Leuchttürme
Ah, Leuchttürme. Sie üben auf viele Menschen eine Faszination aus und ich bin da keine Ausnahme. Als Person, die gerne Videospiele zockt, habe ich natürlich auch schon den ein oder anderen fiktiven Leuchtturm ...
Ah, Leuchttürme. Sie üben auf viele Menschen eine Faszination aus und ich bin da keine Ausnahme. Als Person, die gerne Videospiele zockt, habe ich natürlich auch schon den ein oder anderen fiktiven Leuchtturm erkundet, denn die kommen da relativ häufig vor, wenn man mal drüber nachdenkt.
Als ich jedenfalls Titel, Cover und Klappentext dieses Buches gesehen bzw. gelesen habe, war ich sofort Feuer und Flamme.
Ein Leuchtturm weit draußen, mitten im Meer, vom Land aus grade noch so zu sehen. Drei Wärter sind seit gut vierzig Tagen dort, als sich die Ablöse auf den Weg macht. Doch der Turm ist leer, die Wärter sind spurlos verschwunden, obwohl die schwere Tür von innen verschlossen ist.
Ein Suchteam durchkämmt alles, findet aber lediglich einen gedeckten Tisch, der aussieht, als hätte grade noch jemand daran gesessen. Alle Uhren sind zur gleichen Zeit stehen geblieben. Was ist passiert?
Zwanzig Jahre später wird ein Autor auf die Geschichte aufmerksam und beginnt, die Frauen der Wärter zu interviewen...
"Die Leuchtturmwäter" ist abwechselnd aus der Sicht von sechs Personen zu zwei verschiedenen Zeiten geschrieben und das hört sich erstmal viel an, ist aber überraschend stimmig und wenig verwirrend.
Im Jahr 1992 erzählen die Frauen (Helen, Jenny und Michelle) ihre Sicht der Dinge in der dritten Person. Zwischendrin gibt es dann Kapitel, in denen sie mit dem Autor sprechen, der sich für die Geschichte interessiert. Diese sind wie ein langer Monolog in der Ich-Form geschrieben, der Autor kommt nicht direkt zu Wort, man kann anhand der Antworten der Frauen nur erahnen, was er fragt.
Im Jahr 1972 berichten die Männer (Arthur, Bill und Vince) ebenfalls in der Ich-Form, wie es ihnen auf dem Turm ergeht. Am Anfang ist alles noch ziemlich mysteriös und schnell wird klar, dass es mehrere Geheimnisse gibt, die sich nach und nach mit der Story entfalten.
Ohne großen Knall, sondern ganz leise und natürlich. Das hat mir ziemlich gefallen.
Die Charaktere wirkten auf mich realistisch und mehrdimensional. Alle haben ihr Päckchen zu tragen.
Der Part der Wärter ist bedrückend und beengt, genau wie der Turm selbst, von dem man nicht einfach so wegkommt, wenn man erstmal da ist. Gleichzeitig gibt es auch einen kleinen Einblick in die Arbeit der Männer, was schon sehr interessant ist, vor allem, da es diesen Beruf heute nicht mehr gibt. Man merkt, dass sich die Autorin sehr mit der Thematik auseinandergesetzt und ihre Hausaufgaben gemacht hat. (Außerdem hat sie sich von einem echten Fall inspirieren lassen, denn um 1900 sind tatsächlich drei Wärter in Schottland auf mysteriöse Weise verschwunden.) Die Frauen gefielen mir im Laufe der Geschichte immer besser und ich habe ihren Part - vor allem zum Ende hin - als sehr hoffnungsvoll empfunden. Trotz allem, was zwischen ihnen steht, haben sie eine Verbindung.
Insgesamt eine tolle Geschichte; mysteriös, bedrückend, traurig, aber eben auch mit Hoffnungsschimmer. Ich ziehe nur einen Stern ab, weil es an manchen Stellen etwas zu langatmig wurde.