Auf nach Tokio
Ich kann nicht sagen, warum mir dieser Jugendroman ins Auge gefallen ist, aber mich hat die Geschichte dahinter einfach interessiert. Der Roman ist angelehnt an den Missbrauchsskandal im US Team rund um ...
Ich kann nicht sagen, warum mir dieser Jugendroman ins Auge gefallen ist, aber mich hat die Geschichte dahinter einfach interessiert. Der Roman ist angelehnt an den Missbrauchsskandal im US Team rund um Larry Nassar. Dies wusste ich vorab nicht, da ich zwar Kunstturnen toll finde, wir aber kaum Sportübertragungen dazu bei uns im TV haben. Zusätzlich besitze ich auch keinen TV mehr...
Die Sommer-Olympiade in Tokio ist erst seit wenigen Wochen vorbei und da passte diese Lektüre wirklich perfekt, auch wenn wir Österreicher eher Winter-Olympiade Zuseher sind.
Man merkt, dass sich die Autorin sehr gut mit dem Thema Kunstturnen auskennt. Im Autoren Steckbrief steht, dass Jennifer Iacopelli für fangirlish.com über die Olympischen Spiele in Rio 2016 berichtet hat und auch beim Turn-Podcast Gymnastics mehrmals mitgemacht hat. Sie weiß also, wovon sie schreibt.
Mit Audrey Lee hat die Autorin eine sehr sympathische Protagonistn erschaffen, die im Laufe des Romans an großer Stärke gewinnt. Seit ihrer Kindheit trainiert sie gemeinsam mit ihrer Freundin Emma hart, um sich ihren Traum zu erfüllen. Nach einer Verletzungspause und großen Rückenproblemen schafft die erst 17jährige den Sprung zurück ins Elite-Team und steht vor der Qualifikation für die Olympischen Spiele. Es ist ihre letzte Chance sich zu beweisen, denn die Rückenverletzungen sind bereits so groß, dass sie nur mit Kortisonspritzen turnen kann. Eine weitere Saison wird für sie nicht mehr möglich sein. Doch dann kommt es knüppeldick! Der Trainer der Mädchenmannschaft wird wegen Missbrauch festgenommen und die zukünftigen Olympioniken stehen vor dem wichtigsten Event ihres Lebens ohne Trainer da. Die Gruppe spaltet sich in zwei Lager auf. Der Druck wird immer größer und die Olympiade rückt immer näher...
Die Einblicke in den Profisport haben mir sehr gut gefallen. Konkurrenzkampf, aber auch ganz besondere Freundschaften, begleiten Audrey seit dem Beginn ihrer Karriere. Sie ist eine Kämpfernatur und sehr kameradschaftlich. Man spürt aber auch die innere Zerrissenheit der Sportlerin, die vorallem zum Tragen kommt, als sich die Gruppe in zwei Lager spaltet und ihre beste Freundin Emma sich nicht ihr anschließt, sondern dem gegenerischen Team. Auch die anderen Turnerinnen werden sehr gut charakterisiert. Man erlebt die täglichen Trainingseinheiten, die sie oftmals an die Grenze der Belastbarkeit bringen. Schmerzen, Erniedrigungen und Diätzwang sind nur einige wenige Punkte, die für eine Medaille in Kauf genommen werden. Die Geschichte erzählt aber auch von Freundschaft und Loyalität, Kampfgeist und Mut.
Der Roman wird aus der Sicht von Audrey erzählt. Der Schreibstil von Jennifer Iacopelli lässt sich sehr gut lesen und wer keinerlei Kenntnisse vom Kunstturnen hat, dem wird vieles so erklärt, dass es jedermann versteht. Dabei denke ich aber auch, dass vorallem Leserinnen zu diesen Buch greifen werden, die sich wenigstens ein bisschen dafür interessieren oder selbst Kunstturnen betreiben. Die Spannung in der Halle während der Wettkämpfen ist durch die Seiten hinweg greifbar. Großes Lob muss ich der Autorin mit dem Umgang zum Thema Missbrauch machen. Mit sehr viel Einfühlungsvermögen hat sie dieses schweirige Thema aufgegriffen, aber nicht zu sehr ausgedehnt. Zusätzlich hat sie noch eine zarte Liebesgeschichte eingebaut, die aber eher am Rande bleibt, was ich sehr begrüße...liegt doch der Fokus bei den Olympischen Spielen.
Fazit:
Einmal ein etwas anderes Jugendbuch zum Thema Profisport, das mir das Kunstturnen näher gebracht hat. Ein interessantes Thema, facettenreiche Charaktere und ein Autorin, die weiß wovon sie erzählt. Ich empfehle dieses Buch gerne als All-Age Roman weiter.