Bei dem Titel war sofort klar: Ich als absolute Bibliomanin muss dieses Buch lesen! Ich liebe Bibliotheken und ich liebe Bücher und wenn ein Buch auch noch das Wort „Bibliothek“ im Titel enthält, wandert es sofort auf meine Leseliste. Oder in diesem Fall auf meine Hörliste, denn „Die unsichtbare Bibliothek“ habe ich mir als Hörbuch angehört.
Und darum geht es:
Irene Winters ist eine Bibliothekarin der Bibliothek. Das Besondere an dieser Bibliothek ist, dass sie außerhalb von Raum und Zeit existiert und ein Tor zu den unterschiedlichsten Arten von Welten ist und nur bestimmte Personen haben Zugang und Kenntnis über diese. Irene hat den Auftrag, wie auch alle anderen Bibliothekare, die für die Bibliothek tätig sind, wichtige und einzigartige Bücher in anderen Welten zu sichern und in die Bibliothek zu bringen.
Zu Anfang des Buches befindet sich Irene noch in einer anderen Welt und muss dort vor lebendig gewordenen Wasserspeiern und anderen furchterregenden Dingen flüchten. Zurück in der Bibliothek denkt sie ein paar Tage Ruhe zu haben, doch sie erhält von ihrer Vorgesetzten gleich den nächsten Auftrag, zu dem sie umgehend aufbrechen soll. Wäre das noch nicht genug, soll sie auch noch den Lehrling Kai mitnehmen und anweisen. Mit ihm begibt sie sich in eine viktorianische Variante von London, das teilweise vom Chaos verseucht ist. In diesem London soll sie eine besondere Ausgabe der grimmschen Märchen ausfindig machen und sicherstellen. Doch schnell wird klar, dass das kein einfacher Auftrag ist, denn auch anderen sind hinter diesem Buch her und stellen sich Irene und Kai in den Weg.
Genevieve Cogman baut in ihren Debüt-Roman, der 2015 im Bastei Lübbe Verlag erschienen ist, eine große Palette von Fantasy-Figuren ein. Neben Werwölfen, können auch Elfen und Vampire die unendlich vielen Welten bewohnen und sind, manchmal mehr oder weniger, fester Bestandteil der dortigen Gesellschaft.
Drachen und Elfen nehmen dabei eine gesonderte Stellung ein. Elfen sind Wesen des Chaos und sehr dunkle und manipulative Kreaturen, wohingegen Drachen für das Gute stehen und absolute Ordnung bevorzugen. Auch ist es möglich in manchen Welten Magie auszuüben und in anderen herrscht eher die Technologie vor.
Ich fand es sehr interessant was für komplizierte und auch überaus wundersame Welten die Autorin hier geschaffen hat. Das gibt ihr die Möglichkeit unendlich viele verschiedene Welten zu konstruieren, in der keine Logik vorherrschen muss.
Zu Anfang hatte ich ein wenig Schwierigkeiten in das Buch hinein zukommen, da der illustrative Schreibstil sehr gewöhnungsbedürftig ist. Es wird sich ungewöhnlich gewählt ausgedrückt, aber ich kam damit nach einiger Zeit ziemlich gut zurecht und konnte das Buch dann auch gar nicht mehr weglegen. Viele Dinge werden bis ins kleinste Detail beschrieben und erklärt, so zum Beispiel auch zu Anfang. Die Erzählerperspektive ist hierbei sehr gut gewählt, da diese Erklärungen so äußerst ausführlich gemacht werden können. Man wird sehr genau mit der Arbeit von Irene vertraut und gemacht und es wird erklärt warum diese oder jene Dinge so oder so funktionieren und welche Rolle die Bibliothek dabei einnimmt. So etwas mag man oder eben nicht, das muss jeder für sich selbst entscheiden.
Das Hörbuch wird gelesen von Elisabeth Günther. Normalerweise höre ich nicht so gerne Hörbücher, sondern lese lieber das Buch. Beim Hören werde ich meist von irgendetwas abgelenkt und kann der Geschichte nicht mehr so richtig folgen. Elisabeth Günther aber hat eine so markante und schöne Stimme, dass man gar nicht groß vom Hörbuch abgelenkt werden kann. Sie imitiert für jeden Charakter eine andere Stimme und spricht mal sehr hoch oder tief oder aber auch mit verschiedenen Akzenten. Wenn einem die Stimme vom Vorleser nicht gefällt, kann man das gesamte Hörbuch gleich abbrechen. Aber wenn ich nochmal ein Buch finde, dass von Elisabeth Günther gelesen wird, würde ich es mir anhören, egal um was für ein Buch oder Genre es sich handelt.
Die beiden Protagonisten Irene und Kai sind sehr interessante Charaktere, die einen in eine geheimnis- und überaus fantasievolle Welt ziehen. Durch ihre forsche und sehr selbstbewusste Art habe ich Irene schnell in mein Herz geschlossen. Sie ist eine sehr stolze Frau, die sich nichts sagen und auch nicht so leicht unterkriegen lässt. Ihr leicht bissiger und trockener Humor macht sie mir sehr sympathisch. Sie übernimmt die Rolle einer kleinen Detektivin und hinterfragt alles immer ganz genau. Ihr fallen viele Dinge auf, die anderen vielleicht durchgerutscht wären. So zum Beispiel auch, dass Kai nicht derjenige ist, der er vorzugeben scheint. Er ist sehr mysteriös und ich konnte ihn nicht so recht einschätzen. Er ist zwar sehr sympathisch, aber dennoch umgibt ihn irgendetwas Düsteres und mysteriöses, was einen neugierig darauf macht was hinter all dem stecken mag.
Bis zum Schluss baut sich ein kontinuierlicher Spannungsbogen auf und endet in einem dramatischen Endkampf, bei dem die Autorin meiner Meinung nach zu viel auf einmal wollte. Aber möchte ich nun auch nicht zu viel verraten oder spoilern. Da muss sich jeder seine eigene Meinung zu bilden.
Gut fand ich, dass man die ganze Zeit miträtseln konnte und vieles nicht vorhersehbar war. Auch lässt das Buch zum Ende hin einiges offen und macht Hoffnung, dass der zweite Band genauso spannend wird, wie es der erste war.
Fazit:
Ein gelungener Auftakt einer neuen Fantasy-Reihe, der nicht nur etwas für Fantasy-Fans, sondern auch für diejenigen ist, die gute und logische Detektivgeschichten mit einem gewissen Extra mögen. „Die unsichtbare Bibliothek“ bleibt von Anfang bis Ende spannend und lädt einen in wunderbar fantasievolle und unberechenbare Welten mit jeder Menge Bücher und Abenteuern ein. Ich freue mich schon auf den nächsten Band und vergebe hier 4 Sterne.