Cover-Bild Der Horror der frühen Medizin
(45)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
14,95
inkl. MwSt
  • Verlag: Suhrkamp
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Seitenzahl: 276
  • Ersterscheinung: 09.07.2018
  • ISBN: 9783518468869
Lindsey Fitzharris

Der Horror der frühen Medizin

Joseph Listers Kampf gegen Kurpfuscher, Quacksalber & Knochenklempner
Volker Oldenburg (Übersetzer)

Grausig sind die Anfänge der Medizin: Leichenraub, blutige Operationen wie Kirmesspektakel, Arsen, Quecksilber, Heroin als verschriebene Heilmittel. Mitte des 19. Jahrhunderts ist das Unwissen der Ärzte sagenhaft, wie sie praktizieren, ein einziger Albtraum. Bis ein junger Student aus London mit seinen Entdeckungen alles verändert … Lindsey Fitzharris erzählt vom Leben dieses Mannes und vom Horror, den ein einfacher Arztbesuch damals bedeutete – schaurig, unterhaltsam, erhellend.

Als Joseph Lister 1844 sein Studium in London beginnt, ist die medizinische Versorgung der Bevölkerung desaströs: Die Krankenhäuser sind überfüllt und verseucht. Um aufgenommen zu werden, müssen Patienten genug Geld für die eigene Beerdigung mitbringen. In den Operationssälen arbeiten Chirurgen in Straßenklamotten vor schaulustigem Publikum. Warum fast alle Patienten sterben, wie sich Krankheiten ausbreiten, darüber herrscht nicht die geringste Einigkeit, nur hanebüchene Theorien. Joseph Lister wird dann Chirurg, er will ganz praktisch helfen. Und von Neugier und hellem Verstand geleitet, entwickelt er eine Methode, die das Sterben vielleicht beenden kann …

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.07.2018

Ein Hoch auf die heutige Hygiene

0

Joseph Lister, Chirurg im viktorianischen England, war Pionier im Bereich der antiseptischen Chirurgie. Er erkannte, dass viele lebensgefährliche Krankheiten wie Wundbrand, zu dem Abszesse und die Sepsis ...

Joseph Lister, Chirurg im viktorianischen England, war Pionier im Bereich der antiseptischen Chirurgie. Er erkannte, dass viele lebensgefährliche Krankheiten wie Wundbrand, zu dem Abszesse und die Sepsis (Blutvergiftung) gehören, von Mikroorganismen verursacht werden. Durch die Einführung der Antisepsis und die Optimierung der Hygiene konnte er die Sterblichkeitsrate nach Operationen deutlich senken.

Um diesen Joseph Lister, seinen Werdegang und die damaligen Lebens- und Arbeitsumstände geht es in „Der Horror der frühen Medizin“. Dabei handelt es sich nicht um eine trockene Biografie, sondern um ein sehr unterhaltsames Buch, das sich quasi in einem Rutsch lesen lässt. Voraussetzung für Vergnügen mit diesem leicht makaberen Lesespaß ist, dass ein grundsätzliches Interesse an der Thematik besteht und sich der Leser nicht von drastischen, blutigen und auch manchmal ekligen Schilderungen abschrecken lässt. Die damaligen Hygienebedingen waren eben sehr rudimentär, um es freundlich auszudrücken, was zur Folge hatte, dass Krankheiten mit übelsten Symptomen grassierten. Diese Symptome und die damaligen Umstände werden nahezu genüsslich, mit einer Prise schwarzen Humors versehen, von der Autorin geschildert.

Der Leser taucht ein in das viktorianische England, in dem die Städte plötzlich dank der industriellen Revolution noch dichter besiedelt waren, die Krankheiten sich dadurch rasant verbreiten konnten und sich auf den Friedhöfen die Leichen stapelten. Leichenräuber hatten aufgrund des Wissensdursts der Chirurgen bis zu einer Gesetzesänderung Hochkonjunktur, nicht selten wurde beim Sterben nachgeholfen, damit frische Leichen geliefert werden konnten. Die Krankenhäuser waren so überfüllt, dass totkranke Menschen, denen nicht mehr geholfen werden konnte, abgewiesen wurden. Operiert wurde auf Tischen, die nicht oder nur notdürftig gereinigt wurden. Wie auf den Kitteln der Chirurgen trocknete dort einfach das Blut und der Eiter der Patienten auf der Oberfläche ein.

