Grandioser Auftakt
Habt ihr schon mal über einen Jobwechsel nachgedacht? Ich bei der Lektüre von „Fremder Tod“ tatsächlich immer wieder. Allerdings stellte ich mir beim Lesen auch schon die Frage, ob meine detektivischen ...
Habt ihr schon mal über einen Jobwechsel nachgedacht? Ich bei der Lektüre von „Fremder Tod“ tatsächlich immer wieder. Allerdings stellte ich mir beim Lesen auch schon die Frage, ob meine detektivischen Meisterleistungen wohl den Lebensunterhalt als Nachlasspflegerin sichern würden. Trotzdem, die junge Nachlasspflegerin Jana Welzer hat mich vollkommen begeistert. Und ihr Berufsbild hat definitiv Zukunft, denn gestorben wird wohl immer.
Als Jana Welzer nach dem Tod Rainer Hauptmanns dessen Nachlass pflegen soll, scheint der Fall zunächst eindeutig: Selbstmord. Doch schnell wird klar, dass nicht nur in der Wohnung des Toten einiges nicht stimmt. Als Jana ihre Ermittlungen aufnimmt, um mögliche Erben ausfindig zu machen, wirft der Fall immer mehr Fragen auf. Je tiefer sie in Hauptmanns Leben eintaucht, umso mehr Ungereimtheiten kommen ans Tageslicht, die zwar zunächst noch keinen Schluss auf das große Ganze zulassen, aber ernsthafte Gefahren bergen.
Ich mag Kriminalromane. Ich mag Ermittlungsarbeit. Aber ich gebe zu, auf Dauer ist es manchmal ziemlich langweilig, wenn eine Story hauptsächlich durch die Ermittler erzählt wird und die einzige Frage lautet: „Wer ist der Mörder und warum?“. So ist es NICHT in „Fremder Tod“! Michael Kibler schafft es, Ermittlungsarbeit neu, spannend und ohne große Special Effects zu erzählen. Und das meine ich in jeder Hinsicht positiv. Die in ihrer Klarheit strukturierte Vorgehensweise der Nachlasspflegerin lässt die LeserInnen von Anfang bis Ende miträtseln. Aus einer ganz anderen Perspektive. Denn im Mittelpunkt steht nicht explizit ein mögliches Verbrechen, sondern die Frage, wer die verstorbene Person ist und welches Leben sie geführt hat. Der Kriminalaspekt kommt dabei trotzdem nicht zur kurz.
Seine Figuren zeichnet Kibler detailliert, facettenreich und realistisch. Mit ihren Ecken und Kanten sind vor allem Jana, aber auch ihre Familie und Freunde wahre Sympathieträger. Darüber hinaus erscheint jede noch so kleine Rolle durchdacht und glaubwürdig. Außerdem schafft es Kibler durch seinen lockeren und intelligenten Umgang mit Sprache, eine Spannung aufzubauen, die die Handlung schnell vorantreibt. Zielführend streut er hier und da Hinweise, die aber nie zu viel verraten und final in einer wirklich guten Auflösung des Falls gipfeln. Für mich ein Lesehighlight 2020!
Persönliches Fazit: Michael Kibler hat in seinem Kriminalroman „Fremder Tod“ Ermittlungsarbeit von einer ganz neuen Seite beleuchtet, mit Erfolg! Ich fand es unglaublich spannend, zu sehen, wie eine Nachlasspflegerin und ein Erbenermittler arbeiten und dem Verbrechen auf ihre ganz eigene Weise auf die Spur kommen. Jana und Ben könnten ein großartiges Ermittlerteam werden. Ich bin nach diesem grandiosen Auftakt jedenfalls sehr gespannt auf den nächsten Fall der beiden. Krimi-Fans lege ich diesen Roman daher sehr ans Herz.