Besonders gespannt war ich auf den Erstling des Autors Christoph Görg, der aus meiner Gegend kommt und dessen Roman in Dürnstein, einem malerischen Ort an der Donau im UNESCO Weltkulturerbe Wachau spielt. Dieser ist nicht allzu weit von meinem Heimatort entfernt. Dürnstein und die nunmehrige Ruine, die über dem Ort trohnt, spielen neben dem Hauptprotagonisten Niki Wolff und Richard Löwenherz die Hauptrolle.
"Troubadour - die Löwenherz-Verschwörung" lässt sich schwer einem bestimmten Genre zuordnen, auch wenn er durch die Handlung, die überwiegend im Jahre 1193 spielt zu den historischen Romanen zählt. Görg hat allerdings keinen normalen historischen Roman geschrieben, sondern eine Art Mix aus Historie, Abenteuer und einem Schuss Fantasy, einer Zeitreise, die in zeitgenössischer Sprache erzählt wird. Obwohl ich sonst bei Romanen aus dem Mittelalter eine angepasste Sprache für nötig halte, passt der humorvolle Schreibstil der Gegenwart, der trotzdem dem mittelalterlichen Flair nicht vermissen lässt, perfekt.
Aber beginnen wir mit der eigentlichen Geschichte. Niki Wolff erlebt einen Tag, den er nie vergessen wird. Das liegt daran, dass er zur Hochzeit seiner große Liebe Tina eingeladen ist - nur ist er nicht der Bräutigam. Frustriert wandert er mit einer Flasche Wein in der Hand hinauf zur Ruine Dürnstein, wo er sich einst in Tina verliebte. Dabei rutscht er aus und stürzt den Burgberg hinunter. Als er wieder zu sich kommt, stehen eine junge Frau und ein junger Mann in seltsamer Kleidung und mit einem Leiterwagen vor ihm. Niki ist verwirrt und denkt sich, dass er sich seinen Kopf doch etwas mehr angeschlagen haben muss. Doch es dauert nicht lange, bis er bemerkt, dass er sich nicht mehr im Dürnstein der Gegenwart befindet, sondern im Jahre 1193, als der englische König Richard I., genannt Richard Löwenherz, auf der damaligen Burg Dürnstein gefangen gehalten wurde. Eben dorthin wird auch Niki gebracht, der als fremder Eindringling seine Herkunft und sein Begehren erklären soll. Doch außer ein paar Gedankenfetzen kann sich Niki an nichts erinnern. Der junge Hadmar von Kuenring ist vom ersten Tag an sein Gegenspieler, der nichts unversucht lässt, Niki zu demütigen....
Der mittelalterliche Alltag, den Niki nun zu meistern hat, wird mit sehr viel Humor und spannenden Darstellungen erzählt. Dabei helfen ihm das junge Pärchen, das ihm am Fuße der Ruine gefunden hat: Engeltrud, die Tochter des Henkers, und ihrem geistig etwas zurück gebliebenen Bruder Bertram. Nach dem Tode der Eltern sind die Beiden auf sich alleine gestellt. Engel arbeitet als Bademagd, kennt sich mit Kräuter aus und ist für die Zeit eine selbstbewusste junge Frau. Sie kümmert sich um Bertram, der zwar stark wie ein Ochse ist, aber denkt wie ein Kleinkind.
Das Setting entführt uns hinauf zur Burg, wo wir an einem Turnier und einer Wildschweinjagd teilnehmen, aber auch ins Stift Göttweig, das gegenüber am anderen Ufer über die Donau thront. Dort wird Niki fast zu Tode gefoltert und im Örtchen Dürnstein darf er am Narrenfest teilnehmen. Es gibt jede Menge Abenteuer zu bestehen, Intrigen, Verrat und Kämpfe. Auch die Liebe darf nicht fehlen und der Autor spart nicht an einigen Sexszenen.
Christoph Görg hat historische Persönlichkeiten und fiktive Personen gekonnt miteinander verwoben. Die Charaktere sind allesamt sehr lebendig und gut ausgearbeitet. Es gibt Gute und Böse, wobei aber alle ihre Stärken und Schwächen haben. Ich mochte Engel und den mitfühlenden Bertram, die Zwillinge Gerwald und Gottfried, ebenso wie Richard Löwenherz. Die Landschaftsbeschreibungen sind bildhaft und absolut gelungen. Da ich selbst die Gegend kenne, verfolgte ich gespannt die Abstecher nach Göttweig, Krems und zur Ruine Aggstein.
Absolut gelungen fand ich die Szenen, in denen Niki bestimmte Erfahrungen aus der Gegenwart im 12. Jahrhundert anwendet. Seine Wiederbelebungsversuche, eine Erfahrung aus dem Erste Hilfe Kurs, bringen ihn fast als Hexer in Verruf; seine modernen Lieder, die er auf der Laute spielt, haben morbide Texte. Was habe ich mich amüsiert, als Niki "Es lebe der Zentralfriedhof" von Wolfgang Ambros und "Der Durscht bringt mi um" von Uli Bär darauf spielt.
Nikis Erinnerungsvermögen kommt nach und nach zurück. Diese Gedankensplitter werden in kursiver Schrift dargestellt und sind Erinnerungen aus Niki's alten Leben, die völlig unwillkürlich in sein Unterbewusstsein dringen.
Schreibstil:
Christoph Görg hat einen erfrischenden Schreibstil, der sich wunderbar leicht und flüssig lesen lässt. Ein Mix aus der gediegen Wortwahl der Vergangenheit, passend für diese Epoche, sowie der flapsigen Sprache der Gegenwart, die besonders bei Niki's Flashbacks eingesetzt wird. Der Autor hat viele Dialoge miteingebaut.
Die Geschichte beginnt mit einem Prolog, es folgen drei Handlungsstränge und ein Epilog. Unter "Historische Anmerkungen" erzählt der Autor noch über historische Fakten und Fiktion.
Cover:
Noch ein Wort zum wunderschönen Cover. Der deutsch-österreichischen Goldegg Verlag hat ein richtig edles Hardcover erschaffen, das ein wahres Schmuckstück in meinem Bücherregal sein wird. Nicht nur der Schutzumschlag sieht wunderschön aus, auch der Titel am Inneneinband wurde in Gold eingeprägt.
Fazit:
Was für ein Buch! Christoph Görg hat einen großartigen Debütroman rund um die historischen Fakten der Gefangennahme um Richard Löwenherz auf der Burg Dürnstein geschrieben und diese mit einer fiktiven Zeitreise kombiniert. Ihm ist dabei ein grandioser Mix aus historischen und Abenteuerroman gelungen, der einen Mix Fantasy beinhaltet. Ein absolutes Lese-Highlight und eine Empfehlung von mir!