Cover-Bild Game Changer
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19,95
inkl. MwSt
  • Verlag: Argon Digital
  • Genre: Kinder & Jugend / Jugendbücher
  • Ersterscheinung: 13.10.2021
  • ISBN: 9783732456161
  • Empfohlenes Alter: ab 14 Jahren
Neal Shusterman

Game Changer

Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, alles falsch zu machen
Marian Funk (Sprecher), Kristian Lutze (Übersetzer), Andreas Helweg (Übersetzer), Pauline Kurbasik (Übersetzer)

Ash ist ein weißer, heterosexueller Junge aus der Mittelschicht. Er hält sich selbst für einen guten Kerl, aber nicht gerade für das Zentrum des Universums. Bis er eines Freitags in eine andere Dimension katapultiert wird, in der er genau das ist – das Zentrum des Universums! Damit verfügt ausgerechnet Ash nun über die Macht, die Welt zu verändern. Klar, in der nächsten Dimension besitzt Ash alles, wovon er je geträumt hat. Doch dann geht irgendetwas schief, und Ash führt – aus Versehen – die Rassentrennung wieder ein. Natürlich will er das wieder geradebiegen, aber Vorsicht: Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, alles falsch zu machen.


Neal Shusterman, der Meister des Gedankenexperiments, nimmt sich die drängendsten Themen unserer Zeit vor: Rassismus, Sexismus, Homophobie – doch hinter allem steht die Frage: Wir halten uns für tolerant, aber ist das schon genug?

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.11.2021

Unendlich viele Möglichkeiten, alles falsch zu machen...oder alles richtig

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Inhalt
Stell Dir vor, du könntest die Welt verändern ... Welche Entscheidung triffst Du?

Ash ist ein weißer, heterosexueller cis-Junge aus der Mittelschicht. Er hält sich selbst für einen guten Kerl, ...

Inhalt
Stell Dir vor, du könntest die Welt verändern ... Welche Entscheidung triffst Du?

Ash ist ein weißer, heterosexueller cis-Junge aus der Mittelschicht. Er hält sich selbst für einen guten Kerl, aber nicht gerade für den Mittelpunkt des Universums. Bis er eines Freitags in eine andere Dimension katapultiert wird, in der er genau das ist – der Mittelpunkt des Universums! Damit verfügt ausgerechnet Ash nun über die Macht, die Welt zu verändern. Doch irgendetwas geht schief, und Ash führt - aus Versehen - die Rassentrennung wieder ein. Natürlich will er das wieder geradebiegen, aber: Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, alles falsch zu machen.

Charaktere
Der wichtigste Charakter ist natürlich Ash, ein ganz normaler weißer hetero Junge, der plötzlich zum Mittelpunkt des Universums wird. Ich finde, er war schon in der ersten Welt ein ziemlich korrekter Typ aber je öfter er die Realität verschoben hat, desto öfter änderte sich auch sein Blickwinkel auf die Dinge. Während er sich in seiner "Ursprungswelt" höchstens mit typischen Teenie-Problem rumschlagen muss, sieht er sich plötzlich mit Themen, wie Sch*ße, ich hab versehentlich den Rassismus wieder eingeführt; wie komme ich als Homosexueller in einer heteronormativen Welt klar; wie fühlt es sich an, Teil einer Beziehung zu einem Narzissten zu sein etc. konfrontiert.
Was braucht ein Typ, der die Realität verschieben kann und nicht alles komplett in's Chaos stürzen will? Richtig, eine Truppe übernatürlicher Wesen, die einem unter die Arme greift. Hier funktioniert das wie folgt: jedes Mal, wenn man in eine neue Welt springt, kommt ein neuer übernatürlicher Zwilling, Drilling, Vierling usw dazu, den man der Einfachheit halber Ed, Edd, Eddy o.ä. tauft. Mich haben die "Edwards" irgendwie an Tick, Trick und Track erinnert.
Katie und Layton, die smarte Cheerleaderin und der narzisstische Quaterback. Norris, der Mitläufer. Usw usw... Das Spiel mit Stereotypen beherrscht Neil Shusterman zu 100% und war total interessant.

Schreibstil
Ich fand den Schreibstil toll. Hier und da ein Spritzer Zynismus aber trotzdem mit der nötigen Ernsthaftigkeit. Ash spricht den Leser direkt an, so als wolle er ihm einen persönlichen Rat mitgeben.
Aber auch die äußere Erscheinung des Textes, lässt schnell vermuten, dass man es hier mit einer Geschichte der etwas anderen Art zu tun hat. So stehen z.B. die Seitenzahlen mittig neben dem Text oder es ändert sich jedes mal die Schriftart, wenn sich in der Welt etwas verändert hat, was total neugierig macht, wenn man weiß, dass erwas anders ist, aber noch nicht, was. Außerdem sollte noch erwähnt werden, wie perfekt der Titel zur Story passt. Daumen hoch für diese Auswahl!

