Ein großartiger Debütroman inspiriert von historischen Ereignissen voller Spannung und Manipulation
>>Das Portal der Römer lauerte über uns wie ein stilles Versprechen. Ein Riss im Himmel, der leise und unheilvoll leuchtete.
>>Das Portal der Römer lauerte über uns wie ein stilles Versprechen. Ein Riss im Himmel, der leise und unheilvoll leuchtete.<<
(Zitat aus 'To Gaze Upon Wicked Gods', S. 73)
Inspiriert von historischen Ereignissen, den Gräueltaten, die sich in der Mandschurei in der Zeit russischer und japanischer Besatzung, zugetragen haben, ist 'To Gaze Upon Wicked Gods' ein wirklich außergewöhnliches Werk von Molly X. Chang. Wie es schon ihr mandachurischer Großvater gemacht hat, aus dem Erlebten Gruselgeschichten von Geistern und Dämonen zu spinnen, macht es auch die Autorin. 'To Gaze Upon Wicked Gods' ist ein fiktives Werk, es erinnert allerdings an Ereignisse, die China während der Zeit der Unterdrückung durchlebt hat. In Mittelpunkt ein junges Mädchen namens Ruying, welche gezwungen ist, sich gegen ihr eigenes Volk - gegen Er-Lang - zu stellen, im Namen des römischen Prinzen Augustus zu töten, um einen drohenden Krieg zwischen den Reichen, zwischen Magie und Wissenschaft, zu verhindern.
Ich mochte Ruying vom Fleck weg gerne. Ihre Familie, ihre Großmutter und ihre Zwillingsschwester Meiya stehen für Ruying an erster Stelle. Für sie tut Ruying wirklich alles, selbst wenn sie dafür ihre eigenen Moralvorstellungen über Bord werden muss. Ruying ist ein Xianling - ein magiebegabter Mensch. In ihrem Blut fließt die Macht des Todes. Diese erlaubt ihr Menschen ihr Qi, ihre Lebensenergie, zu rauben. Als der römische Thronfolger Augustus auf Ruying aufmerksam wird, stellt er sie vor eine folgenschwere Entscheidung. Ruying soll ihm helfen und zu seiner Waffe werden, andernfalls erwarten sie und ihre Familie der Tod und Er-Lang der Untergang.
Molly X. Chang ist es richtig gut gelungen Ruyings Zerrissenheit zu beschreiben. Die Schuldgefühle, die sie plagen, ihre eigene Macht, die sie zu überrollen droht, aber auch die Entwicklung, die Ruying durchmacht, habe ich als sehr intensiv wahrgenommen. Genauso wie die Liebe zu ihrer Familie, aber auch die Zuneigung, die sie für den Prinzen entwicket.
Die Charaktere haben mich tatsächlich am meisten beeindruckt, während ich mit dem Worldbuilding anfangs einige Schwierigkeiten hatte. Die Idee, dass eine fremde Macht über ein Portal die Welt Pangu einnimmt, dieses besetzt und die Menschen unterdrückt, mit Drogen gefügig macht, fand ich schon gut umgesetzt. Bei manchen Beschreibungen musste ich an Stargate denken. Dass es sich die den Besatzern um Römer handelt, musste ich erst Mal in meinem Kopf unterbringen. Römer, die Schusswaffen und Kampfjets bedienen, ist ein Bild, das für mich nicht ganz stimmig ist. Insgesamt hat es mich aber natürlich nicht vom Lesen abgebracht.
Ich wollte wissen welchen Weg Ruying einschlagen wird, was sie aus ihrer von den Göttern verliehenen Macht herausholt. Wie hoch der Preis ist, den sie zahlen muss. Und natürlich was Augustus mit seiner wohl mächtigsten Waffe wirklich vorhat.
Grandios ist auch der Schreibstil der Autorin. Die Gräueltaten sind nüchtern erzählt, wirken dadurch noch brutaler. Die geschickt eingesetzten Sinnspüche und Redewendungen verleihen dem Roman etwas Poetisches und Anmutiges. Alles sehr einnehmend.
Bist du bereit für einen Krieg zwischen Magie und Wissenschaft? Und wie weit würdest du gehen, um jene zu beschützen, die du liebst? Fragen, mit denen man konfrontiert wird, die einen zweifeln lassen und aufrütteln.
Fazit
Ein großartiger Debütroman inspiriert von historischen Ereignissen, voller Spannung und Manipulation. Große Empfehlung!