Fesselnder Histo-Krimi zur Zeit des Dritten Reichs
MEINE MEINUNG
Mit dem historischen Kriminalroman " Die Toten vom Gare d’Austerlitz " ist dem britischen Autoren Chris Lloyd ein sehr spannender Auftakt einer neuen Krimi-Reihe gelungen, der vor dem Hintergrund ...
MEINE MEINUNG
Mit dem historischen Kriminalroman " Die Toten vom Gare d’Austerlitz " ist dem britischen Autoren Chris Lloyd ein sehr spannender Auftakt einer neuen Krimi-Reihe gelungen, der vor dem Hintergrund des 2. Weltkriegs während des Einmarschs der Nazis in Paris im Juni 1940 angesiedelt ist. Mit vielen eingeflochtenen zeitgeschichtlichen Details, die von guter Recherchearbeit zeugen, lässt uns Lloyd in eine unübersichtliche und hochkomplexe Gemengelage in der französischen Hauptstadt zu Beginn der deutschen Besatzung eintauchen, in der seine Hauptfigur Inspecteur Éduard Giral in einem brisanten Mordfall an vier Polen und einem tragischen erweiterten Suizid zu ermitteln hat, Fälle zwischen denen ein Zusammenhang zu bestehen scheint. Doch schon bald muss sich Giral gegen die zunehmende Einmischung von Wehrmacht, Gestapo und Geheimer Feldpolizei behaupten.
Mit seinen lebendigen, detailreichen Schilderungen versteht es der Autor hervorragend, uns die komplizierte politische Lage, die alltäglichen Auswirkungen der Besatzung für die Pariser Bevölkerung, bei denen von geheimen Widerstand bis hin zu opportunistischer Kollaboration mit den Nazis alles vertreten war, vor Augen zu führen. Sehr fesselnd ist aber vor allem auch die schwierige Situation für den unerschrockenen französischen Polizisten Eddie mitzuverfolgen, der bei seinen Ermittlungen nach einer Quasientmachtung der französischen Polizei durch die deutschen Besatzer ständiger Beobachtung, Willkür, Bedrohung und Manipulation ausgesetzt ist. Aber auch in den eigenen Reihen hat er gegen so manche Widersacher zu kämpfen und hat zudem privat etliche Probleme zu bewältigen, die ihm das Leben schwer machen.
Der Autor hat einen fesselnden, rasanten und sehr vielschichtigen Plot entworfen. Wegen des verwirrenden Geflechts von verschiedensten Handlungssträngen und den nicht leicht zu durchschauenden Zusammenhängen hatte ich manchmal allerdings Schwierigkeiten die ganzen Hintergründe zu durchblicken. Er versteht es jedoch hervorragend, Spannung aufzubauen, so dass man völlig von dem sich entspinnenden perfiden Katz-und-Maus-Spiel gebannt ist und mit dem cleveren und unerschrockenen Giral bei seinen komplizierten Ermittlungen immer mehr mitfiebern muss. Dieser hat der nicht nur gegen intrigante Machenschaften in eigenen Reihen und den üblen Spielchen von SS und Deutscher Abwehr anzukämpfen, sondern muss auch im privaten Bereich mit dem Auftauchen seines Sohns Jean Luc auftaucht so einiges Probleme zu bewältigen.
Die verschiedenen Charaktere bis hin zu den Nebenfiguren sind sehr lebendig dargestellt und umfassen eine große Anzahl an undurchsichtigen Figuren und boshaften Widersachern. Herausragend ist vor allem der facettenreiche Protagonist Giral angelegt, den wir mit seiner komplexen Persönlichkeit allmählich immer besser kennenlernen. In eingeschobenen Rückblicken erfahren wir viele Details aus seinem Vorleben und können so seine durch die im 1. Weltkrieg traumatisierte, zerrissene Psyche besser nachvollziehen – auch wenn mir bisweilen sein Verhalten doch etwas fremd geblieben ist. Man darf gespannt sein, wie er sich im Laufe der Krimireihe weiterentwickeln wird.
Auch die zahlreichen Nebenfiguren sind sehr vielschichtig und interessant gestaltet, und geschickt in den faszinierenden zeitgeschichtlichen Zusammenhang eingebettet.
Zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse regelrecht und nach einer Vielzahl von Wendungen gipfelt die komplexe Handlung schließlich mit einer sehr überraschenden Auflösung des Falls.
FAZIT
Ein sehr fesselnder Auftakt einer neuen historischen Krimi-Reihe auf hohem Niveau - mit einer hochkomplexen Handlung, interessanten Charakteren und tollem Zeitkolorit. Auf die Fortsetzung bin ich schon sehr gespannt.