Eine Passage, die ich besonders eindrucksvoll fand, gibt meiner Meinung nach sehr passend den Grundtenor dieses Buchs wieder. In dieser Szene geht es um Robert Liston, einem Chirurgen, der ein Star seiner Zukunft war. Liston war für seine Schnelligkeit beim Amputieren berühmt, die nötig war, da es zu diesem Zeitpunkt noch keine Anästhesie gab. „Sein berühmtestes (allerdings nicht eindeutig belegtes) Missgeschick unterlief ihm, als er während einer Operation so rasant das Messer schwang, dass er seinem Assistenten drei Finger abtrennte und einem dabeistehenden Zuschauer den Rock aufschlitzte. Der unglückliche Zuschauer erlitt vor Ort einen tödlichen Schreck, Assistent und Patient starben später an Wundbrand. Es handelt sich um die einzige Operation in der Medizingeschichte mit einer Mortalität von dreihundert Prozent.“ Wer sich von selchen Schilderungen nicht abschrecken lässt, wobei diese noch harmlos sind, und den morbiden Humor zu schätzen weiß, dem sei dieses Buch wärmstens ans Herz gelegt.

Ausnahmsweise möchte ich auch das Buchcover erwähnen. In meinen Augen ist dieses optimal gewählt, denn ohne dieses Cover wäre ich überhaupt nicht auf dieses Buch aufmerksam geworden, da ich vorrangig Unterhaltungsliteratur lese.

Veröffentlicht am 15.05.2019

Schaurig und faszinierend zugleich

0

Ich bin eigentlich durch und durch Fantasyleserin. Dennoch schaue ich hin und wieder gerne über meinen Tellerrand hinaus, was sich auch häufig schon gelohnt hat, so auch in diesem Fall. Ich kann gar nicht ...

Ich bin eigentlich durch und durch Fantasyleserin. Dennoch schaue ich hin und wieder gerne über meinen Tellerrand hinaus, was sich auch häufig schon gelohnt hat, so auch in diesem Fall. Ich kann gar nicht genau sagen warum, aber sobald ich dieses Buch erblickte und den Inhaltstext las, wollte ich es lesen. Die positiven Meinungen, die sagten es lese sich mehr wie ein Roman, als wie eine Biografie, verstärken diesen Wunsch nur noch.

Meine Meinung:


Die Biografie, die sich nicht wie eine solche liest
Als Erstes kann ich den bereits erwähnten Stimmen nur zustimmen. Der Horror der frühen Medizin ist das ideale Buch für all diejenigen, die Biografien eigentlich nicht mögen, es aber trotzdem mal mit einer probieren möchten. Lindsey Fitzharris versteht es meisterlich Spannung und Gänsehaut selbst bei trockneren Themen zu erzeugen. Ihr Stil ist locker, leicht sarkastisch und an manchen Stellen fast schon reißerisch, aber nicht so weit, dass es zu inszeniert wirkt. Man merkt, sie will nicht nur informieren, sondern vor allem auch unterhalten und das gelingt ihr mit ihrem Stil ausgesprochen gut.

