Kein Vergleich zu Band 1
Wie nicht anders zu erwarten, war der Schreibstil von Laura Kneidl wieder äußerst angenehm und flüssig zu lesen. Sie erzählt auch hier wieder mittels einfacher Sprache und schafft mit bloßen Worten eine ...
Wie nicht anders zu erwarten, war der Schreibstil von Laura Kneidl wieder äußerst angenehm und flüssig zu lesen. Sie erzählt auch hier wieder mittels einfacher Sprache und schafft mit bloßen Worten eine stimmige, einnehmende Atmosphäre. Der Alltag der Protagonisten ist herrlich realistisch und echt dargestellt und die beiden nehmen einen quasi bei der Hand und führen uns durch ihre Geschichte. Ich hatte stets ein klares Bild der einzelnen Szenen vor Augen und konnte in den entsprechenden Situationen wunderbar mitfiebern und mitfühlen. Dadurch, dass wir nur aus Sicht der weiblichen Hauptfigur lesen, bleibt uns ein stetiger Wechsel erspart und wir können uns komplett auf sie einlassen. Obwohl ich es ansonsten auch gerne mag, beide Sichten zu erfahren, fand ich es hier passender, dass die Abwechslung ausblieb. Wie auch schon in Someone New fühlte ich mich wohl zwischen den Figuren und wurde teilweise auch wirklich berührt.
Cassie und Auri sind schon im Vorgängerband absolute Sympathieträger gewesen und dies blieb auch in ihrer eigenen Geschichte weiterhin so. Besonders positiv fällt hier ins Auge, wie gut die Unterschiede zwischen den beiden heraus gearbeitet wurden und wie schön sie sich dennoch ergänzten. Die Harmonie stimmte und die Funken stoben nur so auf, wenn sie zusammen waren. Doch zunächst ist es erstmal ihre Freundschaft, die mich neidisch werden ließ. Was für eine innige, vertraute Bindung die beiden miteinander haben, ist außergewöhnlich und berührend. Nicht nur einmal ertappte ich mich dabei, wie ich auch gern einen so guten Freund an meiner Seite hätte.
Allerdings war es besonders Cassie, die gehörig anstrengend werden konnte. So süß sie zu Auri auch ist, so schwierig kann sie einzeln sein. Denn im Laufe der Geschichte kommt natürlich auch gewisses Drama auf, was schlicht nötig ist, um die Handlung am Laufen zu halten. Jedoch ging das Drama jedes einzelne Mal von Cassie aus und irgendwann wurde es schlicht ermüdend. Sie nahm alles, wirklich ausnahmslos alles persönlich und machte stets aus einer Mücke einen Elefanten. Ihr fehlte es an Verständnis und an Durchblick, an Empathie. Sie wirkte zum Teil fast schon trotzig und obwohl Auri im Grunde nichts falsch machte, zickte sie ihn regelmäßig an und verstand überhaupt nicht, worum es im großen Ganzen ging. Ich hätte mir da etwas weniger Theatralik gewünscht und dafür deutlich mehr Einfühlungsvermögen. Auch dass sich das besagte Drama mehrmals wiederholte, zerrte an meinen Nerven. Sie lernte nicht aus ihren Fehlern und obwohl sich immer mal wieder kurzzeitig Einsicht bei ihr zeigte, machte sie wieder alles falsch. Sie dachte in der Hinsicht viel zu sehr an sich und viel zu wenig an Auri. Aber wie schon angeschnitten, gab es eben auch Momente in denen ich sie unheimlich gerne mochte und mich komplett in sie hineinversetzen konnte. Außerhalb des „Dramas“ war sie eine echt sympathische Persönlichkeit, die eine tolle Freundin verkörperte und ihren Liebsten stets loyal zur Seite stand. Auch mit ihrer Leidenschaft für Cosplay konnte sie mich anstecken, obwohl das eigentlich überhaupt nicht meine Sparte ist. Es machte einfach Spaß, sie zu beobachten, wie sie sich voller Eifer in ihr Hobby stürzte.
Und genau so schön war es zu sehen, wie sie diese Liebe mit jemandem teilen konnte. Denn auch Auri war leidenschaftlicher Cosplayer. Allerdings war er durch seine Liebe zum Sport und zum Football deutlich vielschichtiger und abwechslungsreicher. In seiner Welt drehte sich nicht alles nur um Elfen, Hexer, usw. Und da lag das tiefsitzende Problem bei Cassie. Sie sah nicht, was dieses Hobby für Auswirkungen auf das Leben ihres besten Freundes haben konnte. Auri allerdings wusste das sehr genau und ging möglichen Streitpunkten mit seinen Teamkollegen aus dem Weg. Ich verstand ihn auf ganzer Linie und fand ihn mehr als glaubhaft. Er hatte keinen Bock auf Sticheleien und setzte das auch gut um. Es ist wichtig, jemanden nicht zu drängen. So brauchte auch Auri Zeit, um zu seiner Leidenschaft zu stehen. Cassie allerdings drängte ihn auf eine Weise, die sie einiges an Sympathiepunkten einbüßen ließ. Da merkt man wohl ganz klar, wem ich mein Herz bedingungsloser schenken konnte, oder? Auri war für mich das Highlight in Sachen Figuren und überzeugte mich, bis auf 1-2 kleinere Schwächen, wie fehlendes Rückgrat in Hinsicht auf Cassie, komplett von sich.
