Cover-Bild Lied der Weite
Band 2 der Reihe "Ein Holt Roman"
(55)
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 384
  • Ersterscheinung: 12.01.2018
  • ISBN: 9783257070170
Kent Haruf

Lied der Weite

Rudolf Hermstein (Übersetzer)

Victoria, siebzehn und schwanger, wird von ihrer Mutter vor die Tür gesetzt. Da überredet ihre Lehrerin Maggie die Brüder McPheron, zwei alte Viehzüchter, das Mädchen bei sich aufzunehmen. Ein erst widerwilliger Akt der Güte, der das Leben von sieben Menschen in der Kleinstadt Holt in Colorado umkrempelt und verwandelt.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.04.2018

Eine Geschichte (fast) aus dem Leben gegriffen

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Eine Geschichte (fast) aus dem Leben gegriffen

Kent Haruf beschreibt in seinem Roman "Lied der Weite" sehr eindrucksvoll das Leben einiger Menschen in dem Städtchen Holt in Colorado. Er schafft es den ...

Eine Geschichte (fast) aus dem Leben gegriffen

Kent Haruf beschreibt in seinem Roman "Lied der Weite" sehr eindrucksvoll das Leben einiger Menschen in dem Städtchen Holt in Colorado. Er schafft es den Leser in das Leben dieser Menschen einzubinden, erzählt deren Geschichte ruhig aber dennoch so, dass man sich dem Sog nicht entziehen kann.

Victoria Roubideaux ist 17 Jahre alt, sie geht noch zur Schule, als sie u gewollt schwanger wird. Das Mädchen wendet sich an ihre Lehrerin Maggie Jones, da ihre Mutter kein Verständnis aufbringt, sondern sie einfach nicht mehr ins Haus lässt. Bei Maggie kann sie aber nicht bleiben, da deren an Demenz erkrankter Vater in dem Mädchen eine Fremde sieht. Maggie beschließt einen unkonventionellen Weg zu gehen und fragt zwei ältere Brüder, die ihr ganzes Leben allein auf ihrer Farm gelebt haben, ob Sie Victoria aufnehmen können. Nach kurzem Zögern stimmen die McPherons zu, und eine einfühlsam erzählte Geschichte beginnt.

In Holt leben noch andere Menschen, deren Leben mehr oder weniger eng mit Victoria, Maggie und den McPherons verbunden ist. Auch deren Schicksal erzählt Kent Haruf uns hier auf seine Art und Weise.
Da wäre Guthrie, ein Kollege von Maggie, der von seiner depressiven Frau mit den beiden Söhnen Ike und Bobby verlassen worden ist. Die Mutter selbst bleibt relativ blass, was aber wohl dem weiteren Verlauf der Geschichte geschuldet ist. Guthrie muss sich nicht nur um die Erziehung der Kinder sorgen, er steht beruflich stark unter Druck, da er Probleme mit einem Schüler hat.
Eine einsame alte Frau in Form von Mrs Stearns ist für Ike und Bobby so etwas wie eine Kummertante, sie versucht den Jungen ein wenig Halt zu geben, backt mit ihnen Plätzchen.

Das ist das Grundgerüst um das Kent Haruf seinen Roman verfasst hat. Ein Roman der mich sehr gut unterhalten hat. Ich fühlte mich vom Erzählstil gefangen genommen, verfolgte mit Spannung was in dem kleinen Städtchen passiert und wie deren Bewohner mit ihren Sorgen und Ängsten umgehen.
Wie im wahren Leben gibt es von allem etwas, auch Glück und Humor trifft man hier an. Es gibt nicht auf alles eine Antwort, aber wer hat die schon, genau das machte den Roman für mich wie aus dem Leben gegriffen.

Für mich war es ein tolles Leseerlebnis. Ich habe mich wohl gefühlt als stiller Beobachter dieses kleinen Städtchens.

