Meinung:
Frau Gier schafft es mit 'In Wahrheit wird viel mehr gelogen' wieder einmal, ein tragisches Thema auf lustige Weise aufzuarbeiten. Carolins Seelenschmerz wird vor allem zu Beginn des Romans sehr deutlich. Sie hasst jeden, empfindet alle Menschen um sich herum nur noch als Idiotien und kann nur noch daran denken, dass Karl tot ist. Trotzdem verfällt der Leser dabei nicht in eine Trauerstimmung, sondern wird durch Carolins starken Sarkasmus, sowie den schwarzen Humor auf witzige Art durch die Geschichte geführt. Und dies auch ohne, dass es unpassend oder aufgesetzt wirkt.
Der Schreibstil von Frau Gier ist wieder einmal göttlich. Die Autorin setzt Wortspiele, Sarkasmus und Humor geschickt ein, so dass man beim Lesen oft lachen muss. Aber im Gegensatz dazu schafft sie auch geschickt platzierte Stellen, die zum Nachdenken anregen sollen.
So flechtet Frau Gier viele bekannte Vorurteile in ihren Roman ein, und greift diese unterschwellig an. Hierbei möchte ich ein Beispiel anführen, nämlich die Tatsache, dass wir Menschen oft zu Notlügen greifen, oder etwas verschweigen, weil wir der Meinung sind, dass es in dem Moment die bessere Option ist. Jedoch endet dies zumeist mit noch viel größeren Problemen, als wenn man gleich die Wahrheit gesagt hätte. So verschweigt Carolin im Roman auch ihre vielen Begabungen, doch als es später doch heraus kommt, beschimpft sie ihr Ex-Freund (auch später noch) als notorische Lügnerin. Der Leser kommt ins Grübeln und erkennt Parallelen zu bekannten Situationen.
Die Charaktere sind wie immer leidenschaftlich beschrieben und besitzen ausreichend Tiefe, sowie Ecken und Kanten, um glaubwürdig zu sein.
Leider konnte ich mich dieses Mal nicht vollkommen mit der Protagonistin Carolin identifizieren. Obwohl sie durchaus sympathische Seiten hat, war sie mir teilweise etwas zu überheblich. Dieses Gefühl hatte ich zwar wirklich nur an sehr wenigen Stellen, aber es genügt um den Roman als etwas schlechter wie meine bisher gelesenen Gier-Romane zu empfinden und dem Roman dadurch ein Buchherz abzuziehen.
Die Nebencharaktere hingegen sind alle gut gelungen. So musste ich bei den Therapiesitzungen einfach immer nur den Kopf schütteln und mich fragen, wie es diese Dame jemals zur Therapeutin geschafft hat.
Besonders gut gefallen mir auch noch die Zitate, welche jedes Kapitel einleiten. Die Zitate beziehen sich jeweils aufs nachfolgende Kapitel und enthalten manchmal auch Anmerkungen von Carolin. Ich fand viele gut und passend gewählt, und eines welches mir mit am besten gefallen hat lautet:
'Glück ist etwas, das man zum ersten Mal wahrnimmt, wenn es sich mit großem Getöse verabschiedet.' ( Marcel Achard S. 51)
Fazit:
"In Wahrheit wird viel mehr gelogen" ist zwar nicht Frau Gier's Bester, aber dennoch ein guter und lustiger Roman, in dem der Humor, trotz des tragischen Theams, nicht zu kurz kommt. Es bekommt von mir 4 sehr gute Sterne und eine ganz klare Leseempfehlung.