Von der Liebe und dem Hass zweier Schwestern
Jenna und Scarlett sind Schwestern. Sie müssten einander so ähnlich sein und sind sich doch so fremd. Seitdem ihre Mutter sie verlassen hat, als sie noch klein waren, ist ihr Leben nicht mehr das gleiche.
Scarlett ...
Jenna und Scarlett sind Schwestern. Sie müssten einander so ähnlich sein und sind sich doch so fremd. Seitdem ihre Mutter sie verlassen hat, als sie noch klein waren, ist ihr Leben nicht mehr das gleiche.
Scarlett gelingt es, sich anzupassen und weiterzumachen. Sie ist wunderschön, beliebt und gesellig. Die Mädchen wollen mit ihr befreundet sein, die Jungen wollen sie als ihre Freundin haben. Selbst das verfallende Haus, in dem sie leben, kann sie nicht davon abhalten, ihr Leben in vollen Zügen auszuschöpfen.
Jenna gelingt dies nicht. Während ihr Vater seit dem Fortgehen der Mutter erstarrt ist und jedes Band zu seinen Töchtern verloren hat, flüchtet sich Jenna in ihr Tagebuch. Alles fällt ihr schwer, seit ihre Mutter fort ist. Sie lebt zurückgezogen und hat nur eine Freundin, vor der sie nicht einmal weiß, ob sie sie wirklich Freundin nennen kann.
»Es heißt, ältere Geschwister würden Schatten werfen, denen die jüngeren nicht entkommen können. Bei uns ist es andersherum. Es ist Scarletts Existenz, die der meinen ihre Farben raubt.«
Doch als Jenna eines Nachts die Bekanntschaft zweier Jugendlicher macht, die ein herrlich amüsanter Gegenpol zur tragischen Geschichte der Schwestern bieten, wird sie aus ihrem bisherigen Leben herausgerissen. Bald stellt sich jedoch die Frage, ob ihr bisheriges Leben denn wirklich so war, wie sie bislang dachte.
Viele ungelöste Fragen durchziehen ›Das Tagebuch der Jenna Blue‹. Vor allem die Frage danach, wohin ihre Mutter damals verschwand und warum sie ging. Als Jenna eine Möglichkeit sieht, endlich Antworten zu finden, gibt sie jede Zurückhaltung auf.
»Es sind Momente wie diese, in denen ich ihre Scham teile. Unser Resthof gleicht einer Ruine. Die Farbe blättert von den Wänden wie die Rinde von jungen Birken, dem Dach fehlen Schindeln, eine Außenwand sackt gefährlich gen Erde.«
Was geschah wirklich vor zehn Jahren, an dem Tag, an dem ihre Mutter verschwand? Wer weiß mehr, als er bislang zugibt? Und wie tief sitzt der Hass der beiden Schwestern wirklich?
Ich war überrascht, einen Jugendthriller im Programm des Drachenmond Verlages zu finden. Drachenmond Verlag und ein Jugendthriller – passt das zusammen? Unbedingt! Cover, Klappentext und schließlich das Buch selbst haben mich restlos überzeugt. Adrians Gespür für Charaktere und die Eigenheiten von Menschen ist erstaunlich und haucht dem ›Tagebuch der Jenna Blue‹ von der ersten bis zur letzten Seite Leben ein. An manchen Stellen wird die Handlung etwas ruckartig und ich hätte mir manche Wendungen schon etwas früher subtil angedeutet gewünscht, aber das kann dem wirklich tollen Buch ingesamt kaum abträglich sein.
»Wenn er an ihnen vorbeihumpelt, fühle ich etwas in mir schwer werden. Wie gern wäre ich jemand, der seine Stimme erhebt, auf ein Unrecht hinweist, laut und unbequem ist. Doch ich bin stumm wie der Gärtner. Wenn unsere Blicke sich treffen, ist es ein stilles Erkennen: Er weiß um meinen Zwist, denn er ist wie ich.«
›Das Tagebuch der Jenna Blue‹ hat mich einfach umgehauen. Ob es daran liegt, dass ich selbst eine Schwester habe, die fast so alt ist wie ich, oder einfach am Buch insgesamt, weiß ich nicht – aber die Thrillerelemente haben mich auf jeden Fall erwischt.
Wem ›Das Tagebuch der Jenna Blue‹ gefallen hat, kann gerne einen Blick auf ›Der Dieb ohne Herz‹ aus dem Drachenmond Verlag werfen.