Veröffentlicht am 09.04.2018

EIn Buch der leisen Töne

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Die 17-jährige Victoria wird ungewollt schwanger. Nachdem sie von ihrer Mutter vor die Tür gesetzt wird, kommt sie vorübergehend bei ihrer Lehrerin Maggie Jones unter. Diese kann die schon älteren und ...

Die 17-jährige Victoria wird ungewollt schwanger. Nachdem sie von ihrer Mutter vor die Tür gesetzt wird, kommt sie vorübergehend bei ihrer Lehrerin Maggie Jones unter. Diese kann die schon älteren und alleine lebenden McPheron Brüder überzeugen, Victoria bei sich aufzunehmen.

Tom Guthrie ist ebenfalls Lehrer an der Schule und muss sich zudem alleine um seine beiden Söhne Bobby und Ike kümmern, da deren Mutter depressiv ist und die Familie vernachlässigt bzw. verlässt.

Kent Haruf überzeugt bei diesem Buch wie auch schon bei „Unsere Seelen bei Nacht“ wieder mit seinem unaufgeregten und warmherzigen Erzählstil. Er nimmt sich Zeit, die Charaktere zu beschreiben, wodurch man den Figuren als Leser sehr nahe kommt. So erlebt man zum Beispiel unmittelbar die Wandlung der eigentbrötlerischen Viehzüchter, die ihre fürsorgliche und nahbare Seite entdecken. Die Handlung ist unspektakulär, was jedoch den Charme des Buches ausmacht. Es macht Spaß, einen Einblick in das Leben einzelner Personen in der amerikanischen Kleinstadt Holt zu bekommen. Ich werde noch weitere Bücher des Autors lesen.

Veröffentlicht am 02.04.2018

Unaufgeregter Kleinstadtroman

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Seine sechs Romane hat der amerikanische Autor Kent Haruf in einer fiktiven Kleinstadt Holt im US-Bundesstaat Colorado spielen lassen.
Wenn man sich die Bilder des Journalisten Max Liu anschaut, die er ...

Seine sechs Romane hat der amerikanische Autor Kent Haruf in einer fiktiven Kleinstadt Holt im US-Bundesstaat Colorado spielen lassen.
Wenn man sich die Bilder des Journalisten Max Liu anschaut, die er 2014 bei einem Interview mit dem amerikanischer Autor aufnahm und die die Gegend von Colorado zeigen, in der Holt angesiedelt sein könnte, erblickt man karges, braunes, trockenes, baumloses und flaches langweiliges Land mit ein paar spärlichen Farmerhäusern und schnurgeraden Wegen und Straßen. Kein Ort, an den ich auch nur einen Gedanken verschwenden würde, geschweige denn mich wohlfühlen könnte.
Dennoch wuchs mir der Ort Holt und die darin lebenden Personen beim Lesen des preisgekrönten Romans „Lied der Weite“ so sehr ans Herz, dass ich traurig war zu gehen und sehnsüchtig auf weitere Veröffentlichungen von Kent Haruf in deutscher Übersetzung hoffe.

Die 17jährige Victoria wird von ihrer Mutter hinausgeworfen nachdem sie schwanger von ihrer Sommerliebe Dwayne geworden war. Sie möchte das Kind austragen, auch wenn sie keine Ahnung hat, wo der Vater des Kindes lebt, den sie eigentlich kaum kennt. Ihre Lehrerin Maggie schickt sie zu den Brüdern McPheron, zwei alten Viehzüchtern, die seit Jahrzehnten allein auf ihrer abgelegenen Farm leben. Nachdem die beiden anfangs etwas widerwillig Victoria bei sich aufnehmen, entwickelt sich bei Raymond und Harold etwas schwerfällig und sehr unbeholfen eine tiefe Zuneigung zu dem schüchternen und stillen jungen Mädchen. Sie haben keinerlei Erfahrung mit jungen Frauen, sind aber auf absolut rührende und beim Lesen oft witzige Weise bemüht, alles richtig zu machen, um das Mädchen nicht zu verschrecken und zu vertreiben und ihr ein Heim zu bieten.
Tom Guthrie, ebenfalls Lehrer an der Highschool von Holt, kämpft nach einer zerbrochenen Ehe gemeinsam mit seinen beiden Söhnen Ike und Bobby gegen die Einsamkeit. Die beiden Jungen haben einen einfachen und festen Tagesrhythmus mit Zeitung Austragen, Schule und Arbeit am Nachmittag, der vom Auszug der Mutter durcheinander gebracht wird. Kindlich und eng aneinander gebunden finden sich die Jungen in ihr Schicksal, versuchen Auswege aus der Langeweile während der Ferien zu finden und bemühen sich bei Besuchen um ihre depressive Mutter. Tom Guthrie sucht und findet neue Liebe auf die typisch kleinstädtische Art unter Beobachtung aller Augen.

