Leider eine Enttäuschung
Bisher hat Isabelle immer aus den Vollen geschöpft - eigenes Architekturbüro mit entsprechendem Erfolg, einen gut geratenen Sohn und eine liebender Ehemann, der ebenfalls auf der Erfolgswelle schwimmt. ...
Bisher hat Isabelle immer aus den Vollen geschöpft - eigenes Architekturbüro mit entsprechendem Erfolg, einen gut geratenen Sohn und eine liebender Ehemann, der ebenfalls auf der Erfolgswelle schwimmt. Mit der Nachricht vom Unfalltod ihrer Tante Corinna steht das Leben plötzlich Kopf . Nichts ist mehr, wie es vorher war und selbst die von Herzen geliebte Tante hatte zwei Gesichter. Bei der Testamentseröffnung sorgt der Notar für die ein oder andere Überraschung, die für Isabelle ein völlig neues Leben bereit hält....
Ich liebe die Romane von Katharina Fuchs, denn sie stehen für große Gefühlte, beste Unterhaltung, eine akribische Recherche und Geschichten, die noch lange nachwirken. Leider kann sich "Das Flüstern des Lebens" aber nicht in die Erfolgsriege einreihen. Vielmehr ist es so, dass sich Fuchs an bekannten Afrika-Romanen orientiert und sie mit einem Hauch amerikanischer Serien a la Dallas, Denver-Clan und Falcon Crest verwebt.
Es pilchert also munter vor sich hin und die üblichen Verdächtigen sind auch schnell ausgemacht: Isabelle ist ein Gutmensch par excellence und was sie in die Hand nimmt, funktioniert ohne Probleme. Sie wir mal eben schnell von der erfolgsverwöhnte Architektin zur Kaffeeplantagenbesitzerin mit dem Drang, in Afrika alles zum Guten zu Wenden. Mutter Doris ist sehr leichtgläubig und lebt in ihrer rosaroten Zuckerwattewelt in der pompösen Villa der verstorbenen Schwester. Moritz, Marke Raffzahn, hat den Geldbeutel recht locker sitzen und schert sich nicht darum, ihn mit dem Lohn echter Arbeit zu füllen.
Die Figuren sind somit recht schablonenhaft skizziert und lassen eines vermissen: Glaubwürdigkeit. Sie besitzen keinen Charme, wenn dann nur aufgesetzt,und eine Identifikation mit ihnen ist nicht möglich. Dialoge wirken sehr erzwungen und werden wirklich wortwörtlich den Protagonist:innen in den Mund gelegt.
Die Handlung ist mehr als seicht, aber vollkommen mit diversen Themen überfrachtet, die eine genauere Betrachtung mehr als verdient hätten. Die Menschen auf der Farm waren für Corinna eine Art Spielball, die sie nach Lust und Laune für ihre Zwecke regelrecht "benutzt" hat. Auch koloniale Ausbeutung, Rückgabe von kolonialen Kulturgütern und kulturelle Identifikation reißt die Schreibende in diesem Roman an. Selbst Covid-19 bekommt seinen Auftritt und das ist dann doch einfach zu viel. Emotionale Reaktionen gehen eher in Richtung Langeweile, da die Handlung nicht inspirierend , sondern eher das Gegenteil ist.
Einige Fehler erschweren da Lesen noch zusätzlich und finden schließen ihren Höhepunkt auf den Seiten 416 und 417. Die letzten drei Sätze auf Seite 416 werden nämlich wortgleich auf Seite 417 als Seitenanfang genutzt und die Leser:innen reiben sich verdutzt die Augen.
Alles in allem ein seichter Roman, der zwar unglaublich viele schöne Bilder von Afrika vor dem inneren Auge entstehen lässt, aber weder inhaltlich noch emotional berührt. Schade um die verschenkte Lesezeit.