»Unmöglicher Abschied« erzählt die Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei Frauen und beleuchtet zugleich ein jahrzehntelang verschwiegenes Kapitel koreanischer Geschichte
Eines Morgens ruft Inseon ihre Freundin Gyeongha zu sich ins Krankenhaus von Seoul. Sie hatte einen Unfall und bittet Gyeongha, ihr Zuhause auf der Insel Jeju aufzusuchen, weil ihr kleiner weißer Vogel sterben wird, wenn ihn niemand füttert. Als Gyeongha auf der Insel ankommt, bricht ein Schneesturm herein. Der Weg zu Inseons Haus wird zu einem Überlebenskampf gegen die Kälte, die mit jedem Schritt mehr in sie eindringt. Noch ahnt sie nicht, was sie dort erwartet: die verschüttete Geschichte von Inseons Familie, die eng verbunden ist mit einem lang verdrängten Kapitel koreanischer Geschichte. Han Kangs neuer Roman ist eine Hymne an die Freundschaft und das Erinnern, die Geschichte einer tiefen Liebe im Angesicht unsäglicher Gewalt – und eine Feier des Lebens, wie zerbrechlich es auch sein mag.
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Der Roman "Unmöglicher Abschied" der Literaturnobelpreisträgerin Han Kang ist gewiss keine leichte Lektüre. Ich konnte ihn nicht einfach durchlesen, sondern musste ihn mehrfach weglegen, darüber nachdenken ...
Der Roman "Unmöglicher Abschied" der Literaturnobelpreisträgerin Han Kang ist gewiss keine leichte Lektüre. Ich konnte ihn nicht einfach durchlesen, sondern musste ihn mehrfach weglegen, darüber nachdenken und das Gelesene verarbeiten.
Die Protagonistin Gyenongha wird von ihrer Freundin Inseon zu sich ins Krankenhaus nach Seoul gerufen. Inseon hat sich schwer verletzt und bittet sie, zu ihrem Haus auf der Insel Jeju zu gehen um dort ihren Vogel zu versorgen. Gyenongha macht sich auf den Weg, erreicht den letzten Flieger durch einen Schneesturm, den letzten Bus in das Nachbardorf. Von dort aus muss sie durch den Schnee zu Fuß weiter und ist kurz vor dem erfrieren.
Han Kang schildert den Weg und den Schnee sehr präzise und ausführlich, fast jede Schneeflocke wird beschrieben. Ich habe bereits hier ebenfalls gefroren. Im Verlauf der Handlung berichtet die Autorin mittels Briefen und Zeitungsartikeln die Gyenongha im Haus findet, in eindringlicher und bedrückender Weise von den Massakern, die 1948 in Korea stattgefunden haben. Spätestens hier wird für die Lesenden der Roman so eindrücklich, dass es mir so manchen kalten Schauer den Rücken hinab gejagt hat. Dabei wird nicht nach Effekten gehascht, Han Kang beschreibt trotz aller Grausamkeit sehr poetisch. Mir hat ihr Sprachstil gefallen, er ist sehr atmosphärisch, die Schilderung der Massaker bedrückend und grausam. Und über allem steht die lange tiefe Freundschaft zwischen Gyenongha in Inseon.
Ein Werk, das mich am Ende verwirrt zurückgelassen und mir ein Rätsel mit auf den Weg gegeben hat. Ein Werk, über das ich mich mit anderen austauschen möchte. Ein Werk, das auf jeden Fall 5 Sterne verdient hat und noch lange in mir nachhallen wird.
Erscheinungsdatum: 16. Dezember 2024
Verlag: Aufbau
315 Seiten
Han Kangs Roman Unmöglicher Abschied entführt seine Leser in eine tiefgründige Erzählung über Freundschaft, Erinnerung und die Aufarbeitung eines lange verschwiegenen Kapitels der koreanischen Geschichte. ...
Han Kangs Roman Unmöglicher Abschied entführt seine Leser in eine tiefgründige Erzählung über Freundschaft, Erinnerung und die Aufarbeitung eines lange verschwiegenen Kapitels der koreanischen Geschichte. Die Geschichte beginnt mit der Bitte von Inseon an ihre Freundin Gyeongha, sich um ihren weißen Vogel auf der Insel Jeju zu kümmern. Was als einfache Aufgabe erscheint, entwickelt sich zu einer Reise, die die Schrecken des Jeju-Massakers von 1948 offenbart.
