Mutterliebe
Der Dresdner Autor Frank Goldammer widmet sich in seinem neuesten Roman dem Thema Zwangsadoptionen in der DDR der 70er Jahre.
Die Protagonistin Ricarda Raspe ist unerwartet schwanger, freut sich aber ...
Der Dresdner Autor Frank Goldammer widmet sich in seinem neuesten Roman dem Thema Zwangsadoptionen in der DDR der 70er Jahre.
Die Protagonistin Ricarda Raspe ist unerwartet schwanger, freut sich aber dennoch zusammen mit ihrem Verlobten auf ihr erstes Kind, das in einer Dresdner Klinik zur Welt kommen soll, in der auch ihr Vater als Arzt arbeitet. Doch bei der Geburt kam es angeblich zu Komplikationen, die zum Tod des Säuglings geführt haben sollen. Das tote Baby bekommt Ricarda aber nie zu Gesicht und so zweifelt sie daran, ob ihr Kind wirklich tot ist. Auch ihrem Vater traut sie zu, die Finger im Spielt gehabt zu haben, sie vermutet, er könnte das Baby ohne ihr Wissen zur Adoption freigegeben haben. Bei ihren Nachforschungen hilft ihr der Polizist Thomas Rust, dessen Frau zeitgleich in der Klinik war und der sich durchaus vorstellen kann, dass Ricarda Recht hat. Es ist aber schwer, in der DDR an verlässliche Informationen zu kommen und zudem ist das Ganze natürlich alles andere als ungefährlich. Von ihren Eltern und dem Kindsvater erhält Ricarda dagegen wenig Verständnis und Unterstützung, stattdessen redet man ihr ein, dass sie sich in etwas hineinsteigert, weil sie den Tod des Kindes nicht verkraftet. Doch 17 Jahre später beginnt eine junge Frau ihre echte Mutter zu suchen, ist sie vielleicht wirklich Ricardas Tochter?
Frank Goldammer beschäftigt sich mit einem Verbrechen, das in der DDR wirklich immer wieder stattgefunden und für viel Leid bei Müttern und Kindern gesorgt hat, auch noch Jahrzehnte später. Aber das ist nicht das einzige Thema des Romans, man gewinnt als Leser auch einen Eindruck vom Alltag in der DDR, mit all seinen Einschränkungen, der recht farblosen Tristesse der Großstadt Dresden und dem notwendigen Misstrauen, dass man teilweise selbst nahestehenden Menschen entgegenbringen musste aus Angst vor der Stasi und ihren perfiden Methoden. Die Protagonistin Ricarda ist trotz allem eine starke Kämpferin, die nicht aufgeben möchte, bis sie Klarheit darüber hat, was mit ihrem Kind geschehen ist. Polizist Thomas Rust ist schon allein deshalb sehr liebenswert, weil er trotz seines Berufes Mensch geblieben ist und sich von seinen eigenen Gefühlen und Instinkten leiten lässt, anstatt sich komplett vom Staat vereinnahmen zu lassen. Die verschiedenen Zeitebenen tragen zusätzlich zum Spannungsaufbau bei. Ich empfehle das Buch gerne allen weiter, die sich für das Leben in der DDR interessieren.