Ich träume vom Malen und dann male ich meinen Traum
Letztes Jahr im Mai war ich für ein paar Tage in Lissabon - eine wunderschöne und vorallem sehr vielfältige Stadt. Da wir dieses Jahr nur sehr beschränkt reisen dürfen, habe ich mich umso mehr gefreut, ...
Letztes Jahr im Mai war ich für ein paar Tage in Lissabon - eine wunderschöne und vorallem sehr vielfältige Stadt. Da wir dieses Jahr nur sehr beschränkt reisen dürfen, habe ich mich umso mehr gefreut, buchtechnisch wieder nach Lissabon zu reisen.
Claudia Winter hat mit ihrem neuen Roman "Wie sagt man ich liebe dich" eine wunderschöne Geschichte rund um die gehörlose Maelys und ihre Tante Valérie geschrieben, die gemeinsam in Paris leben. Maelys kommt aus der Bretagne und studiert Kunst an der École nationale supérieure des beaux-arts de Paris. Zurzeit hat sie ihr Studium unterbrochen, um auf dem Montmarte Touristen zu portraitieren. Sie benötigt ein Einkommen, da sich ihre Tante den Arm gebrochen hat und sich die Mietforderungen und die unbezahlten Rechnungen bereits stapeln. Eines Tages spricht sie ein Mann an und bittet sie von seinem Großvater ein Portrait zu malen. Dieser wohnt allerdings in Lissabon. Maelys ahnt nicht, dass dieser besagte Großvater seinen Enkel António extra nach Paris geschickt hat, um Maelys anzuwerben. Er hat die junge Frau bei seinem Weihnachtseinkäufen in Paris gesehen. Der senfgelbe Mantel und die Ähnlichkeit mit seiner großen Liebe haben ihn nicht ruhen lassen. Obwohl Maelys anfangs zögert, greift sie doch auf das Angebot zurück, da sie dringend Geld braucht. Sie fordert jedoch, dass sie ihre Tante Valérie in die portugiesische Hauptstadt mitnehmen darf und ahnt nicht, welche Folgen dies haben wird....
Die Geschichte wird in zwei Zeitsträngen erzählt. Im Vergangenheitsstrang befinden wir uns im Jahr 1966. Die junge Valérie Durant hatte schon immer den Traum eines Tages nach Paris zu gehen und die schillernde Hauptstadt Frankreichs kennenzulernen. Sie will nicht in der Bretagne versauern und auch keinen Ehemann, den ihr Vater bereits eifrig auszusuchen scheint. Nur mit einem kleinen Koffer bricht sie nach Paris auf. Sie heuert als Zimmermädchen in einem Hotel an und setzt sich für die Frauenrechte in den 1960igern ein....
Während ihrer Zeit in Lissabon beginnt Maely die Notzhefte ihrer Tante zu lesen und lernt eine ganz andere Frau kennen, als diejenige, die sie heute kennt.
Liest man den Inhalt der Geschichte hat man doch so einige Vorahnungen, wie es in diesem Genre eben der Fall ist. Doch Claudia Winter gelingt es mehrere überraschende Wendungen einzubauen und auch die Spannung immer auf hohem Level zu halten. Besonders gefallen hat mir jedoch der wundervolle bildhafte Schreibstil. Ich hatte den Montmarte vor Augen mit den vielen Künstlern, hörte den Fado in den engen Gässchen Lissabons und hatte Lust auf die leckeren Blätterteigtörtchen mit Vanillecreme, die ich letztes Jahr genossen habe.
Zusätzlich war ich von der sehr selbstbewussten und flotten Valérie fasziniert, die nicht so schnell aufgibt - komme, was wolle. Sie sezte sich für Frauenrechte ein und spielte gleichzeitig mit ihrer Erotik und ihrem Charme.
Maelys hingegen ist eher ruhig und sagt, was sie sich denkt. Sie ist eine gute Beobachterin, liebt die Welt der Farben und die Schönheit in der Kunst. Von ihr war ich von Beginn an verzaubert.
Wunderbar fand ich, dass die Autorin diesmal eine gehörlose Protagonistin gewählt hat. Sie ist selbst Tochter von gehörlosen Eltern und hat all ihre Kenntnis in ihrem Roman miteingebracht. Die Beeinträchtigung steht allerdings nicht im Mittelpunkt des Romans, sondern ist Teil von Maely Welt.
António ist ein sympathischer Geschäftsmann, der sich allerdings als Hotelbesitzer nicht wirklich wohl fühlt. Mit seinem Charme bezirzt er die Frauen und hat eine Affäre mit seiner Rezeptionistin. Er liebt seinen Großvater und führt ohne Bedenken seinen Plan aus Maelys nach Lissabon zu holen...die bald darauf sein Herz stiehlt.
Jeder dieser drei Protagonisten erzählt abwechselnd aus seiner Perspektive. Als Leser kann man sich somit ausgezeichnet in die Gedanken- und Gefühlswelt hineinfühlen. Die Autorin verknüpft die beiden Handlungsstränge aus der Vergangenheit und der Gegenwart perfekt. Ich konnte nicht wirklich sagen, welche Lebensgeschichte mir besser gefallen hat. Es sind zwei sehr unterschiedliche Frauen und zwei sehr unterschiedliche Liebesgeschichten, die mich jede auf ihre Art bezaubern konnte.
Im Anhang gibt es einige landestypischen Rezepte und ein Glossar mit portugiesischen Begriffen.
Fazit:
Eine wunderschöne Geschichte über zwei sehr unterschiedliche Frauen, die auf zwei Zeitebenen erzählt wird. Besonders gefallen haben mir die bildhaften Orts- und Landschaftsbeschreibungen. Leicht und doch intensiv, verspielt und verträumt, aber auch mit Tiefe. Ich empfehle diesen Roman sehr gerne weiter.