Es ist kein schönes oder angenehmes Leben in der langweiligen Prärie von Colorado, das der Roman beschreibt, sondern das harte Erarbeiten von Lebensmut in karger und abweisender Umgebung. Im Gegensatz dazu beschreibt Kent Haruf seine Figuren voller warmer Melancholie und Aufrichtigkeit, lässt sie ohne große Abschweifungen ihren Alltagsgeschäften nachgehen. Man spürt jedoch in jedem Satz, wie sehr die Menschen aufeinander aufpassen und füreinander da sind, auch wenn dies erst auf den zweiten Blick deutlich wird und manch einer einen Schubs aus seiner Einsamkeit und Eingefahrenheit heraus braucht. Es wird im Laufe der Geschichte sehr deutlich, dass nicht nur Blutsverandschaft Familie und Geborgenheit ausmacht, sondern dass sich Zusammengehörigkeit manchmal erst ergeben muss und man sich seine Familie selbst sucht.

Mit großer Selbstverständlichkeit und knapper, fast spröder Sprache wird die Geschichte aufgerollt. Obwohl wenig Spannung in die Geschehnisse gebracht wird nimmt das Buch sehr gefangen und wenn man sich einmal auf die Kleinstadt Holt und die manchmal fast ruppigen Figuren eingelassen hat, lässt es den Leser nicht mehr los.
Mich hat diese Art des Erzählens in all ihrer Gelassenheit und Unaufgeregtheit sehr fasziniert, ich habe beim Lesen die Kraft und den Sog deutlich gespürt, den die Geschichte entwickelt und habe am Ende das Buches sehr ungern zugeklappt.

Für mich ist der preisgekrönte Roman „Lied der Weite“ ein sehr beeindruckendes und nachhaltig wirkendes Stück Literatur eines großen Schriftstellers, den man als Liebhaber tiefgründiger Romane gelesen haben sollte.

Veröffentlicht am 16.02.2018

hohe Erzählkunst

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"Das Lied der Weite" besticht durch eine edle Optik und einen verheißungsvollen Titel. Wer Harufs Geschichten kennt, weiß, dass die meisten wohl in der selben Gegend in den Vereinigten Staaten spielen. ...

"Das Lied der Weite" besticht durch eine edle Optik und einen verheißungsvollen Titel. Wer Harufs Geschichten kennt, weiß, dass die meisten wohl in der selben Gegend in den Vereinigten Staaten spielen. Eine eher ländliche Gegend, eine Kleinstadt, Viehzüchter und Bauern im weiten Umkreis. Dort sind die Männer noch wortkarg und bärbeißig und die Frauen stark und selbstständig obwohl der Mann hier noch das Sagen haben möchte.

Wieder hat Kent Haruf eine ungewöhnliche Wohngemeinschaft ersonnen. Wieder sind auch ältere Menschen wichtige Protagonisten in einer Geschichte voll kleiner und großer Alltagsdramen. Eine depressive Mutter verlässt Mann und Kinder und ein Teenager erwartet ein Kind und wird deshalb von der hartherzigen Mutter hinausgeschmissen. Mütter kommen in diesem Buch nicht unbedingt gut weg. Dagegen gibt es zwei ältere Herren, Brüder, alleinstehende Rinderzüchter, die im Laufe der Erzählung zu Höchstform auflaufen und aus ihrem Alltagstrott ausbrechen um dem jungen Mädchen aus ihrer Not zu helfen.

