Wunderschön!
Als ich vor mehreren Jahren zum ersten Mal den Mehrteiler "Verkaufte Heimat" von Karin Brandauer gesehen habe, wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie wenig wir von Südtirols schwieriger Geschichte wissen. ...
Als ich vor mehreren Jahren zum ersten Mal den Mehrteiler "Verkaufte Heimat" von Karin Brandauer gesehen habe, wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie wenig wir von Südtirols schwieriger Geschichte wissen. In Literatur und Film ist die Region, in der wir so gerne unseren Urlaub verbringen, meines Wissens nicht besonders präsent. Umso mehr habe ich mich gefreut, als ich Bergland von Jarka Kubsowa entdeckt habe, einen Roman, der das Leben dreier Generationen auf einem hoch in den Alpen gelegenen Bergbauernhof in den Mittelpunkt stellt.
Die Geschichte wird nicht chronologisch erzählt, sondern Kubsowa verwebt geschickt das Leben der drei Protagonisten Rosa, Sepp und Franziska. Das ist nie verwirrend, denn Kubsowa erzählt jede der drei Geschichten in einer ganz eigenen Sprache. Besonders beeindruckt hat mich die Darstellung des Lebens von Rosa, die den Bauernhof in den 20er- und 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts bewirtschaftet. Eigentlich war es nie geplant, dass sie den Hof einmal übernimmt, doch sie ist zäh und geht nicht wie ihre Schwestern in die Stadt, um dort ein leichteres Leben zu haben. Und als ihre Brüder nicht mehr aus dem Krieg zurückkommen, hat sie die Arbeit am Bauernhof schon längst übernommen.
Das Verhältnis zu ihrem Sohn Sepp bleibt zeit ihres Lebens immer schwer. In einer Welt, in der man jeden Tag hart darum kämpfen muss, durchzukommen, bleibt nicht viel Zeit für Liebe. Gegen den Willen von Rosa versucht Sepp in den 70er-Jahren, wie damals nicht unüblich, auf intensive Milchwirtschaft umzustellen. Doch auch wenn er es vor seiner Mutter nicht zugeben will, fällt ihm der kalte Umgang mit den Tieren leicht, die nur noch so behandelt werden, wie es wirtschaftlich rentabel ist.
Im dritten Erzählstrang versucht Sepps Schwiegertochter den Bergbauernhof mit der Vermietung von Ferienwohnungen über Wasser zu halten. Das ist an sich schon nicht leicht mit drei Kindern und der täglich anfallenden Arbeit auf dem Bauernhof. Und mit einem Schwiegervater, der ihre Bemühungen torpediert, den Gästen eine heile „Urlaub auf dem Bauernhof“-Atmosphäre zu bieten, wird es auch nicht einfacher.
Eine wunderschöne, oft traurige und zum Ende hin doch versöhnliche Geschichte. Stellenweise sehr poetisch geschrieben, dann auch wieder ironisch. Das Buch hat mich sehr berührt und mir Einblicke in eine Welt gegeben, auf die ich bisher nur den Blick von außen hatte. Für mich eine ganz klare Leseempfehlung!