Wie ein Besuch im Horrorhaus
Für die erwähnte Gänsehaut, sorgt in erster Linie das Thema. Der Titel des Buches ist nicht verfehlt und die Autorin beschreibt alle Gräuel der frühen Medizin überaus detailliert. Wenn gärende offene Wunden, Operationen bei vollem Bewusstsein und sich ausbreitende Seuchen detailliert beschrieben werden, ist das nichts für schwache Nerven, übt für den Leser dennoch eine makabrere Faszination aus, der auch ich mich nicht entziehen konnte.
Wenn man dann noch liest wie die damaligen Ärzte es nicht für nötig hielten sich oder ihre Instrumente zu waschen und den Zusammenhang von schlechter Hygiene und Seuchen kaum begreifen konnten, schüttelt es sich einem nur noch. Dazu reagierten die damaligen Ärzte auf neue Ansätze, wie Drachen, denen man ihren Schatz wegnehmen will: starrköpfig und pampig nach dem Motto "Mimimi, ich habs aber immer schon so gemacht und ändere das jetzt nicht". Der Untertitel suggeriert, dass Lister sich mit Quacksalbern auseinandersetzten muss, aber eigentlich sollte der Titel lauten: Joseph Listers Kampf gegen starrköpfige, stolze, alte Männer. Alles in allem ist man bei der Lektüre des Buches heilfroh in der heutigen Zeit mit Antibiotika und Desinfektionsmittel zu leben.

Überhaupt entzaubert Fritzharris die romantisierte Darstellung des 19. Jahrhunderts gewaltig. Nichts mit dem idyllischen Landleben oder der aufregenden Stadt, wie man sie z.B. in Austens Romanen findet. Die Autorin sagt wie es ist: Dreckig, und zwar gewaltig. Dabei zeichnet sie fast schon nebenbei nicht nur das faszinierende Portrait eines Mannes, der sich diesem Bedingungen entgegenstellt, sondern gleich auch noch das einer Gesellschaft, die buchstäblich in ihrem eigenen Dreck versinkt.

Das einzige kleine Manko, dass ich habe ist, das die Autorin hin und wieder dazu tendiert abzuschweifen. In 99% der Fälle sind es interessante Ergänzungen, aber wenn dann Joseph Listers neue Möblierung genau unter die Lupe genommen wird, fragt man sich schon, ob das jetzt so wichtig ist.

Fazit:


Dieses Buch ist schaurig und faszinierend zugleich. Es gleicht einem Besuch im Horror Haus, bei dem man sogar noch Etwas lernt. Die Autorin versteht es Informationen interessant und spannend zu verpacken und sich eine Biografie, wie einen Roman anfühlen zu lassen.

Veröffentlicht am 26.07.2018

Die Medizin des 19. Jahrhunderts

0

Der Roman „Der Horror der frühen Medizin“ von Lindsey Fitzgerald ist mit dem Untertitel „Joseph Listers Kampf gegen Kurpfuscher, Quacksalber & Knochenklempner“ im Suhrkamp Verlag erschienen.
Die Medizin ...

Der Roman „Der Horror der frühen Medizin“ von Lindsey Fitzgerald ist mit dem Untertitel „Joseph Listers Kampf gegen Kurpfuscher, Quacksalber & Knochenklempner“ im Suhrkamp Verlag erschienen.
Die Medizin im 19. Jahrhundert ist mit der heutigen Medizin kaum noch zu vergleichen. Das Unwissen der Ärzte, die Operationsmethoden und die gängigen Heilmittel kann man sich so kaum noch vorstellen. Schmutz und Parasiten waren in den Krankenanstalten weit verbreitet und hygienisches Arbeiten war nahezu unbekannt. Nachdem die Autorin die Begebenheiten der Medizin im viktorianischen England beschrieben hat, widmet sie sich der Biografie eines herausragenden Chirurgs, Joseph Lister. Lister hat sich zum Ziel gesetzt dem Sterben der Patienten ein Ende zu bereiten. Von seinen Kollegen, wegen seiner Erkenntnisse der notwendigen Hygiene, belächelt darf er am Ende sogar die Queen selbst behandeln.
Ich arbeite selbst im Gesundheitswesen und kann das Buch, das die Medizin des 19. Jahrhunderts ungeschönt beschreibt, wirklich weiterempfehlen. Operationen und Wunden werden so bildhaft geschildert, dass ich beim Lesen sogar den Wundbrand riechen konnte. Besonders gefallen hat mir auch der realistische Einblick in die Lebensumstände der Londoner im viktorianischen Zeitalter. Dank „Der Horror der frühen Medizin“ konnte ich unsere Hygienerichtlinien und Standards wieder zu schätzen lernen.

