Komplexer und sehr spannender Krimi in den Schweizer Alpen
Christof Gasser ist in den letzten zwei Jahren zu meinem Lieblingsautor, wenn es um Krimis geht, avanciert. Der Schweizer Autor schreibt spannend und sehr ausdrucksstark. Sein neuer Krimi ist eindeutig ...
Christof Gasser ist in den letzten zwei Jahren zu meinem Lieblingsautor, wenn es um Krimis geht, avanciert. Der Schweizer Autor schreibt spannend und sehr ausdrucksstark. Sein neuer Krimi ist eindeutig eine große Leseempfehlung!
Cora Johannis, freischaffende Journalistin und alleinerziehende Mutter, die ich bereits in "Schwarzbubenland" kennenlernen durfte, hat ein langes Wochenende nur für sich in Aussicht. Tochter Mila besucht ihren Vater in Argentinien und Sohn Julian lebt großteils schon bei seiner Freundin. Deshalb nimmt sich Cora etwas Recherchearbeit mit nach Hause. Sie soll Informationen über verschwundenes Nazigold einholen. Doch bei einem gemütlichen Kaffee trifft sie zufällig auf ihre ehemalige Jugendfreundin Ludivine. Cora und sie gehörten einst zu einer eingeschworenen Clique und Ludivine möchte genau an diesem Wochenende ihre alten Freunde in das Jagdhaus ihrer Eltern einladen, bevor sie es verkauft. "Lüdi", wie sie damals genannt wurde, konnte Cora nicht ausfindig machen und überredet sie nun spontan mitzukommen, um die alte Clique vollzählig zu machen. Warum also nicht? Cora hat ausnahmweise keine Verpflichtungen und ein bisschen für den Chefredakteur recherchieren wird sicherlich auch möglich sein. Mit dem Heli werden die Wochenendgäste zur Almhütte Blutlauenen geflogen, die sich eher als kleines Chalet erweist. Dem gemütlichen Wochenende und dem Wiedersehen nach Jahrzehnten steht also nichts im Wege. Doch bereits beim Abendessen kommt es zu einer Tragödie und einer der Freunde verstirbt an einem Herzinfarkt. Durch den aufziehenden Schneesturm kann die ehemalige Clique weder Arzt noch Polizei verständigen. Als sich das Wetter immer mehr verschlechtert und der Strom ausfällt, bricht die Verbindung zur Außenwelt total zusammen....und der nächste Tote wird gefunden. Erinnerungen an Agathe Christies "Zehn kleine Negerlein" werden wach....
Bereits im Prologist man völlig gefangen von der Szene, bei der sich eine Frau, die sich in größter Not und in Lebensgefahr befindet und lässt einem sofort in der Geschichte versinken. Danach der Schwenk zum Treffen von Cora und Ludivine und der Beschreibung der einzelnen Figuren. Jeder Gast trägt eine alte Schuld mit sich herum und so richtig sympathisch erscheint hier keiner. Als der zweite Tote zu beklagen ist, beginnen die gegenseitigen Verdächtigungen und Beschuldigungen. Die düstere Atmosphäre in der Jagdhütte, der heulenden Schneesturm und keinerlei Kommunikation zur Außenwelt tun ihr Übriges. Ist der Mörder unter ihnen? Ist es jemand aus der Clique oder der anwesenden Dienstboten? Oder ist es der in der Nähe lebende Einsiedler, der vor Jahren Frau und Kind ermordet hat, und der nun wieder in seiner einsamen Hütte wohnt? Doch wo ist das Motiv?
Der Krimi enthält wahnsinnig viele Spannungsmomente und hat eine beklemmende und sehr düstere Atmosphäre. Man kann das Buch kaum aus der Hand legen. Der Autor hat neben den Hauptstrang in der Jagdhütte, noch einen Vergangenheitsstrang eingebaut und stellt zusätzlich dem Leser jedes einzelne Mitglied der damaligen Clique genau vor. So bekommt man einen sehr guten Einblick in die facettenreichen und authentischen Charaktere.
Einzelne Abschnitte, die in kursiver Schrift gehalten sind, blenden zurück in die Vergangenheit und eröffnen so den einen oder anderen Einblick in längst vergessene Zeiten und Taten. Major Spiegelberg, Ludivines Vater, war einst einer der Offiziere, der den Goldtransport begleitet hat, der in den letzten Kriegstagen verschwunden ist. Cora wittert nun doch mehr Stoff für ihre Recherche und begibt sich damit in große Gefahr.
Der Krimi ist vielschichtig und dicht. Der Autor setzt sich auch mit der gar nicht so "neutralen" Schweiz auseinander, wenn es um Geldgeschäfte ging. Genommen wird alles, egal ob von Nazibonzen oder aus dem ehemaligen Besitztümern der Juden. Im Nachwort wird dazu noch etwas mehr über die Rolle der Schweiz während des Krieges erzählt.
Geschickt setzt der Autor falsche Spuren und überrascht am Ende - trotz vieler Spekulationen - mit einem außergewöhnlichem, aber logischen Ende.
Schreibstil:
Christof Gasser schreibt rasant und fesselnd. Der Spannungsbogen ist konstant hoch und der Autor lässt so einiges an Lokalkolorit einfließen. Die detaillierte Beschreibung der Schweizer Landschaft und die bedrohliche Atmosphäre in der Hütte sind großartig dargestellt. Die Charaktere sind vielschichtig und lebendig.
Fazit:
Und wieder hat mich ein Schweizer Krimi absolut überzeugt! "Blutlauenen" ist ein atmosphärischer und komplexer Kriminalroman, der an Spannung so einigen Thriller absolut das Wasser reichen kann. Die facettenreichen Figuren, die düstere und unheimliche Stimmung in der einsamen Jagdhütte, abgeschnitten von der Außenwelt, ließen mich das Buch kaum aus der Hand legen. Ein absoluter Pageturner und eine Empfehlung für jeden Krimileser!