Nach einem Autounfall leidet Lara unter einem Gedächtnisverlust von fast 2 Jahren, sogar ihr Name ist ihr nicht geheuer, deshalb ist sie in der psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses untergebracht, um dort Hilfe für ihre Amnesie zu bekommen. Lara versucht verzweifelt, die Erinnerungslücken zu füllen, die zu dem Unfall geführt haben, allerdings gelingt es ihr trotz größter Anstrengungen nicht. Sie redet ständig und viel, sie flüchten sich geradezu aus ihrem Mund und lassen sich nicht aufhalten. Bei ihren Wanderungen durch die Klinik gelangt sie auf die Intensivstation und in das Zimmer von Thomas, der seit einem Unfall im Koma liegt. In ihm findet Laura einen wortlosen Gesprächspartner, denn er hört ihr zu, ohne sie zu unterbrechen oder zu stoppen. Bei ihm kann Lara sich alles von der Seele reden und ganz langsam fällt es ihr immer leichter, die Worte auch mal nicht herauszulassen. Was verbindet die beiden miteinander? Wird sich Lara endlich erinnern können, was wirklich passiert ist?
Lily Oliver hat mit ihrem Buch „Träume, die ich uns stehle“ einen sehr gefühlvollen und fesselnden Roman vorgelegt, der niemanden kalt lässt. Der Schreibstil ist flüssig, dabei poetisch und hochemotional, der Leser durchlebt bei der Lektüre die ganze Bandbreite an Gefühlen: von Hilflosigkeit über Mitgefühl, Wut, Trauer und Zuneigung. Man kann das Buch kaum aus der Hand legen, so sehr durchlebt man mit Lara und Thomas ihre Erinnerungen und Gedanken, man wird regelrecht zu einem Teil von ihnen. Durch die wechselnden Erzählperspektiven, die zum einen Lara in der Ich-Form zu Wort kommen lassen und zum anderen die Gedanken und Erinnerungen von Thomas wiedergeben, erhält der Leser einen Rundumblick über die Dinge, die diese beiden bewegen. Die Beschreibungen des Krankenhauses und der anderen Patienten sind sehr real und hinterlassen sowohl Beklemmungen, Angst sowie Einsamkeit. Die Autorin versteht es sehr gut, mit den Gefühlen des Lesers zu spielen. Durch die akribische Recherche über Amnesie und deren Folgen schafft Lily Oliver in ihrer Geschichte eine Atmosphäre der Verzweiflung, aber auch der immer wieder aufflammenden Hoffnungsschimmer. Der Autorin gelingt es hervorragend, den Leser bis zur letzten Seite bei der Stange zu halten, denn durch geschickte Wendungen kann man das Ende nicht vorausahnen.
Die Charaktere sind sehr liebevoll und individuell ausgearbeitet worden. Sie wirken wie Menschen aus Fleisch und Blut, sehr real und authentisch. Der Leser kann sich sehr gut mit ihnen identifizieren und sich in sie hineinversetzen. Lara ist eine junge Frau, die seit dem Unfall völlig verunsichert ist, denn ihr fehlt die Erinnerung. Sie versucht verzweifelt, sich die fehlenden Puzzlestücke wieder ins Gedächtnis zu holen. Diese Anstrengungen bereiten beim Lesen fast schon körperliche Schmerzen, denn ihre Verzweiflung ist so greifbar und so echt, dass sich dies auf den Leser regelrecht überträgt. Doch Lara ist auch eine hartnäckige Frau, die nicht aufgibt und sich mit ihrer Situation nicht abfinden will. Das verleiht ihr eine ganz besondere Stärke, die ihr die Kraft gibt, sich der Vergangenheit zu stellen Thomas ist ein junger Mann, der im Koma liegt und dessen Gedanken und Erinnerungen einen Einblick in sein Leben geben. Die Ärzte haben ihn eigentlich schon aufgegeben, er selbst kämpft immer noch dafür, ins Leben zurückzukehren, wobei sein Kampf ein einsamer ist, denn niemand kann ihn hören oder ihm dabei helfen. Auch die Randprotagonisten unterstreichen mit ihren Dialogen oder ihrem Erscheinen die Haupthandlung und machen sie besonders.
„Träume die ich uns stehle“ ist ein außergewöhnlicher und ergreifender Liebesroman, der niemanden unberührt lässt. Die Charaktere schleichen sich ganz langsam in das Leserherz und setzen sich so fest, dass man sie nicht mehr gehen lassen mag. Ein Buch, das einem noch lange im Gedächtnis bleiben wird aufgrund der Intensität und den Emotionen, die es in einem weckt. Absolute Leseempfehlung für ein Kleinod! Chapeau Lily Oliver– alles richtig gemacht!