Absolut großartig!
Auf meinem liebsten Instagram-Book-Channel wurde dieses Buch empfohlen und machte mich sofort neugierig, weil es sehr kontrovers diskutiert wurde. Ich liebe ja Bücher, die polarisieren und habe dann das ...
Auf meinem liebsten Instagram-Book-Channel wurde dieses Buch empfohlen und machte mich sofort neugierig, weil es sehr kontrovers diskutiert wurde. Ich liebe ja Bücher, die polarisieren und habe dann das dringende Bedürfnis mir eine eigene Meinung zu bilden.
Ich habe meine Entscheidung nicht bereut! Der Schreibstil dieses Buchs ist einfach komplett anders als alles, was ich bisher gelesen habe (und das ist einiges!). Zugegeben, ich fand den Stil anfangs echt richtig fürchterlich. Die Sätze sind sehr einfach, oft monoton und einige Kapitel bestanden in der Tat nur in Aufzählungen von Dingen! Ich war wirklich irritiert und dachte nur "Wie kann das denn für den Deutsche Buchpreis nominiert werden?!". Zum Glück gebe ich nicht so schnell auf. Ich gebe jedem Buch eine angemesene Zeit und Chance mich zu überzeugen. "Miroloi" hat es dann geschafft.
Aus der Ich-Perspektive schildert ein Mädchen, bzw. eine junge Frau ihr Leben auf der "schönen Insel", genauer gesagt: ihr Leben im "schönen Dorf". Dieses Dörfchen ist die ganze Welt für dessen Einwohner. Keiner, der dort geboren ist, darf es verlassen. Dafür Sorge trägt der Wächter, der jeden zurückholt, der versucht zu fliehen. Auf Fluchtversuche stehen harte Strafen. Das Mädchen ohne Namen, was wir beim Lesen begleiten, hat es erfahren. Ihr wurde das rechte Bein zur Strafe zertrümmert.
Im schönen Dorf haben die Männer das Sagen, allem voran die Ältesten. Das ist eine Art Stadtrat bestehend aus den 13 ältesten Männern des Dorfes, die alle Entscheidungen für die Einwohner treffen. Zum Beispiel welche Waren, die der Händler per Schiff zur Insel bringt, bleiben dürfen. Schnaps und Tabak? Ja. Tampons? Nein, brauchen wir nicht. Es gibt noch weitere Besonderheiten, u.a. ist es Frauen nicht gestattet, lesen und schreiben zu lernen. Wozu sollten sie das auch brauchen? Verrichten sie doch die meiste Arbeit auf dem Feld und im Haus. Männer wiederum dürfen nicht singen. Warum sollten sie auch singen wollen? Singen ist weibisch.
Die dort herrschenden absurden Gesetze faszinierten mich, sodass ich gern mehr erfahren wollte. Ich versuchte herauszufinden, in welcher Zeit der Roman spielt. Wo könnte diese Insel sein? Je tiefer man in die Geschichte eindringt, umso mehr versteht man, dass die Insel überall auf der Welt sein könnte und dass auch die Zeit irrelevant ist. Denn Unterdrückung, Diskriminierung, Gewalt an Frauen, Gewalt im Namen der Religion und Ungerechtigkeit gibt es auch heute immer noch überall auf der Welt. "Miroloi" ist viel mehr als ein Roman. "Miroloi" ist pure Gesellschaftskritik ziwschen zwei Buchdeckeln! "Miroloi" ist fantastisch.
Je mehr das Mädchen von ihrem Alltag in dieser abgeschotteten Gesellschaft berichtete, umso mehr empfand ich Mitgefühl mit ihr, mochte sie, bewunderte sie für ihre Stärke. Dann schritt auch die Handlung etwas voran. Sie schloss Freundschaften, hütete Geheimnisse und verliebte sich. Alles Dinge, die ihr untersagt waren, aber sie rebellierte - erst still und heimlich und dann immer offener. Auch die eigenwillige Sprache, die mich am Anfang so störte, ergab für mich auf einmal Sinn und passte perfekt ins Bild und wandelte sich nach und nach, wie sich auch dieses mutige Mädchen wandelte.
Der Roman lädt zum Nachdenken ein, entfacht Diskussionen, ist außergewöhnlich! Ein einfach tolles Buch über die Emanzipation einer jungen Frau. Ein Kampf gegen patriarchalische Strukturen. Ein Kampf für die Freiheit. Mich hat das Hörbuch total begeistert und ich kann es jedem empfehlen, der vor tiefsinniger Literatur nicht zurückschreckt und sich gern einmal auf ein absolut anderen Roman einlassen möchte.