Unfassbar. Das ist das Wort, das gerade in meinem Kopf herumgeistert, nachdem ich Wonder Woman beendet habe. Ich hatte so sehr gehofft, dass mir das Buch gefallen würde, weil ich durch den sehr guten Auftakt der Grischa-Reihe der Autorin relativ hohe Erwartungen hatte. Aber mit dem, was ich bekommen habe, habe ich dann doch nicht gerechnet. Dieser Auftakt der "DC Icons - Superhero Serie" erfüllt nämlich sämtliche Ansprüche, die ich an ein gutes Fantasy-Buch habe.
Zunächst einmal bin ich froh, dass mir mein Unwissen in Sachen Comics und dem DC-Universum hier nicht zum Verhängnis wurde. Mein Wissen beschränkt sich auf die Serien Arrow und Flash, wie ich kleinlaut zugeben muss, weshalb ich also bisher noch keinerlei Berührungspunkte mit Diana Prince alias Wonder Woman hatte. Das ist für die Lektüre dieses Reihenauftakts aber auch nicht nötig, denn alles Wichtige wird hier natürlich erläutert, z.B. was es mit den Amazonen und Dianas besonderer Herkunft auf sich hat.
Diana erlebt in diesem Band ihr erstes richtiges Abenteuer außerhalb ihrer Heimat und beweist ihre Stärke und ihren Mut, nachdem sie sich auf Themyscira (die Insel, auf der die Amazonen leben) stets als Außenseiterin gefühlt hat. Wir begleiten sie dabei, indem wir abwechselnd aus ihrer und der Sicht Alias lesen. Alia ist ein Menschenmädchen, das Diana vor dem sicheren Tod gerettet und verbotenerweise auf die Insel gebracht hat. Nachdem Diana durch das Orakel erfahren hat, dass Alia eine Kriegsbringerin ist, die bald ein Zeitalter des Blutvergießens einleiten könnte, trifft Diana eine Entscheidung und reist mit Alia in die Welt der Menschen, um den Schrecken abzuwenden.
Drei Dinge gibt es, an die ich mich in Verbindung mit diesem Auftakt noch lange erinnern werde:
1) Der Humor: Es gibt einige Bücher, die mich zum Lachen bringen, aber nur sehr wenige, denen dies auf jeder zweiten Seite gelingt. Damit spielt Wonder Woman in der Liga meiner absoluten Lieblingsbücher aus der Feder von Cassandra Clare. Ist es anfangs noch Alia, die mich mit ihren amüsanten Kommentaren oder Gedanken zum Lachen gebracht hat, war es auf einmal Diana, die das eher ungewollt getan hat, denn ihre naiven und unwissenden Äußerungen, die sie in Bezug auf ihr unbekannte Dinge in der Menschenwelt abgibt, sind einfach nur zum Schreien komisch. Es sind so wahnsinnig witzige Dialoge zustande kommen, über die ich auch jetzt noch grinsen muss. Als dann auch noch Nim und Theo dazukamen, musste mein Lachgetriebe ganz schön leiden.
2) Die Protagonistin: Mit Diana haben wir – erwartungsgemäß – eine toughe Protagonistin, die nicht nur schlagfertig und mutig, sondern auch stark ist und sich selbst zu helfen weiß. Sie ist eine richtige Heldin. Sie ist es, die die Kämpfe bestreitet und die anderen Charaktere immer wieder rettet. Gleichzeitig glaubt keiner an sie, nicht einmal ihre eigene Mutter, weshalb meine Sympathiegefühle für sie mit der Zeit immer größer wurden und ich bei jedem Kampf einfach nur mit ihr mitfiebern und im Stillen (oder manchmal auch laut) für sie jubeln konnte. Mir fällt für die Entwicklung, die sie durchmacht, kein anderes Wort als „episch“ ein.
3) Und zu guter Letzt die Freundschaften (und damit auch die anderen Charaktere): Neben Diana lesen wir auch aus der Sicht von Alia, was mindestens genauso viel Spaß macht, denn obwohl sie nicht unsterblich ist wie unsere Amazonenprinzessin, ist auch sie ganz schön mutig. Anfangs ist sie Diana gegenüber verständlicherweise misstrauisch, aber mit der Zeit entwickelt sich eine sehr starke Bindung zwischen ihnen, die mich auf den letzten Seiten sehr gerührt hat. Dort sind dann auch ein paar Tränen geflossen.
