MarenKahl
MITGLIED SEIT 15.03.2017
Outside of a dog, a book is man's best friend. Inside of a dog it's too dark to read.
Groucho Marx
Zum Welttag des Buches lud der Bastei Lübbe Verlag im April eine Schulklasse zu einer Veranstaltung unter dem Motto „Wie entsteht eigentlich ein Kinderbuch?“ ein. Eine Lektorin aus dem Kinderprogramm erklärte dabei spielerisch den Weg von der Idee zum fertigen Buch und während einer Rallye durchs Haus lernten die Kinder einzelne Abteilungen kennen. Und auch wenn ich ungefähr doppelt so groß war wie die anderen Teilnehmer (und unbedeutend älter), habe ich mich unter die Klasse gemischt, um mir ein paar Notizen zu machen und Fotos zu schießen. Denn ich war ebenfalls neugierig auf die Abläufe hinter den Kulissen und hab einiges Neues erfahren, was ich euch natürlich nicht vorenthalten möchte.
Kennt ihr die Bücher von Ralf Butschkow? Der Illustrator hat eine ganze Reihe Suchspaß-Wimmelbücher gestaltet, die Kindern ab 4 Jahren jede Menge Freude bereiten. In den detailreichen Bildern verstecken sich kleine Fehler, die es zu entdecken gilt.
Da wird das Brot mit einer Säge in Scheiben geschnitten, ein Schneemann aus Gras gebaut und das Cello mit einem Brotmesser gespielt. Mein Neffe liebt diese Bücher, in seinem Kindergarten gibt es jede Menge Ausgaben. Und auch die Grundschüler hatten viel Spaß mit den Wimmelbildern. Kaum hielt die Lektorin das Buch in der Hand, drängten sich die Schüler um sie und suchten hektisch nach Fehlern. Allein für diesen Moment hat sich die Veranstaltung schon gelohnt: Wenn eine ganze Schulklasse sich auf ein Buch stürzt, geht mir als Leser das Herz auf. Es stimmt einfach nicht, dass sich Kinder nicht mehr für Bücher begeistern können.
Bevor er für den Baumhaus Verlag tätig wurde, hat Ralf Butschkow auch schon bei Carlsen erfolgreich Bücher veröffentlicht. Mit der Reihe „Ich habe einen Freund/eine Freundin“ bringt er kleinen Kindern die verschiedensten Berufe nah. Als er dann Baumhaus seine Wimmelbuch-Idee vorstellte, stieß diese sofort auf Begeisterung. Die Reihe würde wunderbar ins Programm passen und so wurde ein Vertrag ausgehandelt. Dabei wurden nicht nur das Honorar und die Menge an Freiexemplaren festgelegt, sondern auch die Anzahl der Zeichnungen und der Termin, zu dem alle Inhalte fertig sein mussten. Auch die Nutzungsrechte und Leistungen, die beide Seiten zu erbringen haben, sind typischerweise Bestandteil von Verlagsverträgen.
Im Februar erschien nun Butschkows neuestes Kinderbuch bei Baumhaus „Was ist das denn für eine Jahreszeit?“ – ein Bilderbuch über Frühling, Sommer, Herbst und Winter, bei dem sich, wie auch bei den Vorgängerbänden, alles um die Fehlersuche dreht. Am Anfang jedes Buches steht für Butschkow das Brainstorming. Mit Bleistift und Papier bewaffnet lässt er seinen Ideen freien Lauf, kritzelt erste Entwürfe, bringt kleine Szenen zusammen und entwickelt nach und nach ein Konzept.
Wenn er eine genauere Vorstellung vom Gesamtbild hat, nimmt er sich ein neues Platt Papier und fertigt eine Skizze an. Bevor es dann an den Feinschliff geht, schickt er das Bild an die Lektorin.
Diese prüfte das Bild: Sie schaut nicht nur, ob das Arrangement stimmig ist und zur Idee des Buches passt, sondern in diesem Fall auch, ob genügend Fehler verteilt und diese gut zu finden sind. Mit Anmerkungen geht die Skizze wieder zurück an den Illustrator, der sich nun an eine saubere Zeichnung mit Tusche setzt und diese anschließend mit Farbe versieht.
Doch auch dann können noch kleine Details auffallen, die geändert werden müssen. Auf dem Bild, das eine Schneelandschaft mit Ski- und Schlittenfahrern zeigt, ist die Hauptfigur Lisa zu sehen, die mit Skiern den Berg herunterfährt. Auf dem ursprünglichen Bild trug sie allerdings keinen Helm – ein Detail, das der Lektorin ins Auge sprang und das Butschkow noch änderte. Im fertigen Buch trägt Lisa nun eine Kopfbedeckung.
