Das NENI am Wiener Naschmarkt war das erste Restaurant, das Haya Molcho mit ihren vier Söhnen zusammen eröffnete. Es wurde zu einem Riesenhit, sodass sie weitere Restaurants europaweit folgen lassen konnten. Sie bieten traditionelle israelische Küche an, gemischt mit mediterranen und rumänischen Einflüssen. Kein Wunder, dass ich bei dem Buch sofort zugegriffen habe, schließlich bin ich seit einiger Zeit sehr am Kochen interessiert.
Mittlerweile bin ich etwas ernüchtert. Das Buch möchte mehr sein als ein simples Kochbuch, und ja, es ist sehr hochwertig und griffig gestaltet. Statt lediglich Rezepte zu erklären, gibt es Geschichten aus Tel Aviv, über Leute, von denen die Autoren meinen, dass sie etwas zu erzählen haben oder man etwas über sie wissen sollte. Über Leute, die Tel Aviv, das moderne, das traditionelle, so richtig verkörpern. Und obwohl die Ausgewählten zweifellos was zu erzählen haben, ist mir das Ganze zu unreflektiert. Es gibt nur Berichte über Menschen, die es geschafft haben, die erfolgreich sind, die gutbürgerlich dastehen. Kaum einmal wird auf die Konflikte in Tel Aviv eingegangen, auf das, was diese Stadt wirklich ausmacht, nicht tiefergegraben, es läuft alles kritiklos gut so, wie es ist.
Kommen wir zu den Rezepten. Wahrscheinlich bin ich nicht die richtige Zielgruppe. Ich bin mittlerweile schon ambitioniert, aber ich möchte nicht stundenlang in der Küche stehen, oder schlimmer noch, erst einmal wirklich Geld in die Hand nehmen müssen, um diverse, so richtig unbekannte Zutaten zu kaufen. Da ich in einer abgeschiedenen Ecke Deutschlands lebe, blieb mir ohnehin nur das Internet. Klar, man kann Sachen ersetzen, die ständig erwähnten Sivri habe ich einfach durch normale Pepperoni ersetzt, statt Za'atar Oregano genommen, Zhug mit Chilli und Knoblauch versucht nachzuahmen. Aber wenn ich auch noch anfange, Kadaifi, Tamarindenpaste oder Sumachfrüchte zu ersetzen, dann brauche ich dieses Buch nicht mehr. Also habe ich eingekauft und Rezepte ausprobiert und ja, gerade die Lieblingsrezepte der Autoren (außer Tintenfisch, den habe ich gar nicht erst probiert!) haben was.
Aber für mich ist es trotzdem zu viel Aufwand. Manche Sachen muss man schon am Tag zuvor vorbereiten, für manche steht man echt ewig in der Küche. Alles in allem war es ein interessanter Ausflug, von dem ich mir mehr Alltagstauglichkeit erwartet hatte.