Lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück - aber spannend war's!
Inhalt
In einer Welt, die nach einer globalen Katastrophe fast zerstört wurde, lebt die junge Amat mit ihrer Familie in einem kleinen Dorf voll Sammler und Jäger. Jeder Tag ist ein Kampf ums Überleben. ...
Inhalt
In einer Welt, die nach einer globalen Katastrophe fast zerstört wurde, lebt die junge Amat mit ihrer Familie in einem kleinen Dorf voll Sammler und Jäger. Jeder Tag ist ein Kampf ums Überleben. Als das Dorf eines Tages von Mutanten überrannt wird und fast alle Einwohner umgebracht werden, gelingt Sorrel nur knapp die Flucht, während ihr kleiner Bruder Eli und ihre grosse Liebe David verschleppt werden. Für Sorrel ist klar, sie muss die beiden retten. Doch die Reise, die sie antritt, steckt voller Schrecken und bald ist Sorrel selber in grösster Gefahr...
Meine Meinung
Der Klappentext hatte mich direkt angesprochen und ich habe mich mit viel Vorfreude in das Abenteuer gestürzt. Der Schreibstil ist im Grossen und Ganzen angenehm gehalten, auch wenn ich mir manchmal mehr Personalpronomen gewünscht hätte und es von Vorteil wäre, wenn die Grammatik nochmals geprüft würde (vor allem Fallfehler sind mir des Öfteren aufgefallen - nicht übermässig, aber mich haben sie dennoch gestört).
Sorrel lebt mit ihrer Familie in Amat, einem kleinen Dorf, ein einfaches aber gutes Leben. Bis die Mutanten kommen, das Dorf plündern, die Erwachsenen ermorden und die jungen, gesunden Einwohner verschleppen. Sorrel, der die Flucht gelungen ist, will sich nun auf die Suche nach ihrem Bruder und ihrer grossen Liebe machen, doch sie gerät selber in Gefangenschaft und muss feststellen, dass die Welt da draussen noch viel schlimmer ist als erwartet - und dass neue Freunde manchmal an den unerwartetsten Stellen auftauchen.
"Dunkle Welt" begleitet abwechslungsweise Sorrel und David, was mir gut gefallen hat, vorallem weil fast nach jedem Abschnitt die Spannung noch grösser war und das den Lesefluss positiv beeinflusst hat. Die Geschichte ist in zwei Teile unterteilt, wobei ich bis jetzt noch nicht weiss, welchem Zweck der erste Teil dient, während der zweite Teil einfach so spannend und packend und dramatisch war, dass ich am liebsten direkt mit Band 2 weitergefahren hätte.
Ich muss zugeben, das Buch und ich haben eine Hassliebe entwickelt. Einerseits haben mich viele Szenen verstört - klar gehört das Häuten von Tieren zum Überleben, aber war der detaillierte Beschrieb wirklich nötig? Die Szenen, die Sorrel's Gefangenschaft behandeln gehören ebenfalls der verstörenden Sorte an, denn sie wird begrapscht und betatscht, was das Zeug hält. Zeitweise hatte ich mich gefragt, welchem Zweck diese Szenen dienen, und ich habe bis zum Schluss keine andere Antwort gefunden, als diese: Die Autorin mag es, ihre Protagonisten zu quälen.
Die Geschichte hat mich auch etwas ratlos zurück gelassen. Viele Handlungsstränge bleiben noch offen, ebenso sind viele Fragen nicht beantwortet. Oft konnte ich auch die Handlungen der Protas nicht nachvollziehen und ich weiss jetzt noch nicht, warum Sorrel sich nicht mehr für ihr Muttermal interessiert, das doch eine beachtliche Rolle spielt.
Andererseits war es wirklich spannend. Herzklopfenmässig spannend. Immer wieder habe ich mitgefiebert und mitgelitten und obschon ich zwei, drei Mal versucht war, abzubrechen, hat es mich dann doch packen können und meine Neugier geweckt.
Setting
"Dunkle Welt" spielt in einer zukünftigen Version unserer Welt - nach einem totalen Kollaps der Gesellschaft. Die Menschen sprechen zwar noch von "Davor", aber niemand hat es noch selber erlebt und niemand weiss, ob es nicht doch Märchen sind. Das Worldbuilding fand ich sehr gelungen. Die Welt, in der Sorrel lebt, ist fast ein wenig zu den Ursprüngen zurückgekehrt: Jagen, Sammeln, Kämpfen, keine Technik, nacktes Überleben. In manchen Gemeinschaften ist auch die Unterdrückung der Frau wieder zurückgekehrt und in anderen werden Sklaven verschachert. Und natürlich gibt es die eine oder andere religiös gesinnte Gruppierung.
Ein Nebeneffekt des Kollapses sind die Mutanten, oder wie die Menschen aus Amat sie nennen: "Nicht Lebensfähigen". In Amat werden diese schon kurz nach der Geburt erstickt, in anderen Orten dürfen sie Leben, werden aber mit Abscheu und Missgunst behandelt.
Sowohl das Worldbuilding als auch das Setting konnten mich überzeugen und ebenso die einzelnen Gruppierungen, die wirklich authentisch herübergekommen sind.
Charaktere
Sorrel ist ein junges Mädchen auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Sie widersetzt sich ihrer Mutter, hat aber trotzdem eine sehr enge Bindung zur Familie, sie ist verliebt und sie will die Welt sehen. Natürlich ist sie als Teenager etwas zickig, stur und oft gar naiv. Und auch wenn ich Mitleid mit ihr hatte, habe ich sie oft nicht verstehen können. Was mir aber gut gefallen hat, ist, dass sie ihr Denken über die Mutanten nach und nach hinterfragt und ändert, ihre Vorurteile versucht über Bord zu werfen. Und ganz am Schluss hat sie doch eine beachtliche Wandlung vollzogen.
David ist in Sorrel's Alter und ebenfalls aus Amat. Er ist stur und starrköpfig, aber auch ein Kämpfer. Dennoch bleibt er sehr flach und vor allem seine Gefühle kommen viel zu wenig zum Ausdruck. Das einzige Gefühl, das er offenbar immer wieder hat, ist Hass. Was ihn nicht gerade sympathisch macht.
Die Charaktere des Buches sind teilweise gut gelungen, teilweise etwas überzeichnet und fad, zum Teil aber auch erschreckend realistisch, wie der Fanatiker Martin. Mein liebster Charakter ist aber Einstein. Er ist einfach ein wunderbarer Protagonist und Freund. Trotz allen Widrigkeiten, trotz allen Vorurteilen ist er loyal und stets freundlich.
Fazit
"Dunkle Welt" lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück. Einerseits ist der Stil etwas speziell, die Szenen etwas gar eklig, vieles macht (noch?) nicht Sinn und die Charaktere sind teils etwas flach. Andererseits überzeugt es mit einem grossartigen Worldbuilding, viel Spannung und viel Dramatik.