Nun müssen Texte und Bilder zusammengefügt werden. In der Regel übernimmt dies ein externer Grafiker, der auch Vorschläge für die passende Schrift macht. Wenn das endgültige Layout von Lektorat und Herstellung abgesegnet ist, gestaltet der Grafiker das Buch durch. Müssen in den Illustrationen noch kleine Korrekturen vorgenommen werden, kann der Grafiker dies oft direkt im Computerprogramm erledigen. Dann werden alle Seiten ausgedruckt, um den Innenteil auf Fehler zur prüfen: Sind auch keine Rechtschreibfehler im Text oder falsche Umbrüche, passen die Zeichnungen bei Doppelseiten exakt aneinander, stimmt die Reihenfolge usw. Erst wenn sichergestellt ist, dass der Innenteil komplett fehlerfrei ist, werden die Daten an die Druckerei geschickt, die alles in gewünschter Menge (Wie viele Bücher produziert werden, hängt vor allem von der Verkaufserwartung ab. Es muss eingeschätzt werden, wie relevant ein Titel für den Markt ist und wie die Konkurrenztitel aktuell aussehen.) auf Papier druckt und anschließend wieder an die Herstellungsabteilung zurückschickt. Erneut werden die Ausdrucke geprüft. Hier seht ihr beispielsweise den Ausdruck von „Die kleine Spinne Widerlich“ von Diana Amft. Abschließend werden Innenteil und Umschlag (der mit Pappe stabilisiert wird – bei Kinderbüchern muss dieser ja möglichst robust sein) gebunden. Und die Bücher sind fertig.
Der Vertrieb muss sich nun darum kümmern, dass die Bücher auch ihren Weg zum Leser finden. Er fungiert als Bindeglied zwischen dem Verlag als Produzenten und dem Handel als Verkäufer. Neben der klassischen Buchhandlung verhandelt er auch mit Onlineshops und Buchgemeinschaften. Zudem arbeitet er eng mit der Marketingabteilung zusammen. Gemeinsam wird überlegt, welche Maßnahmen ergriffen werden, um möglichst viele Kunden zu erreichen und Bücher zu verkaufen. Hier gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten: angefangen bei Anzeigen in passenden Zeitschriften über Plakatwerbung oder Social-Media-Aktionen bis hin zu groß angelegten Guerilla-Maßnahmen. Da sich Wimmelbücher im Internet großer Beliebtheit erfreuen und vor allem auch dort gut verkaufen, wurde bei Butschkow zusätzlich auf Amazon eine Anzeige geschaltet.
Dass die Suchspaß-Wimmelbücher von Butschkow nicht nur Kinder in Deutschland begeistern würden, dachte sich auch die Lizenzabteilung und bot die Titel verschiedenen Verlagen im Ausland an. Mittlerweile ist der erste Band der Reihe "Da stimmt doch was nicht" in 24 Ländern erschienen – darunter zum Beispiel in Lettland, Griechenland, der Mongolei, den USA und Finnland. Und wie ihr seht blieb es bei (fast) allen Ausgaben bei dem Original-Cover („Die wilden Kerle“ haben sich einfach dazwischen gemogelt – bitte ignoriert das. ;-)).
Die Lizenzabteilung war unsere letzte Station und die Schulklasse machte sich auf den Rückweg. Ich selbst habe einige neue Bereiche des Verlags kennengelernt und bin mit vielen Ideen für weitere Artikel an meinen Schreibtisch zurückgekehrt, z.B. „Wie entsteht eigentlich ein Cover?“, „Wie entdecken Lektoren neue Autoren?“ oder „Wie sieht die Arbeit eines Vertriebsmitarbeiters aus?“
Verratet uns doch mal, welche Themen euch noch interessieren würden!
MITGLIED SEIT 15.03.2017
Outside of a dog, a book is man's best friend. Inside of a dog it's too dark to read.
Groucho Marx
Mitglied seit 16.08.2016
Veröffentlicht am 15.05.2018 um 09:20 Uhr
Was für eine tolle Aktion.
So werden Bücher nicht nur Nutzdinge sondern erfahren Wertschätzung über die Arbeit, die da drin steckt.
Und der Artikel hier macht fast neidisch nicht dabei gewesen zu sein. Danke für den Einblick.
An Themen würde mich interessieren:
Das Papier, der Druck/ die Farben wo kommen die her? Wie viel Wert wird bei der Herstellung von Büchern auf Umweltschutz gelegt, auf Nachhaltigkeit?
