Ein guter Roman mit ein paar persönlichen Stolpersteinen
Bei „Klytämnestra“ von Costanza Casati handelt es sich um eine moderne Nacherzählung des griechischen Mythos rund um die namensgebende Protagonistin Klytämnestra.
Klytämnestra ist die Tochter des Königs ...
Bei „Klytämnestra“ von Costanza Casati handelt es sich um eine moderne Nacherzählung des griechischen Mythos rund um die namensgebende Protagonistin Klytämnestra.
Klytämnestra ist die Tochter des Königs von Sparta und die Schwester der schönen Helena und wird eines Tages mit dem berühmten Krieger Agamemnon verheiratet. Dieser ist so sehr auf seine kriegerischen Erfolge aus, dass Klytämnestra eines Tages von ihm dazu gezwungen wird, die gemeinsame Tochter Iphigenie zugunsten seines Krieges zu opfern. Getrieben von Trauer und Wut möchte sie Rache an all diejenigen nehmen, die ihr Unrecht getan haben, und so nimmt das Schicksal seinen Lauf…
Mich hat das Thema allein schon deshalb interessiert, da ich meine Bachelorarbeit über die Figur der Iphigenie in verschiedenen literarischen Werken geschrieben habe und da fand ich es gerade einmal interessant, einen Roman zu lesen, welcher die Sicht der Klytämnestra behandelt.
Da ich persönlich den Mythos dementsprechend schon kannte und auch mit den Figuren vertraut bin, würde ich es jedem empfehlen, sich vorher einmal mit der Geschichte auseinanderzusetzen, da ich mir sehr gut vorstellen kann, dass es zu Beginn ziemlich verwirrend sein wird und zum Ende hin auch nicht unbedingt besser wird 😅 Denn dort sind viele verschiedene, außergewöhnliche Namen vertreten, viele verschiedene Konstellationen und Verbindungen zwischen den einzelnen Familien, und ich denke, dass es ganz schnell sehr schwierig werden könnte, da hinterherzukommen.
Die Geschichte hat mir insgesamt sehr gut gefallen, auch wie sie verpackt wurde - es ist wie gesagt eine Nacherzählung - und dementsprechend konnte ich schon erwarten, was im Laufe des Romans passieren wird. Jedoch hat mir leider die Form bzw. der Schreibstil der Autorin nicht wirklich zugesagt. Und zwar hat mich hier besonders die auffallend einfache Wortwahl gestört - gerade zu Beginn, als Episoden aus der Kindheit und Jugend Klytämnestras erzählt werden -, da dort ziemlich kurze Kapitel enthalten sind, die größtenteils nur kurze, einfache Sätze beinhalten. Das kann für den ein oder anderen natürlich von Vorteil sein, jedoch hatte ich zwischenzeitlich immer wieder das Gefühl, dass ich hier eine Nacherzählung eines griechischen Mythos für Kinder lese, da mir der Schreibstil einfach zu einfach und nicht genügend elaboriert erschien. Das kann eventuell daran liegen, dass sich die Figuren im Allgemeinen sehr modern ausdrücken, was ich trotz der Tatsache, dass es sich hier um eine moderne Nacherzählung handelt, in dem Ausmaß nicht erwartet hatte. Ich kann mir jedoch sehr gut vorstellen, dass es denjenigen, die eine sehr niedrigschwellige Version eines griechischen Mythos lesen möchten, gefallen könnte.
Zudem ist mir die Handlung etwas zu schnell vorangeschritten, da sehr viel in der Zeit gesprungen wurde, es wurden kurze Episoden erzählt, die meines Erachtens gar nicht wirklich wichtig für die Handlung waren und vielmehr wie Lückenfüller wirkten.
Nichtsdestotrotz hat mich dieser Roman sehr gut unterhalten, der gesamte Mythos ist schließlich sehr erschreckend und skandalös, wodurch der Unterhaltungsfaktor definitiv gegeben ist. Selbstverständlich kann man sich auch sehr gut in Klytämnestras Figur hineinversetzen, denn, was diese Frau erleben musste, ist wirklich unglaublich.
Letztendlich war es für mich ein guter Roman, mit ein paar persönlichen Stolpersteinen und einer feministischen Protagonistin, die sich gegen die Männerwelt durchsetzt und Rache nimmt, also was will man mehr?!