Überzeugender, auf ganzer Linie atmosphärisch dichter Cosy Krimi, der seine Leser in die viktorianische Ära entführt. Absolute Leseempfehlung!
Die Witwe Laetitia Rudd, lebt seit dem Tod ihres Mannes, eines Dorfpfarrers, in einer kleinen Mietwohnung. Die Besitzerin des Hauses, Mrs. Bentley, ebenfalls verwitwet und Laetitia haben ein gutes, freundschaftliches ...
Die Witwe Laetitia Rudd, lebt seit dem Tod ihres Mannes, eines Dorfpfarrers, in einer kleinen Mietwohnung. Die Besitzerin des Hauses, Mrs. Bentley, ebenfalls verwitwet und Laetitia haben ein gutes, freundschaftliches Verhältnis zueinander und dank Laetitias Bruder, der ein erfolgreicher Prozessanwalt ist und seiner Schwester immer mal wieder interessante Aufträge als Privatermittlerin zukommen lässt, fehlt es ihnen an nichts, auch wenn sie mit dem Einkommen von Laetitia nicht gerade große, finanzielle Sprünge machen können.
Doch das Blatt ändert sich, als Laetitias Bruder zu Ohren kommt, dass der Sohn eines Mandanten, Charles Calderstone, plant, sich zu vermählen. Was an sich völlig legitim und gewünscht wäre, wenn die besagte Auserwählte, Helen Orme, nicht gerade eine Frau wäre, deren Ruf, laut eines anonymen Briefschreibers, kürzlich in Frage gestellt wurde.
Laetitia soll vor Ort ermitteln und heimlich und vor allem diskret Erkundigungen über Helen einziehen und wird für diese Zeit als eine Art Gouvernante für Charles Schwestern eingestellt, damit der Schein gewahrt wird.
Als Laetitia, die junge Schönheit, Helen kennenlernt glaubt sie fast, Sir James Calderstone wäre eines Irrtums aufgesessen und fragt sich, was der anonyme Briefschreiber denn bloß mit seiner scheinbaren Verleumdung bezwecken wollte? All das Ganze, um lediglich Geld zu erpressen? Das erscheint der ermittelnden Witwe zu platt, doch dann erfährt Laetitia pikante Details aus Helens Leben über Dritte und sie begreift schnell, dass Helen nicht ganz ehrlich mit ihr war. Dennoch, selbst Helens wahre Geschichte rechtfertigt es jedoch nicht, dass nacheinander mehrere Morde verübt werden an Menschen, die Helen nahe standen, genauso wie auch Helen ein Opfer des Mörders wird. Laetitia ist fest entschlossen den Täter zu fassen, genauso wie ihr Bruder alles versucht, Charles Calderstone, der nun mehr als Verdächtiger verhaftet wird, zu entlasten. Dabei gerät Laetitia selbst in größte Gefahr, selbst wenn der knorrige Ermittler Blackbeard, dem Laetitias Ermittlungen eigentlich ein Dorn im Auge sind, ihr zur Seite steht…
Ich las mit „Liebe macht lustig“ und „Liebe im Spiel“, bereits vor einiger Zeit zwei zeitgenössische Liebesromane der Autorin und war begeistert, wie gut es der Autorin gelungen war, Tragik und Humor in ihren Geschichten glaubhaft zu verbinden und dazu auch ausreichend Tiefgang zu schaffen, selbst wenn es sich dabei um leichte Unterhaltungslektüre handelte.
Mit „Das Geheimnis von Wishtide Manor“, hat sich Kate Saunders nun allerdings einem völlig anderen Genre zugewandt. Und zwar dem historischen Cosy-Krimi. Und ich muss gestehen, dass ich im Vorfeld nie erwartet hätte, dass der Autorin der Genrewechsel dermaßen überzeugend gelingen würde. Das Kate Saunders schreiben kann, wusste ich bereits, doch dass sie nicht nur den historischen Hintergrund, sondern auch die Dialoge der Akteure, deren Sprachgebaren, deren Verhalten etc. so realistisch darzustellen vermochte, dass man zeitweilig das Gefühl hatte, man lese einen Roman, der der viktorianischen Ära entstammt- nun das hat mich schon sehr positiv überrascht!
Laetitita ist eine sympathische, verwitwete Frau mittleren Alters, die nicht nur clever, sondern auch sehr bodenständig geraten ist. Sie hat einen guten Blick für Details, eine ebenfalls gute Menschenkenntnis und ist dazu mit einem schönen, trockenen Humor gesegnet.
Auch die Nebenakteure, wie Laetitias Bruder Fred, Blackbeard oder Mrs. Bentley, sind sympathisch geraten und haben viel Potential zu bieten.
Die Geschichte wird aus Laetititas Sicht, also in „Ich-Form“ erzählt und vorangetrieben und auch wenn ich fand, dass der Roman durchaus einige Dialoge mehr hätte vertragen können, habe ich keinen Punktabzug vorgenommen, weil ich „Das Geheimnis von Wishtide Manor“ ansonsten als nahezu perfekt geschrieben empfand.
Zugegeben, wer höllisch spannende Romanpassagen erwartet, könnte womöglich enttäuscht sein, denn Kate Saunders Roman ist eher dem Genre des Cosy-Krimis zuzuordnen. Dennoch, die Story nimmt, trotz einer gewissen Gemächlichkeit des Erzählens, mehrere unerwartete Wendungen und entfaltet dabei ihren ganz eigenen Reiz und Charme.
Im Nachwort der Autorin, erfährt man, dass einige ihrer Romanfiguren, in Anlehnung an Akteure aus Charles Dickens Werk „David Copperfield“ konzipiert wurden, da Kate Saunders große Bewunderung für die Romane und Erzählungen des Autors hegt. Und so könnte es durchaus von Vorteil sein, Dickens Werk bereits gelesen zu haben, bevor man sich „Das Geheimnis von Wishtide Manor“ zu Gemüte führt. Es ist allerdings nicht zwingend erforderlich, sorgt lediglich für nette, kleine Aha-Momente beim Lesen.
Kurz gefasst: Überzeugender, auf ganzer Linie atmosphärisch dichter Cosy Krimi, der seine Leser in die viktorianische Ära entführt. Absolute Leseempfehlung!