Mit im Bunde sind aber auch die quirlige Nim, die immer wieder unnützes Wissen von sich gibt, wie Theo so liebevoll jedes Mal bemerkt, Alias großer Bruder Jason, der immer beschützend, kontrolliert und grummelig auftritt, mit Diana aber intime Gespräche unter Sternenhimmel führt, und Theo, der beste Freund Jasons, Alias heimlicher Schwarm und Nims Hassobjekt Nummer 1. Das absolut Witzigste in diesem Buch sind tatsächlich die Sticheleien zwischen Nim und Theo, die (zum Glück!) einfach nicht aufhören wollen und mich immer wieder unerwartet zum Lachen gebracht haben: „Ich gehe“, sagte Theo. „Super Idee“, sagte Nim. „Vielleicht kannst du es ja so einrichten, dass du unterwegs in einen Graben fällst.“ (S. 287). Mit all diesen Figuren kommt eine so tolle Truppe zusammen, deren Freundschaft und Zusammenhalt mir vor allem am Ende ein breites Lächeln aufs Gesicht gezaubert haben. So Freunde, die einem mit Optimismus, Humor und Mut den Rücken freihalten, kann man sich nur wünschen.
Neben diesen drei Aspekten, die mir sicher noch länger in Erinnerung bleiben werden, ist Diana und Alias Abenteuer aber auch voller Spannung und überraschenden Twists. Nichts geht reibungslos vonstatten, immer wieder stehen neue Hindernisse im Weg, die es zu überwinden gilt. Der eine große Twist, den ich befürchtet, aber nicht wirklich erwartet habe, hat mir erst nicht so gut gefallen, aber beim Weiterlesen hat er sich als ziemlich spannend und interessant für den weiteren Handlungsverlauf entpuppt, sodass ich auch hier wieder an den Seiten klebte. Ruhig ist es in diesem Buch wirklich selten, nach kurzer Zeit passiert immer irgendetwas, das Diana und ihre Freunde vor neue Herausforderungen stellt. Gegen Ende nimmt das Geschehen immer mehr an Fahrt auf, wobei meine Reaktionen in etwa so zusammengefasst werden können:
Nein, oder? Nein! NEIN! NEIN!!! Oh … was – oh mein Gott. YES!
Auch zwei Liebesgeschichten machen sich hier und da durch kleine Andeutungen bemerkbar, sodass es auch hinsichtlich dessen ein bisschen was zum Grinsen und zum Mitfiebern gibt. Sie gewinnen aber nie Überhand und drängen die Haupthandlung zu keinem Zeitpunkt in den Hintergrund. Sie sind weniger präsent, als ich das von anderen Büchern des Genres kenne, was der spannenden Handlung definitiv zugutekommt.
Abschließend sei noch das fantastische Ende erwähnt, das mich zu Tränen gerührt und meine (hoffentlich nicht grundlose) Vorfreude auf einen eventuellen Nachfolger geweckt hat. Das Ende gibt einen kleinen glücklich machenden Ausblick auf die Zukunft mancher Charaktere und verrät, dass Diana ein weiteres Abenteuer an der Seite von Alia bestreiten wird. Ich hoffe sehr, dass wir davon lesen können werden, denn ich vermisse diese wunderbaren Charaktere schon jetzt.
Fazit
Wonder Woman hat mir so viel mehr gegeben, als ich erwartet habe. Hochspannung, eine toughe Kämpferin als Protagonistin mit mutigen, sterblichen (!) Freunden an der Seite, epische und berührende Momente und vor allem ganz viel genialen Humor, der lautes Lachen garantiert. Vielleicht sollte man das Buch lieber nicht an öffentlichen Orten lesen, wenn man nicht für verrückt gehalten werden möchte. Ich sag’s ja nur.
Von mir gibt es natürlich die volle Punktzahl – hallo, neues Lieblingsbuch! Ich freue mich riesig auf die Abenteuer von Batman, Catwoman und Superman, aber auch auf ein zweites Abenteuer der Prinzessin von Themyscira.