Starke Charaktere bevölkern dieses Buch. Und stark sind auch die Entwicklungen, die sie durchmachen. Dabei setzt der Autor auf einen sehr verhaltenen zurückgenommenen Betrachtungsstil und beobachtet das Geschehen aus einer gewissen Distanz, die aber nie kühl sondern immer wohltuend neutral rüber kommt. Man spürt die Gefühle der Protagonisten obwohl er wenig Worte darum macht. Haruf beherrscht für mich die hohe Kunst des Erzählens hervorragend.

Ein rundherum gelungenes Buch mit einem stimmigen Plot.

Veröffentlicht am 14.02.2018

Zauber des Alltäglichen

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Kent Haruf schrieb unaufgeregte Geschichten. Die Helden leben ihren Alltag in der fiktiven Kleinstadt Holt in Colorado. Wir beobachten sie bei ihren täglichen Verrichtungen, spüren ihre Sehnsucht, ihre ...

Kent Haruf schrieb unaufgeregte Geschichten. Die Helden leben ihren Alltag in der fiktiven Kleinstadt Holt in Colorado. Wir beobachten sie bei ihren täglichen Verrichtungen, spüren ihre Sehnsucht, ihre Sorge und ihren Schmerz. Aber auch die Freude und die Liebe, die bei Haruf manchmal außergewöhnliche Wege findet.

In "Lied der Weite" begegnen wir sieben Hauptpersonen, deren Leben in der kleinen Stadt auf wundersame Weise miteinander verwoben wird. Bobby und Ike, die 9- und 10-jährigen Söhne von Guthrie, lassen uns teilhaben an ihrem Leben, das aus gemeinsamen Mahlzeiten, Zeitungen austragen, Schule und den auf dem Lande üblichen Abenteuern kleiner Jungs besteht. Guthrie selbst, Lehrer, kümmert sich um die Jungs, da die Mutter Ella dazu nicht in der Lage scheint. Victoria, eine 17-jährige Schülerin Guthries, ist schwanger von einem längst vergangenen Sommerflirt mit einem Jungen aus Denver. Herrlich kauzig die alten Brüder McPherons, die seit ewigen Zeiten allein mit ihren Rindern und Pferden auf der alten Farm weit draußen vor der Stadt leben. Und Maggie Jones, ebenfalls Lehrerin und Kollegin von Guthrie, eine Frau, die es gewohnt ist, ihr Leben und manchmal auch das Anderer, selbst in die Hand zu nehmen.

Hier geht es auf ganz alltägliche Weise um Leben und Tod. Tiere werden geboren und andere sterben. Bei den Menschen ist es ebenso. Auch wenn ich die Farmszenen teilweise etwas zu direkt fand, so beschreibt der Autor doch nur das, was tagtäglich passiert, in Holt, Colorado, und anderswo auf der Welt. Anfangs hatte ich ein bisschen Probleme mit der zeitlichen Einordnung. Da aus wechselnder Perspektive der verschiedenen Personen erzählt wird, kommt es zu kleineren Zeitsprüngen vor und zurück. Die Spannung der Geschichte ergibt sich aus den Handlungen der Personen. Sie treffen manchmal mutige Entscheidungen, machen Fehler, werden ungerecht behandelt oder spüren plötzlich, dass da jemand ist, der es gut mit ihnen meint.

So macht »Lied der Weite«, wie auch die anderen Bücher des Autors Lust auf das Leben, auf die täglichen kleinen Schritte, die vielleicht zum großen Glück führen können. Und es bleibt der Trost, dass ein kleines Glück auch okay ist, falls wir nur bis dahin kommen sollten.

Fazit: 5***** und absolute Leseempfehlung für eines meiner Lieblingsbücher.

Wem »Das Lied der Weite« gefallen hat, empfehle ich »Unsere Seelen bei Nacht«, ebenfalls von Kent Haruf.