Doch auch die Nebenrollen glänzen. Mir gefiel besonders, wie unterschiedlich die mitspielenden Charaktere ausgearbeitet wurden. Natürlich stand in erster Linie das Wiedersehen mit Micah und Julian an oberster Stelle, immerhin hatte ich sie schon wieder schmerzlich vermisst. Doch auch andere Figuren tauchen im Laufe der Handlung auf und rufen die unterschiedlichsten Emotionen im Leser hervor. Der eine animiert zum Lachen, der nächste dazu, ihn erwürgen zu wollen. Absolut vielfältig und abwechslungsreich! Übrigens: wir lernen hier auch die beiden Protagonisten von Band 3 etwas näher kennen und ich könnte mich nicht mehr auf ihre Geschichte freuen.
Die Idee hinter „Someone Else“ ist relativ unspektakulär. Im Vergleich zur Story aus Band 1 könnte man beinah sagen, die Handlung hier sei gewöhnlich. Aber ich mag dieses Friends-to-lovers-Gerüst und fand es trotz der bekannten Elementen wirklich unterhaltsam. Hier und da wäre sicher eine Steigerung möglich gewesen, besonders in Hinblick auf die Twists; aber fangen wir mal vorn an:
Der Einstieg in diesen zweiten Teil der Someone-Trilogie gelang mir absolut mühelos. Da wir Cassie und Auri bereits aus Band 1 kennen, tat ich mir überhaupt nicht schwer, ins Geschehen rein und mich allgemein zurecht zu finden. Auch ihre Lebensumstände waren uns von Anfang an nicht fremd und es ging, nach kurzer Kennenlern-Phase für diejenigen, die Band 1 nicht kennen, direkt los mit der Handlung. Es passiert zugegebenermaßen nicht allzu viel, aber es bereitet dennoch Spaß, die beiden zu begleiten. Die einzelnen Szenen wurden schön ausgearbeitet und mit der perfekten Atmosphäre versehen. Egal ob die beiden Protagonisten zuhause auf der Couch gammeln und Serie gucken, oder ob sie unterwegs sind; es fühlt sich stets real an. Natürlich lässt sich ein gewisses Hin und Her bei dieser Grundthematik nicht vermeiden – mal ist eben die Freundschaft wichtiger, mal sind die Gefühle stärker. Aber auch das war kein Störfaktor, sondern fügte sich schön ins Gesamtbild ein. Zuletzt überzeugt auch die Tatsache, dass sich Laura Kneidl wieder für zwei Themen entschieden hat, die tiefer gehen. So zeigt sie mit erhobenem Finger darauf hin, wie sehr Menschen unter Rassismus leiden und schafft es zusätzlich dazu auch noch, Diabetes realistisch und authentisch einzubauen. Dieses Buch zu lesen brachte mir die Krankheit auf alle Fälle näher und ich fand es alles in allem sehr interessant zu sehen, mit welchen Problemen sich Betroffene herumschlagen müssen.
Aber es ist eben nicht alles gold was glänzt und die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Die Plots in der Geschichte ähneln sich alle sehr. Im Grunde ist es ein und das selbe Problem, das sich immer wieder auftut: Cassie nimmt alles persönlich und fühlt sich wegen jeder Kleinigkeit direkt angegriffen. Und das wiederholte sich mehrfach, sodass leider auch der finale Twist nicht wirklich überraschend kam. Ich hätte mir nicht nur mehr Einfühlungsvermögen von der Protagonistin gewünscht, sondern auch mehr Abwechslung von der Handlung. Auri sagt/tut etwas, Cassie ist eingeschnappt und meckert ununterbrochen darüber und versinkt in Selbstmitleid. Dann herrscht Funkstille. Es hätte sicher noch einige andere Möglichkeiten gegeben, die dem Ablauf des Romans wirklich gut getan hätten. So war es ien Gefühl von „und täglich grüßt das Murmeltier“. Außerdem hätte durch simple Kommunikation alles verhindert werden können; aber obwohl die Protagonisten viel miteinander reden, verpassen sie es fortwährend, mal wichtiges anzusprechen. Schade.
Zum Schluss hin, vor allem vom Epilog, wurde ich aber durch ein gewisses Element nochmal ein bisschen besänftigt. Und ich wiederhole: außerhalb dieses Dramas, das sich da abspielt, war die Geschichte wirklich unterhaltsam und interessant – nicht unbedingt spannend; aber fesselnd genug um immer weiter lesen zu wollen.
FAZIT:
„Someone Else“ von Laura Kneidl kann leider nicht mehr mit dem Auftakt der Trilogie mithalten. Zwar ist Stil, Sprache und Atmosphäre wieder unheimlich gelungen und fesselnd, die weibliche Protagonistin allerdings schwächelt an manchen Stellen. Während Band 1 mich regelrecht umhauen konnte, ist dieser zweite Band höchstens noch super Unterhaltung für zwischendurch und eher gewöhnlich. Die Problematiken wiederholen sich immer wieder und die Spannung bleibt irgendwann auf der Strecke. Trotzdem fand ich Auri’s und Cassie’s Geschichte keineswegs schlecht – nur eben auch nicht allzu besonders.