Interessant… aber nicht wirklich neu…
In seinem neuesten Werk geht der Autor Josef H. Reichholf der Frage nach, ob die bisher aufgestellten Thesen hinsichtlich der Domestizierung des Wolfes und seiner Hund-Werdung aktuellen Erkenntnissen und ...
In seinem neuesten Werk geht der Autor Josef H. Reichholf der Frage nach, ob die bisher aufgestellten Thesen hinsichtlich der Domestizierung des Wolfes und seiner Hund-Werdung aktuellen Erkenntnissen und neuesten Forschungsergebnissen standhalten können.
Wurde der Wolf vom Menschen domestiziert oder fand gar eine Selbstdomestizierung des Wolfes statt? Die Beantwortung dieser Frage, der sich der Autor im 1. Abschnitt des Buches auf dem Weg einer evolutionsgeschichtlichen Exkursion in die Zeit der Steinzeitjäger und Beutegreifer nähert, setzt er in Bezug zu des (inzwischen) Menschen liebstem Haustier und widmet sich dieser ganz besonderen Mensch-Tier-Beziehung im 2. Abschnitt des Buches auf einer sehr persönlichen Ebene, nämlich anhand seines eigenen Hundes. Im dritten und letzten Abschnitt des Buches widmet Reichholf sich in zwei kurzen Kapiteln der Beziehung Hund-Mensch-Katze, den Gemeinsamkeiten und Unterschieden.
Durchaus nicht uninteressant, bleibt Reichholfs neueste Abhandlung über die Geschichte und Entwicklung unseres „besten“ Tier-Freundes vor allem eines: subjektiv. Zwar in wissenschaftlicher, doch durchaus verständlicher Sprache gehalten, empfand ich beim Lesen das Fehlen von Fußnoten-Verweisen als störend. Zwar verfügt Reichholfs Werk über ein Literaturverzeichnis und ein Stichwort-Register, jedoch sind die Ausführungen, Erkenntnisse und Behauptungen des Verfassers nicht mit entsprechenden Fußnoten versehen, so dass der Leser die im Buch gemachten Aussagen nicht den entsprechenden Quellen zuordnen und deshalb auch nicht unterscheiden kann, welches die Thesen des Verfassers sind oder die anderer Wissenschaftler und Autoren. Es bleibt, überspitzt formuliert, nichts anderes übrig, als bei Interesse an der Vertiefung oder gar Verifizierung einer Aussage das komplette Verzeichnis nachzulesen. Häufige Hinweise auf Vorausschauen oder Rückblicke stören gleichzeitig den Lesefluß oder führen zu unnötigen Wiederholungen.
Der zweite Teil des Buchs mag zwar persönlich und streckenweise auch sympathisch erscheinen, man hat all das und einiges mehr aber schon an anderen Orten und von Verhaltensforschern und Hundetrainern auch schon besser gelesen. Selbstredend erkennt man stellenweise sich und die eigenen Fellnasen wieder, das ist jedoch nicht außergewöhnlich und die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind es ebenfalls nicht.
Auch das Fazit des 3. Abschnitts, dass Hund und Katze verschieden sind, und bei den Samtpfoten eine Selbstdomestizierung der des Hundwolfs aufgrund der Verschiedenartigkeit der Verhaltensweisen und Nahrungs“quellen“ nicht vergleichbar sein kann, ist nicht neu.
Zusammenfassend bietet „Der Hund und sein Mensch“ dem Leser, der sich noch nicht eingehend mit der Domestizierung des Wolfes befasst hat, eine akzeptable Übersicht über die verschiedenen Theorien zu diesem Thema. Demjenigen, der tiefergehende, neue, gar einem Wissenschaftskrimi gleichende Erkenntnisse (wie vom Klappentext suggeriert) erwartet, wird dieses Buch aber nicht gerecht.