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»Eine grandiose Neuerzählung der Geschichte von Romeo und Julia« William Boyd
Als Romeo Montague die junge Rosaline Capulet zum ersten Mal sieht, ist er sofort verliebt. Die freiheitsliebende Rosaline wiederum ist empfänglich für Romeos Avancen, denn nach dem Tod ihrer Mutter will ihr Vater sie ins Kloster schicken. Romeo bietet ihr die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben.
Doch nach und nach beginnt Rosaline an seinen Versprechungen zu zweifeln. Da richtet sich Romeos Blick auf ihre Cousine, die dreizehnjährige Julia. Allmählich begreift Rosaline, dass nicht nur ihre Zukunft auf dem Spiel steht, sondern Julias Leben.
Eine subversive, kraftvolle Nacherzählung von Shakespeares bekanntester Tragödie.
Meine Meinung
Das Cover dieses Buches ist sowohl prägnant als auch aufsehenerregend und verweist direkt auf eines der bekanntesten Paare der Weltliteratur. Die Geschichte selbst rückt die Liebesgeschichte der beiden jedoch in ein völlig neues Licht, indem sie die bisher unbekannte Figur der Rosalind in den Mittelpunkt stellt.
Obwohl die Handlung zeitlich und örtlich passend zum Original "Romeo und Julia" angesiedelt ist, wirkt die Geschichte dennoch modern. Dies liegt vor allem an der weniger schwülstigen Sprache und Form, die sich angenehm flüssig lesen lässt. Das Setting wird zwar beschrieben, die Geschichte könnte aber genauso gut in der Gegenwart spielen und wird eher durch historische Rahmenereignisse wie die Pest zeitlich verankert.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht ganz klar Rosalinds Innenleben, die ihre ihr verbleibenden zwölf Tage voll auskosten will. Aufgrund ihrer behüteten Kindheit wirkt sie in ihren Entscheidungen, Romeos Werben nachzugeben, teilweise fast schon naiv. Trotzdem findet man schnell Zugang zu ihr und es fällt leicht, mit ihr mitzufühlen. Die Lebensumstände und das klassische Rollenbild der Frau werden hier anhand von Rosalinds Familie gut herausgearbeitet.
Julia hingegen wirkt in dieser Version deutlich abgebrühter als im Original, und auch Romeo bekommt einen berechnenderen, intriganteren Touch, was natürlich maßgeblich zur Perfidität der Geschichte beiträgt.
Mir gefällt, dass die Geschichte weniger verklärt wirkt als das berühmte Original, das eine Liebe verherrlicht, die alles andere als gesund und auf Augenhöhe passiert. Hier wird stärker aufgezeigt, dass dem Ganzen auch ein fahler Beigeschmack beiwohnt, was ich erfrischend fand.
Auch, dass Rosalind eine deutliche Charakterentwicklung durchmacht, eine Art Erwachen, und Romeo in seinem eigenen bösartigen Spiel schlägt und ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt, hat mir richtig gut gefallen. Das alternative Ende gefällt mir persönlich sogar besser als das Original.
Insgesamt eine lesenswerte und erfrischende Neuinterpretation einer zeitlosen Liebesgeschichte, die zum Nachdenken anregt und einen neuen Blick auf die bekannten Charaktere ermöglicht.