schulreform eines Otto Glöckels, sowie die ersten Ansätze einer Maria Montessori, die die im Prolog erwähnten Zustände ersetzen sollen, teilhaben.
Hungrig sollte man das Buch ebenfalls nicht lesen, denn Anton ist ein Genussmensch. Er liebt es zu kochen und zu essen. Und so werden einem Torten, Kuchen und andere Wiener Spezialitäten rund um die Uhr vorgesetzt. Meinem Guto auf Apfelstrudel bin ich spätestens nach der ersten Hälfte erlegen...
Die Auflösung hat mir gut gefallen und ist logisch. Dabei stört es überhaupt nicht, dass einige Aspekte offen bleiben.
Schreibstil:
Beate Maly schreibt lebendig, kurzweilig und mit viel Wiener Charme. Die Kapitel sind kurz gehalten und man fliegt nur so durch die Seiten. Überraschende Wendungen erhalten die Spannung.
Der Krimi lebt hauptsächlich von den großartigen Figuren mit ihren unverwechselbaren Charakteren. Die Krimihandlung bleibt deswegen manchmal ein bisschen auf der Strecke, was allerdings nicht stört. Auch die Nebencharakrtere sind wunderbar gezeichnet und ich konnte mir alle Figuren bildhaft vorstellen.
Cover:
Ein paar Worte muss ich noch zum eleganten Cover verlieren, das hervorragend zum ersten Teil passt und genauso wunderschön mit Jugendstilelementen verziert ist. Hier hat sich der Emons Verlag selbst übertroffen.
Fazit:
Ein klassischer Krimi mit viel Wiener Flair und einer charismatischen Schnüfflerin, die Miss Marple in nichts nachsteht. Kurzweilig und mit viel Lokalkolorit hat mich Beate Maly auch im Krimi-Genre überzeugt!