Die Autorin verwebt meisterhaft persönliche Schicksale mit historischen Ereignissen. Die poetische Sprache und die eindringlichen Bilder schaffen eine Atmosphäre, die sowohl bezaubert als auch erschüttert. Besonders beeindrucken kann die Darstellung der verschneiten Landschaft, die als Metapher für Vergänglichkeit und Erinnerung dient. Die Schneebilder verbinden Vergangenheit und Gegenwart und verleihen der Erzählung eine träumerische Qualität. Die verschachtelte Erzählweise trägt dazu bei, die Komplexität der Themen und Emotionen zu vermitteln, die Han Kang anspricht. Die universellen Themen von Liebe, Schmerz und Verlust werden in einer Weise behandelt, die tief berührt und zum Nachdenken anregt.
Ein Roman, der sowohl durch seine literarische Qualität als auch durch seine historische Relevanz besticht. Er fordert seine Leser heraus, sich mit den dunklen Kapiteln der Geschichte Koreas auseinanderzusetzen und die Bedeutung von Erinnerung und Freundschaft neu zu überdenken. Ein Werk, das lange nachhallt und einen bleibenden Eindruck hinterlässt.
Als Han Kang den Literaturnobelpreis gewann war ich sehr erfreut und liest man auch nur die ersten 60 Seiten ihres neuen Romans, erkennt man, wie verdient das war.
Die Protagonistin reist ihrer guten ...
Als Han Kang den Literaturnobelpreis gewann war ich sehr erfreut und liest man auch nur die ersten 60 Seiten ihres neuen Romans, erkennt man, wie verdient das war.
Die Protagonistin reist ihrer guten Freundin zuliebe, die im Krankenhaus liegt, von Seoul zu deren Haus auf der Insel Jeju, um ihren Vogel zu versorgen. Es ist eine beschwerliche Reise durch unwirtliches und winterliches Gebiet, fast eine Odyssee, die sie mit Flugzeug, Bus und zuletzt zu Fuß durch die Nacht unternimmt. Dabei kommen ihr viele Erinnerungen.
Schon bald wird angedeutet, dass viele Menschen, die hier leben, viele ihrer Verwandten verloren haben, denn kurz vor Beginn des Koreakriegs kam es zu Massakern an der Bevölkerung. Das Jeju-Massaker 1948 war ein Ereignis, das verschwiegen wurde.
Han Kangs Prosa bricht einmal mehr das Schweigen, wie sie es schon in Menschenwerk tat.
Literatur aus Südkorea kann für viele Leser etwas sehr Spezielles sein, aber Han Kang bringt universell gültiges ein.
Der Roman hat kontemplative Momente, er ist sehr verinnerlicht und nachdenklich. Das hat mir in dieser Form sehr gut gefallen.
Han Kang, die diesjährige Nobelpreisträgerin, beweist erneut ihre Vielseitigkeit in ihrem neuen Roman „Unmöglicher Abschied“, in welchem sie mit einer beeindruckenden Bandbreite die wichtigsten Themen ...
Han Kang, die diesjährige Nobelpreisträgerin, beweist erneut ihre Vielseitigkeit in ihrem neuen Roman „Unmöglicher Abschied“, in welchem sie mit einer beeindruckenden Bandbreite die wichtigsten Themen ihres bisherigen Schaffens vereint.
Bereits zu Beginn besticht der Roman durch seine leisen, fast zarten Töne. Im Mittelpunkt steht die Beziehung der beiden Freundinnen Inseon und Gyeongha, zwei Kunstschaffende, die in unterschiedlichen Krisen gefangen sind. Gyeongha, die Protagonistin, ist Schriftstellerin und wird von ihrer Migräne zur Isolation gezwungen. Zwischen ihr und der Außenwelt steht eine imaginäre Barriere, die durch Han Kangs geschickte Formulierungen spürbar gemacht wird. Gyeongha tastet wie durch einen Schleier nach der Welt um sie herum, und dieser Schleier wird zum prägenden Motiv ihrer Wahrnehmung. Und Inseon, früher eine wenig erfolgreiche Dokumentarfilmerin, hat sich als Tischlerin von der Außenwelt abgeschottet, als sie durch einen verheerenden Unfall einige Finger verliert. Ihre innere Versehrtheit ist nun auch körperlich sichtbar. Zudem lastet die Vergangenheit ihrer Familie schwer auf ihr – ein Aspekt, der dem Leser nur schrittweise offenbart wird.
