Genial gestört
Die Gestaltung
Das Cover passt gut zum Inhalt, finde ich. Es gibt zwar keine direkten Anspielungen auf das Steinmännchen, aber es lässt doch das wackelige Gebilde erkennen, auf dem Björn sich mit fortschreitender ...
Die Gestaltung
Das Cover passt gut zum Inhalt, finde ich. Es gibt zwar keine direkten Anspielungen auf das Steinmännchen, aber es lässt doch das wackelige Gebilde erkennen, auf dem Björn sich mit fortschreitender Handlung immer weiter bewegt.
Im Inneren habe ich ebenfalls nichts an der Gestaltung auszusetzen. Die Zitate am Anfang der Kapitel sind in einer anderen Schriftart gedruckt, was sie schön hervorhebt, und ansonsten ist alles auch sehr schlicht gehalten, wie man es bei Thrillern eben kennt.
Der Erzählstil
Schon nach der ersten Seite war ich völlig in die Geschichte von Strafverteidiger Björn Diemel eingetaucht, was unter anderem an dem flüssigen, humorvollen Schreibstil von Karsten Dusse lag. Ein bisschen erinnert mich seine Art zu schreiben an die von Sebastian Fitzek, wenn Karsten Dusse auch weitaus sarkastischer mit vielen Themen umgeht. Trotzdem bin ich nur so durch das Buch geflogen.
Nur zwischendurch war der ein oder andere Tippfehler drin, den die meisten wahrscheinlich überlesen hätten, aber ihr kennt mich ja mittlerweile ganz gut und wisst, dass ich dabei sehr pingelig bin. Ich hoffe, ihr nehmt mir das nicht übel, das ist einfach meine Art.
Die Handlung
Jedes Kapitel wird mit einer Achtsamkeitsregel von Björns Achtsamkeits-Guru eingeleitet. Die jeweiligen „Regeln“ stehen in direktem Bezug zum dazugehörigen Kapitel, woraus eine geniale, aber auch genauso gestörte Geschichte entsteht. Das Wort „gestört“ werde ich von jetzt an wahrscheinlich immer mit diesem Buch assoziieren, denn es ist wirklich so, und das nicht im negativen Sinne. Ich lese am liebsten Psychothriller, die gestört sind. Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob „Psychothriller“ wirklich die richtige Bezeichnung für dieses Buch ist. Eigentlich schon, weil aus der Sicht des Mörders erzählt wird, und weil die Details manchmal ziemlich realistisch beschrieben werden, andererseits lebt das Buch aber auch nicht von Spannung und Action, sondern vielmehr von Neugierde und Nervenkitzel. Gleich auf der ersten Seite wird das Buch daher als „Entschleunigter Kriminalroman“ bezeichnet, was ganz gut zusammenfasst, was ich nicht so gut mit eigenen Worten ausdrücken kann.
Aber zurück zu den einleitenden Zitaten aus dem Achtsamkeits-Ratgeber, den Björn immer mit sich herumschleppt. Die Idee an sich fand ich ganz nett und auch irgendwie originell, aber da in dem dazugehörigen Kapitel das gleiche Zitat noch mal im selben Wortlaut wiederholt wird, habe ich diese Fünf- bis Achtzeiler dann irgendwann nur noch übersprungen, weil ich ja schon wusste, was dort steht.
Gleichzeitig werden dem Leser aber auch die Prinzipien der Achtsamkeit und des autogenen Trainings nähergebracht. Also kann ich trotz der ganzen „Gestörtheit“ (ich weiß, dass es dieses Wort nicht gibt) des Buches mit gutem Gewissen sagen, dass ich etwas dazugelernt habe.
Vielleicht hört sich das, was ich hier geschrieben habe, für euch völlig skurril und verrückt an. Und das ist es auch. Doch dieser herrliche Humor, den Karsten Dusse in das Buch mit hat einfließen lassen, hat auch so einige Male dafür gesorgt, dass ich grinsen musste. Wenn ich schon von mir selbst behaupte, schwarzen Humor zu haben, dann toppt Karsten Dusse den noch mal um ein Vielfaches.
Natürlich ist das Buch mit der darin enthaltenen Geschichte nicht absolut realistisch. Sie ist schon sehr überspitzt dargestellt, aber genau das macht „Achtsam morden“ auch aus, weshalb ich hier nicht äher darauf eingehen will. Ursprünglich dachte ich nicht, dass diese Art von Buch etwas für mich ist, doch jetzt wurde ich eines Besseren belehrt.
Die Charaktere
Mich hat der Protagonist Björn Diemel sehr an meinen Vater erinnert. Das soll jetzt nicht abwertend klingen, weil mein Vater (hoffentlich) kein achtsamer Mörder ist, aber vom Sinn für Humor her gesehen hätten einige Bemerkungen auch von meinem Vater kommen können.
Ansonsten waren die Charaktere aber natürlich nicht sonderlich tiefgründig ausgearbeitet, wie man es aus Thrillern eigentlich auch schon gewohnt ist. Ich glaube, das gehört zum Genre dazu, wobei ich schon auch ein bisschen mehr über die Vergangenheit von Björn erfahren hätte, um mich noch ein bisschen mehr in ihn hineinversetzen zu können.
Fazit
Ich bin sehr positiv überrascht von „Achtsam morden“. Das Buch hat mich wirklich geflasht und ich kann es ausnahmslos jedem empfehlen, auch wenn man vielleicht noch dran zweifelt, ob das Buch etwas für einen ist. Den zweiten Teil, „Das Kind in mir will achtsam morden“, habe ich über das Bloggerportal angefragt, und die Zusage kam vor ein paar Tagen, weshalb ich mich jetzt sehr darauf freue, bald weiterzulesen.