Sara kniete sich neben Sibyl und drückte auf ihren Brustkorb, in dem Versuch, wieder Leben in ihr Herz zu pressen. Sara hielt der jüngeren Frau die Nase zu und atmete ihr Luft in den Mund. Sibyls Brustkorb hob sich kurz, aber mehr geschah nicht. Sara versuchte es noch einmal und musste würgen, weil die Sterbende ihr Blut in den Mund hustete. Sie spuckte aus und wollte weitermachen, stellte jedoch fest, dass es zu spät war. Sibyls Augen drehten sich nach hinten, und als sie ein letztes Mal zischend ausatmete, schüttelte ein leichter Schauder ihren Körper. [...] Sie war tot.
[S. 19]
Inhalt:
Sara Linton arbeitet in der Kleinstadt Heartsdale nicht nur als Kinderärztin, sondern unterstützt die hiesige Polizei zusätzlich als Gerichtspathologin bei deren Ermittlungen.
Nachdem sie beim einem Restaurantbesuch mit ihrer Schwester, die Toilette aufsucht, findet sie die schwer verletzte Sibyl Adams vor. Mit aller Kraft versucht sie alles, um der blinden Frau das Leben zu retten - vergeblich. Sibyl Adams verstirbt noch vor Ort in ihren Armen. Es beginnt ein rasanter Fall für Sara Linton und ihren Exmann Jeffrey Tolliver, den Chef des ansässigen Polizeireviers. Denn Sibyls Mord war nicht der erste und wird auch nicht der letzte bleiben.
Doch wer richtet Frauen auf solch erschreckende Weise zu? Und steckt vielleicht mehr dahinter, als sich zunächst vermuten lässt? Sara findet sich bei den Ermittlungen nicht nur im Gefühlschaos wieder, sondern auch in ihrer eigenen schrecklichen Vergangenheit.
Idee/Umsetzung:
Ich bin kein besonders großer Fan von Thrillern und Krimis, aber wenige Male im Jahr verspüre ich einen großen Hunger auf Blut. Dann will ich nur allzu gern in die Psyche eines Mörders eindringen und ihm in einer spannenden Hetzjagd mit den Ermittlern hinterher jagen. Als ich im Buchladen zu "Belladonna" griff, dem ersten Band der Grant-County-Reihe, erfüllte mich ein solcher Bluthunger und schon während ich in der U-Bahn die ersten Seiten in mich aufsog, wurde mir klar: Karin Slaughter würde nicht nur den Bluthunger in mir befriedigen, sondern mich so schnell nicht aus ihren Klauen entlassen. "Belladonna" ist ein großartiges Debüt der Autorin. Ich kann nur mehr als verstehen, dass dieses Buch ihr den Durchbruch ermöglichte. Auf der einen Seite erschreckt und schockiert Slaughter durch einen durch und durch bösen Täter, auf der anderen Seite zieht sie ihre Leser mit dem Ermittlerpaar Sara Linton und Jeffrey Tolliver in ihren Bann. Zwischen Sara und Jeffrey kracht und funkt es zu gleich und schon zu beginnt erkennt man ihr Potenzial als Traumpaar und wünscht sich nichts mehr, als dass sie endlich wieder zueinander finden. Gerade solche Protagonisten braucht ein kaltblutiger Thriller. Gerade deshalb konnte mich dieser erste Teil von sich überzeugen, denn Idee und Umsetzung ergänzen sich optimal.
Schreibstil:
Frau Slaughter hat eine wunderbare Schreibe, die sich dem Kontrast von liebevollen Hauptfiguren auf der einen Seite und kaltblütiger Morde auf der anderen Seite, perfekt anpasst. Wenn sie das Leben von Sara und Jeffrey beschreibt, dann vermittelt sie ihren Lesern ein gutes Gefühl für die Beiden, indem sie nicht nur aus deren (gemeinsamen) Vergangenheit erzählt, sondern auch, um dies zu unterstützen, abwechselnd aus deren Perspektiven berichtet. Neben dem ehemaligen Ehepaar, steht noch die junge Polizistin Lena Adams im Mittelpunkt. Auch ihrer Sicht widmet Frau Slaughter einige Kapitel - dieses Muster soll sich übrigens auch in den folgenden Bänden fortsetzen. Insgesamt ein spannender, emotionaler und mitreißender Schreibstil, der durch die drei verschiedenen Blickwinkel immer neue, überraschende und überzeugende Facetten bietet.
Charaktere:
Diese Buchreihe lebt durch und durch von ihren wunderbaren Charakteren. Sara Linton, Jeffrey Tolliver und Lena Adams, sind alle unterschiedliche und faszinierende Buchfiguren, die der Geschichte das nötige Herzblut verleihen. Sara überzeugt durch ihre Menschlichkeit und ihren Willen immer richtig handeln zu wollen und Jeffrey verleiht der Story den nötigen männlichen Charme. Zwischen den Beiden kracht und funkt es in gleichen Maßen und neben dem Bestreben den Mörder zu finden, verfolgt der Leser voller Spannung auch deren Geschichte, voller Hoffnung und Erwartung auf ein "happy end". Im Kontrast dazu steht Lena Adams. Sie ist der Rebell der Geschichte. Durch ihren teils gebrochenen Charakter bringt sie den nötigen Biss in die Story und überzeugt durch Mut und Köpfchen.
Cover/ Innengestaltung:
Das Cover ist eher schlicht und einfah. Einzig der Hintergrund verweist minimal auch auf den Inhalt der Geschichte. Hier wird deutlich, dass der Verlag weniger auf das Optische, sondern viel mehr auf den Autrennamen gesetzt hat.
Die Innengestaltung schließt an dieses "einfache" Konzept an. Es gibt mehrere Teile, jeder davon entpricht einem Wochentag. Zusätzlich gibt es durchgängig Kapitel, jedes Kapitel leitet dabei eine andere Sichtweise (Sara, Jeffrey oder Lena) ein.
Fazit:
Wer "Belladonna" von Karin Slaughter liest, begibt sich in größte Gefahr. In die Gefahr, Karin-Slaughter-süchtig zu werden. Diese Sucht ist an folgenden Symptomen zu erkennen: Herzrasen, erhöhter Schokoladenkonsum bzw. Verzehr von Nervennahrung, Schweißausbrüche, ungstillter Lesehunger und damit verbunde Schlaflosigkeit. Ein blutrünstiger Mörder, Herzenscharakter und ein flüssiger und mitreißender Schreibstil sorgen dafür, dass man trotz dieser Nebenwirkungen, keine Seite bereut und als Thriller-Muffel oder Thriller-Fan, voll auf seine Kosten kommt. Ich spreche wohl für das Buch, wenn ich euch beichte, dass in den letzten Wochen schon fünf Bücher der Autorin bei mir eingezogen sind - Tendenz steigend!