Die Handlung nimmt Fahrt auf, als Inseon ihre Freundin Gyeongha bittet, ihren weißen Vogel zu füttern, da sie selbst dazu nicht in der Lage ist. Diese scheinbar banale Bitte wird zum Ausgangspunkt einer tiefgreifenden, vielschichtigen Reise. Gyeonghas Weg zum Haus ihrer Freundin erweist sich als metaphorischer Türöffner – zu anderen Welten, Träumen und einer bisher verborgenen Vergangenheit. Die Grenzen zwischen Realität und Traum verschwimmen zunehmend, während sich Gyeongha auch der Familiengeschichte ihrer Freundin und damit einem wichtigen Kapitel koreanischer Geschichte nähert.
Ein zentraler Bezugspunkt des Romans ist das Jeju-Massaker von 1948, ein historisches Trauma, das im kollektiven Gedächtnis Koreas tief verankert ist. Han Kang gelingt es, die Grausamkeiten dieses Ereignisses in die Handlung zu integrieren und dabei ein europäisches Publikum auf ein selten literarisch behandeltes Thema aufmerksam zu machen. Gyeongha entdeckt Berichte und Zeugnisse, die Inseon in ihrem Haus gesammelt hat. Diese Dokumente dienen als Schlüssel zu einer verdrängten Vergangenheit und verknüpfen die persönlichen Schicksale der Figuren mit den politischen Umwälzungen Koreas.
Gleichzeitig ist Gyeonghas Reise durch das Schneetreiben zum Vogel ihrer Freundin von höchster symbolischer Bedeutung. Die Beschwerlichkeit des Weges spiegelt die inneren Kämpfe der Protagonistin wider, während Gedanken und Erinnerungen wie ein Sturm über sie hereinbrechen. Die Erzählung wird zunehmend fragmentierter, Anekdoten und Episoden durchziehen den Text wie Schneeflocken, die sich zu einem dichten Teppich verweben. Hier zeigt sich Han Kangs Feinsinn: Sie rückt scheinbar Nebensächliches ins Zentrum, lässt kleine Details aus Gyeonghas Leben eine immense Bedeutung gewinnen. Als Leser erkennt man bald, dass die wahre Odyssee nicht die physische Reise ist, sondern diejenige, die sich in Gyeonghas Kopf abspielt. Die geschickte Verflechtung von inneren und äußeren Welten erzeugt eine Sogwirkung, der man sich kaum entziehen kann.
Ein weiterer Höhepunkt des Romans ist Han Kangs Umgang mit Symbolen und Doppeldeutigkeiten. Der weiße Vogel, der Traum, der Gyeongha heimsucht, oder das abgeschiedene Haus, in dem Inseon lebt – all diese Elemente sind reich an Interpretationsmöglichkeiten. Die Farbe Weiß spielt dabei eine zentrale Rolle. Sie ist nicht nur durch den Schnee allgegenwärtig, sondern bildet auch die Grundstimmung des Buches. Han Kang gelingt es, weiße Flächen als Leerstellen zu inszenieren, die der Leser mit eigenen Deutungen füllen kann. Dies erinnert an ihr früheres Werk „Weiß“, doch hier ist die Farbmetaphorik noch prägnanter und atmosphärisch dichter umgesetzt.