Veröffentlicht am 15.05.2018 um 09:42 Uhr
Was für ein toller, ausführlicher Artikel, dankeschön
Und was für niedliche Bücher, ich glaub, da muss ich mal welche für meine Neffen besorgen
______________________________
Besonders interessant fände ich vor allem die Arbeit eines Lektors, wie sieht sein Tagesablauf aus, betreut er feste Autoren, liest er auch Manuskripte noch unbekannter Autoren, die "blind" beim Verlag eingereicht werden? Werden die überhaupt alle gelesen / geprüft - das müssen ja hunderte pro Woche sein?
Wer entscheidet bei einem beliebigen Roman, wie das Cover aussehen wird, hat der Autor da ein Mitsprache- oder Vetorecht, wenn er / sie das gar nicht gut findet?
Oooder: Wer schreibt eigentlich die Klappentexte, und kennen diese Mitarbeiter dann wirklich das ganze Buch ? (Die Frage kommt ja immer mal wieder auf, wenn ein Klappentext zu einem anderen Buch zu gehören scheint, oder viel zu viel über den Inhalt ausplaudert zum Beispiel )
Bei der Leserunde zu "Totenweg" haben wir ja ein richtig dickes Paket bekommen, und da war auch nachzulesen, welche Werbeaktionen für diesen Titel durchgeführt werden. Dort bin ich zum ersten Mal über eine solche Guerilla-Marketing-Maßnahme gestolpert (Kanaldeckel-Werbung - leider wohne ich abseits und habe selbst keinen gesehen ), die ich wirklich genial fand. Von daher wären bestimmt auch die Aufgaben der Marketingabteilung sehr interessant...
Ich glaube, mir würden da echt tausend Themen einfallen, über die ich gerne mehr erfahren möchte
Veröffentlicht am 15.05.2018 um 14:45 Uhr
Das Papier, der Druck/ die Farben wo kommen die her? Wie viel Wert wird bei der Herstellung von Büchern auf Umweltschutz gelegt, auf Nachhaltigkeit?
Das interessiert mich auch. Da die Bücher sehr bunt sind, ist die Farbe pure Chemie?
Was für Papier ist es?
Veröffentlicht am 15.05.2018 um 14:47 Uhr
Dieser Artikel ist mal wieder sehr toll. Mir gefällt die Nachbearbeitung, das sehr interessant, erst hat das Mädchen keinen Helm auf, was ja ein großer Fauxpax ist. Zum Glück gibt es da Personen, wie die Lektorin, die solche Fehler korrigieren. Was hätten Eltern sonst für Probleme, wenn das eigene Kind einen Helm aufziehen soll, aber im Buch ist das Mädel ohne.
Die Wimmelbilder und Ausmalbilder sind sehr niedlich und schön gezeichnet.
Veröffentlicht am 15.05.2018 um 18:03 Uhr
Sehr interessant, danke für den tollen Artikel!
Mich würde noch interessieren, wie ihr auf neue Autoren aufmerksam werdet, bzw. wie das läuft, wenn jemand euch ein Manuskript zuschickt. Wer liest das dann und welche Schritte werden unternommen, damit man feststellt, ob das Buch ins Programm passt, bzw. überhaupt was taugt
Veröffentlicht am 15.05.2018 um 18:04 Uhr
Wer entscheidet bei einem beliebigen Roman, wie das Cover aussehen wird, hat der Autor da ein Mitsprache- oder Vetorecht, wenn er / sie das gar nicht gut findet?
oh ja, das würde mich auch interessieren. Manchmal passen die Cover ja wunderbar, manchmal so gar nicht.
Und wer für den Klappentext verantwortlich ist
Veröffentlicht am 15.05.2018 um 18:05 Uhr
Zum Glück gibt es da Personen, wie die Lektorin, die solche Fehler korrigieren
da wäre ich jetzt nie drauf gekommen, dass die Lektoren für solche Dinge auch verantwortlich sind. Da muss man schon genau hinschauen.
Veröffentlicht am 15.05.2018 um 19:34 Uhr
da wäre ich jetzt nie drauf gekommen, dass die Lektoren für solche Dinge auch verantwortlich sind. Da muss man schon genau hinschauen.
Das war mir auch nicht klar, ich dachte, die wären nur für die Texte zuständig. Bei KInderbüchern ist es sicher wichtig auch auf diese Kleinigkeiten zu achten. Ich weiß gar nicht, ob mir das aufgefallen wäre mit dem Helm. Ich bin ohne Fahrradhelm aufgewachsen, das gab es damals noch nicht, bzw. war selten verbreitet.
Veröffentlicht am 15.05.2018 um 22:31 Uhr
erst einmal danke für den schönen Artikel, ich kann mich noch gut an die Serie "mein Freund/meine Freundin... erinnern mein Sohn hat heute noch alle Bücher (er ist jetzt 25) und wird sie wohl für seine Kinder aufbewahren.
ich würde gern mehr über die Aufgaben des Lektors erfahren
Mitglied seit 15.06.2016