Kurz bevor die Detectives Hunter und Garcia der UV-Einheit des LAPD in die Mittagspause gehen können, werden sie von ihrer Chefin Blake aufgehalten. In der Hand hält sie die Akte eines Verkehrsunfallopfers, bei dessen Obduktion Unstimmigkeiten aufgefallen sind. Die Verletzungen passen nicht zum Unfall und die letztliche Todesursache war erfrieren, im Juni, in LA. Hunter und Garcia beginnen zu ermitteln, doch alles am Toten scheint völlig unauffällig, bis auf seine Einsamkeit. Kurze Zeit später werden bei einer weiteren Obduktion eines angeblichen Selbstmörders wieder Verletzungen an der Leiche gefunden, die nicht zum Tod passen. Kann es sein, dass die Detectives einem Serienmörder auf die Spur gekommen sind?
Ich bin ein riesengroßer Chris Carter Fan und fiebere schon am Ende eines seiner Bücher einem neuen entgegen. Nun erschien mit Der Totenarzt der bereits dreizehnte Fall für die beiden Detectives der UV-Einheit, der Einheit des LAPD für die besonders schweren Verbrechen.
Gleich vorweg, Chris Carter versteht es einfach mit Worten umzugehen und an seine Geschichten zu fesseln. Dabei ist er ein Meister darin, an Kapitelenden Cliffhanger einzubauen und ein enormes Tempo vorzulegen. Doch dieses Mal beherrscht er durchaus ruhigere Töne, von denen ich verstehen kann, dass es manchen Fan vielleicht enttäuscht hat. Aber das, was der Autor hier beschreibt und erzählt, benötigt einfach auch kein hohes Tempo, denn es ist der psychologische Aspekt, der hier zum Tragen kommt.
Ohne Frage, die Folterungen, die die Opfer hier vor ihrem Tod erleben mussten, sind brutal, grausam und nichts für schwache Nerven. Doch der Hintergrund des Ganzen erschüttert und macht nachdenklich. Ich habe lange nach dem Beenden noch immer wieder über das Gelesene nachdenken müssen, zumal Carter auch erzählt, dass er sich auf einen realen Fall bezieht. Wieder einmal lässt Chris Carter uns Leser also in die Tiefen menschlicher Abgründe blicken.
Auch jetzt beim Schreiben dieser Rezension muss ich darüber nachdenken, was hier die Hintergründe für die Taten des Mörders waren und wie oft all das wirklich geschieht, macht mich so unglaublich traurig, wütend, aber auch hilflos. Ich würde hier gerne sehr viel erzählen, über Opfer, Täter und Entwicklungen, aber all das würde einfach nur spoilern, dieses Buch solltet ihr also unbedingt lesen, wenn ihr Thriller mögt.
Die beiden Detectives Hunter und Garcia sind mir im Laufe der Jahre ans Herz gewachsen und wenn man von ihren Privatleben nicht zu viel erfährt, hat man trotzdem das Gefühl, alte Bekannte wiederzusehen. Hunter ist im Laufe der Jahre auf eine bestimmte Art ruhiger geworden, besonnener und trotzdem beeindruckt er mit seiner Intelligenz. Aber auch Garcia hat sich enorm weiterentwickelt. Nach all den Jahren habe ich das Gefühl, dass er immer deutlicher aus Hunters Schatten tritt und auch er immer cleverer handelt.
Neben den beiden gibt es bekannte Nebenfiguren, die immer wieder in den Thrillern auftauchen. Dieses Mal kommt eine Studentin hinzu, bei der ich mir vorstellen kann, demnächst öfter auf sie zu treffen. Was wirklich wieder unglaublich gut gezeichnet wurde, sind die Opfer und die Täter, bei denen die Grenzen verschwimmen.
Mein Fazit: Ganz großes Kino aus der Feder von Chris Carter, denn mit diesem Buch zeigt er eindrucksvoll, wie die menschliche Psyche funktioniert, dass Gewalt durchaus aus Gewalt entstehen kann, sich aber auch positiv entwickeln kann. An diesem Thriller merkt man einfach wieder auch, dass Carter genau weiß, wovon er erzählt und in welche Abgründe er einst als forensischer Psychologe geblickt hat. Hut ab, Mr Carter, auch wenn ich zunächst dachte, wo bleibt das Tempo bin ich am Ende beeindruckt und betroffen.