Trotz aller Stärken bleibt der Roman nicht ohne Schwächen. Besonders die Darstellung des Jeju-Massakers verliert im Vergleich zum restlichen Text an Intensität. Die historische Aufarbeitung wirkt sachlich, fast dokumentarisch, und erreicht nicht die emotionale Tiefe, die man von einem Prosatext erwarten würde. Gyeonghas Zugang zu diesem Thema erfolgt vor allem über Berichte und Materialien, die Inseon zusammengetragen hat. Diese Passagen erinnern eher an ein Geschichtsbuch als an einen literarischen Text. Obwohl deutlich wird, dass Han Kang umfangreiche Recherchen betrieben hat, bleibt die Darstellung merkwürdig distanziert. Weder erreicht sie das Niveau eines informativen Sachbuchs noch gelingt es ihr, die Grausamkeiten dieses historischen Ereignisses literarisch vollständig greifbar zu machen. Dies untergräbt die ansonsten durch Nuancen und Symbolik bestechende Erhabenheit des Romans.
Nichtsdestotrotz ist „Unmöglicher Abschied“ vielleicht Han Kangs bislang stärkstes Werk. Ihr bisheriges literarisches Schaffen, das eher im oberen Mittelfeld anzusiedeln ist , erfährt durch diesen Roman eine neue Höhe. Die Vielschichtigkeit der Erzählung, die kunstvolle Verknüpfung von Traum und Wirklichkeit sowie die reichhaltigen Symbole laden zur wiederholten Lektüre ein. Besonders beeindruckend ist die narrative Doppelstruktur, die auf zwei Ebenen erzählt wird – eine offensichtliche und eine, die nur unterschwellig spürbar ist. Han Kang hat in diesem Werk ihre narrativen Ambitionen voll zur Entfaltung gebracht. Ständig hat man als Leser das Gefühl, dass nichts ist, wie es scheint, und dass jedem Detail eine tiefere Bedeutung zukommt.
Die Schriftstellerin Gyeongha hat seit Monaten Albträume und befasst sich bereits mit Suizidgedanken, als sie von ihrer Freundin Inseon, einer Fotografin, eine SMS erhält mit der Bitte, sofort zu ihr zu ...
Die Schriftstellerin Gyeongha hat seit Monaten Albträume und befasst sich bereits mit Suizidgedanken, als sie von ihrer Freundin Inseon, einer Fotografin, eine SMS erhält mit der Bitte, sofort zu ihr zu kommen. Nach einem Arbeitsunfall liegt diese in Seoul im Krankenhaus. Sie bittet Gyeongha ihr Haus auf der Insel Jeju aufzusuchen, um den dort zurückgebliebenen kleinen weißen Papagei Ama zu versorgen. Als sie auf der Insel ankommt, bricht ein heftiger Schneesturm los – der Weg zu Inseons Haus wird zum Albtraum und Gyeongha wird bald von Geistererscheinungen aus der Vergangenheit heimgesucht …
Han Kang ist eine koreanische Schriftstellerin, die 1970 in Gwangju, Südkorea, geboren wurde. Ihr erster Roman erschien bereits 1994 - einem internationalen Publikum wurde sie mit dem 2016 im Aufbau Verlag erschienenen Roman „Die Vegetarierin“ bekannt. Han Kang erhielt 2016 den Man Booker International Prize und wurde 2024 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Die Autorin lebt in Seoul.
Die Sprache und Ausdrucksweise der Autorin sind von ungeheurer Kraft und Intensität. Zu Beginn ist die Handlung noch sehr real und gut nachvollziehbar, wird aber etwa zur Hälfte des Buches mehr und mehr verwirrend. Ein Feuerwerk aus Erinnerungen, Erzählungen, Tagträumen und Phantastereien überschüttet den Leser. Was ist real, was ist Phantasie? Oder ist es doch nur ein Alptraum? Dazwischen eingeflochten sind Gespräche, Briefe und Erinnerungen an den Korea-Krieg, an das Grauen und an verschwundene Angehörige. Die Geschichte entwickelt einen unheimlichen Sog dem man sich nicht entziehen kann, weil man sich gezwungen sieht, immer weiter zu lesen. Alles taucht ab, verschwimmt zwischen stürmischen Winden, eisigem Schneetreiben, tiefer Dunkelheit und gleißender Helle.
Fazit: Ein Buch, das mich tief erschüttert und depressiv gestimmt hat und das ich aus diesem Grunde nicht empfehlen möchte. Hier sollte jeder frei entscheiden, ob er das lesen will oder nicht. Deshalb kann ich auch nur 3* vergeben.