Veröffentlicht am 09.04.2022

Informativ und interessant

0

Zu Anfang dachte ich aufgrund des Titels das es eine allgemein gehaltene Erzählung über die Medizin der früheren Jahre ist. Das kleingedruckte, das es sich m einen bestimmten Mann dreht, hab ich gekonnt ...

Zu Anfang dachte ich aufgrund des Titels das es eine allgemein gehaltene Erzählung über die Medizin der früheren Jahre ist. Das kleingedruckte, das es sich m einen bestimmten Mann dreht, hab ich gekonnt überlesen ;)

nichts desto trotz war das buch sehr unterhaltsam, lehrreich und faszinierend. nicht ganz so Horrormäßig wie gedacht, aber doch erschreckend engstirnig. Vor allem der Gedanke der doch so intelligenten Männer "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht". Nach dieser Lektüre frag ich mich wie die Wissenschaft eigentlich so weit vorankommen konnte, wenn es doch so viele engstirnige verklemmte dumme Menschen gab. Welche der Entwicklung und Verbesserung so sehr im Weg standen.
Diese buch gab dies sehr eindrucksvoll wieder. Zwar ein Sachbuch, aber definitiv nicht langweilig. Sondern mit den kurzen privaten Anekdoten wurde es gut aufgelockert. Wobei es gut möglich ist das einige welche medizinische Begriffe nicht so gut verstehen eventuell Probleme bekommen können. Aber ich fande es sehr unterhaltsam und würde gerne mehr aus diesem Bereich lesen. Eventuell wirklich einmal aus dem Mittelalter.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.08.2018

In charmanter Weise durch grausame Zeiten

0

Erster Satz

Hunderte von Männern strömten am 21. Dezember 1846 in den Operationssaal des University College Hospital, wo sich der berühmte Chirurg Londons anschickte, sein Publikum mit einer Oberschenkelamputation ...

Erster Satz

Hunderte von Männern strömten am 21. Dezember 1846 in den Operationssaal des University College Hospital, wo sich der berühmte Chirurg Londons anschickte, sein Publikum mit einer Oberschenkelamputation zu fesseln.

Meinung

Grausig und unhygienisch ist der Operationssaal zu den Zeiten, als der junge Lister seinem Studium als Chirurg nachgeht. Die Krankenhäuser sind verseucht von Krankheit und Tod, nur wenige Patienten überleben einen Aufenthalt dort. Noch weiß der Student nicht, dass seine Entdeckungen vielen das Leben retten wird und den Beruf des Chirurgen von Grund auf ändern wird.

Ein personaler Erzähler bringt dem Leser das Leben Joseph Listers näher und holt dabei auch mal weiter aus. Auch andere medizinisch wichtige Errungenschaften der damaligen Zeit werden aufgegriffen. Die Autorin hat viele verschiedene Informationen eingeholt und schreibt in flüssiger und charmanter Art über die eher grausigen Zeiten. Dabei sind komplexere Themen gut zu verstehen und wecken Interesse.
Das Leben des eher unbekannten Chirurgen Joseph Lister steckt voller Rückschlägen und Enttäuschungen. Oftmals muss er mit beruflichen Absagen kämpfen und mit der Sturheit der alteingesessenen Chirurgen Großbritanniens, die immer wieder Skepsis an seinen Theorien hegen. Durch seine Beharrlichkeit ließ er sich jedoch nie unterkriegen, ging seinen Weg und änderte mit seinen Erkenntnissen nicht nur seinen Beruf, sondern auch die Sterblichkeitsrate in Krankenhäusern des 19. Jahrhunderts zum Besseren.

Fazit

Lindsey Fitzharris hat eine interessante, leichte und selbst für Laien verständliche medizinische Biografie über einen eher unbekannten Chirurgen im 19. Jahrhundert geschrieben. Besonders die doch eher nebensächlichen kleinen Fakten haben mir gut gefallen. 4 Sterne