Leider hat mich nichts berührt.
Vor dem Lesen:
In „Berühre mich. Nicht“ geht es um Sage und Luca. Sage verlässt ihre Heimat und Familie um ein Studium aufzunehmen, aber vor allem, um ihre Vergangenheit hinter sich lassen. Mit wenig ...
Vor dem Lesen:
In „Berühre mich. Nicht“ geht es um Sage und Luca. Sage verlässt ihre Heimat und Familie um ein Studium aufzunehmen, aber vor allem, um ihre Vergangenheit hinter sich lassen. Mit wenig Geld und nur einem Auto als Wohnung, versucht sie sich durch den Unistart zu kämpfen und Fuß zu fassen. Im Gegensatz zu anderen Studentinnen schleppt sie dabei aber schweres Gepäck aus ihrer Vergangenheit mit sich herum, was es ihr beinahe unmöglich macht, die Gesellschaft anderer Menschen zu ertragen, insbesondere die von Männern.
Das zentrale Thema des Buches ist der Missbrauch, der Sages Leben immer noch bestimmt. Dass Sage Angst dort wurzelt, erkennt man als Leser schnell. Leider erfährt man in Band 1 nicht viel mehr über ihr Schicksal. Irgendwann wird deutlich, wer die Schuld an ihrer Situation trägt und auch, wieso es so weit kam, dass Sage sich, außer durch die Flucht, nicht anders zu helfen wusste, allerdings erfährt man bis zum Schluss nicht, was nun genau passiert ist. Hinzu kommt noch, dass sich die Anspielungen wiederholen, als Leser werden einem immerzu die gleichen Hinweise vor die Füße geworfen, ich hatte das Gefühl, dabei auf der Stelle zu treten. Sages Vergangenheit war für mich bis zum Schluss nicht greifbar und hat mich somit nicht berührt.
Wie oben schon angedeutet, kommt irgendwann Luca ins Spiel. Er sieht gut aus und ist super sexy, das ist keine Überraschung für das Genre. Was mir gefallen hat, war Lucas Interesse an Büchern und dass er Bibliothekswesen studiert hat. Solche Hobbys werden sonst eher weiblichen Charakteren zugeteilt. Auch die Art, wie die zwei sich kennengelernt haben fand ich gut. Es war eine natürliche, nicht gestellte Situation, wie sie jedem „im normalen Leben“ passieren kann.
Danach geht es leider abwärts. Luca strahlt alles aus, wovor Sage Angst hat und die hat sie am Anfang auch vor ihm. Doch sobald sie nur ein bisschen anfängt ihm zu vertrauen, gibt es kein Halten mehr. Trotz ihrer Ängste, die ihr so oft im Weg stehen, kommt sie Luca schneller näher als in „gewöhnlichen“ Beziehungen. Manchmal habe ich mich gefragt, ob sie in dem ein oder anderen Moment schlicht vergessen hat, Angst zu haben.
Ziemlich unpassend, aber leider fast Standard in diesem Genre: Sage beschreibt mehrfach Lucas nackten Oberkörper und der ist gebaut, wen wundert es, als wäre er gephotoshopt. Natürlich soll man seinen Freund schön finden, für mich reduziert Sage ihn aber immer wieder auf seine Bauchmuskeln – soll mir damit vermittelt werden, dass ein Mann nur begehrenswert ist, wenn er durchtrainiert ist?
Mein Fazit:
Der Hype war riesig, das Cover ist wunderschön, die Story hat gute Ansätze und ich finde Liebesgeschichten mit einem ernsten Hintergrund immer lesenswert. Es ist sehr schade, dass ich dieses Mal, aufgrund eines unrealistischen Plots, nicht nachvollziehbaren Empfindungen, Gedanken und Handlungen der Charaktere und einer großen Portion Langeweile, enttäuscht wurde. Ich hatte während der Lesezeit nicht einmal das Bedürfnis schnell weiterlesen zu wollen, gegen Ende des Buches habe ich die Seiten fast nur noch überflogen und lediglich die Dialoge gelesen.
Leseempfehlung: Eher nicht.
Nach dem Lesen - Spoiler:
Es gibt diese Szene, in der Sage mit Luca zu seinen Eltern fährt und diese das erste Mal trifft. Die Familie beschließt auf einen Weihnachtsmarkt zu gehen, Sage möchte aber lieber im Haus von Lucas Eltern bleiben um dort Weihnachtsplätzchen zu backen. Diese Szene scheint den Zweck zu verfolgen, dass Sage alleine ist, um eine Nachricht von ihrem Stiefvater zu erhalten, unbemerkt von Luca um dadurch dem Ende des ersten Bandes entgegenzusteuern. Für mich war es eine der unglaubwürdigsten Momente im Buch. Wer backt in einem fremden Haus Plätzchen, während die Eigentümer zusammen etwas unternehmen? Wäre Sage schon oft zu Besuch gewesen und würde sie Lucas Eltern schon lange kennen, fände ich die Situation nachempfindbar. Beim ersten Besuch bei den Schwiegereltern in Spe halte ich dieses Verhalten aber für absolut unnatürlich und unwahrscheinlich. Einen unrealistischen Plot zu lesen, macht leider keinen Spaß.
Das Gleiche gilt auch für diese Szene: Luca und Sage schlafen das erste Mal zusammen. Während Sage vorher fast durchgedreht ist, sobald ihr jemand zu Nahe kommt, hat sie hier beinahe keine Hemmungen. Ganz im Gegenteil, obwohl sie noch nie mit einem Mann geschlafen hat, legt sie eine Soloperformance hin, bei der so mach anderes Mädchen hochrote Wangen bekommen würde. Leider für mich absolut unglaubwürdig. Schade fand ich zudem, dass für mich keine Stimmung aufkam, die Szene war weder leidenschaftlich, noch sinnlich oder erotisch geschrieben. Ich hatte mehr das Bedürfnis mich fremd zu schämen und war froh, als es vorbei war.
Der Cliffhanger: Nichts finde ich schlimmer an einem Plot, als wenn ein Streit unnatürlich in die Länge getrieben wird, indem man die Charaktere nicht miteinander reden lässt. Wieso hat Sage Luca nicht gesagt, was passiert ist? Sie hätten zusammen eine Lösung finden können, anstatt, dass Sage abhaut. Und Luca? Er weiß doch, dass bei Sage etwas nicht stimmt, wieso kommt er nicht auf die Idee, dass das der Grund für ihr plötzlich seltsames Verhalten ist? Merkt er es noch in Band 2?
Nachdem ich leider nur sehr wenig Positives nennen konnte, frage ich mich jetzt, wieso es diesen Hype um das Buch gab und warum die Story bei mir nicht angekommen ist. Warum hat „Berühre mich. Nicht.“, mich nicht berührt?