Fazit
Ok, ich geb's zu: Anfangs saß ich schon vor'm Buch und hatte keinen Plan, wo die Story hingeht und worauf Neil Shusterman eigentlich hinauswill. Ich hatte das Gefühl, wie wenn einem ein Name auf der Zunge liegt, den man nicht aussprechen kann oder wie ein Gedanke, den man nicht zu fassen bekommt aber plötzlich erwischte ich mich dabei, wie ich während des Lesens immer wieder zustimmend nickte und dacht: Wow, wichtiges Thema, toll, dass das mal jemand in einem Jugenbuch anspricht. Klar, werden hier so einige Klischees bedient aber dafür, dass hier Themen, wie Rassismus, Sexismus, toxische Beziehungen, Heteronormativität etc. Platz finden gibt's 1
. Wie's im Buch so schön heißt: Jeder hat diese Schublade Schreckliche-Geschichte-aber-nicht-mein-Problem. Was man säht, erntet man, richtig? Wenn dank dieser Geschichte zumindest der ein oder andere mal über den Tellerrand hinaus schaut, ist schon viel gewonnen. Also eindeutig eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 27.10.2021

Geniale Idee

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Das Buch wollte ich tatsächlich mehr wegen des Autors als wegen der Beschreibung lesen. Natürlich spielt auch der Inhalt eine Rolle, aber eben eher zweitrangig. Ich wurde nicht enttäuscht. Bereits zu Anfang ...

Das Buch wollte ich tatsächlich mehr wegen des Autors als wegen der Beschreibung lesen. Natürlich spielt auch der Inhalt eine Rolle, aber eben eher zweitrangig. Ich wurde nicht enttäuscht. Bereits zu Anfang wird klar, dass die Geschichte von Witz und Sarkasmus begleitet wird, wie beispielsweise dem Vergleich von Namen einer Sportmannschaft, denn es ist ja weniger anstößig diese nach einer Naturkatastrophe zu benennen, bei der hunderte oder tausende Menschen ums Leben kommen, als sie als nach einem Dämonen. Was wohl für mich der anstrengendste Teil war, also nicht die Namensgebung, sondern die Erklärungen zur Sportart. Doch glücklicherweise musste ich das nur einmal hinter mich bringen.

Genauso wie die übertrieben englische Aussprache beim Hörbuch anfangs, was sich glücklicherweise irgendwann legte. Ich finde diesen Mischmasch ja meist nur schwer zu ertragen, denn ich frage mich dann immer wieder was an dem deutschen Wort so schlimm ist. Im Text selbst war es weit weniger weniger der Fall, außer bei den Fachbegriffen zum Sport und der Tatsache, dass die Mädels der Geschichte "hot" sind. Aber gut, ich konnte damit leben, denn es beschränkte sich alles eher auf das erste Viertel des Buches und die Geschichte war so unglaublich packend, sodass diese kleinen Mankos schnell vergessen waren.

Die Idee mit den Dimensionen war so unglaublich gut und toll umgesetzt. Ich wartet schon vorher darauf, was beim nächsten Sprung passiert, was sich ändert, oder eben nicht ändert. Auch wie Ash seine Geschichte erzählt ist absolut gelungenen, denn man hat wirklich das Gefühl als säße man ihm gegenüber, während er dies tut. Vermutlich liegt es auch daran, dass es wie eine Erzählung geschrieben ist und man als Leser auch direkt angesprochen wird. Zudem greift der Autor wirklich wichtige Themen auf. Zwar geht er nicht tief in die Details, aber schon allein was er schreibt regt zum Denken an. Ohne groß zu spoilern, möchte ich einfach nur die Themen kurz erwähnen, denn es geht eben um aktuelles wie Homosexualität - was besonders im Männersport oft mir einem Stirnrunzeln gesehen wird -, Rassismus, die Stellung der Frau bzw. Sexismus und noch vieles mehr.

Ich würde sagen, dass das Buch, eben durch die Sprünge und Handlung auch etwas speziell ist, weshalb man sich auf die Geschichte einlassen können muss, aber wenn man dies kann, ist es aus meiner Sicht eine ganz klare Empfehlung. Egal ob gelesen oder gehört, denn der Sprecher Marian Funk hat eine sehr angenehme, aber auch einnehmende Art und der Schreibstil war gut zu lesen. Es hat mir unfassbar viel Freude bereitet und gleichermaßen erschüttert, aufgrund der angesprochenen Themen und dem Umgang damit.

Fazit:

Ein spannender und unterhaltsamer Jugendthriller mit wichtigen Themen.

Veröffentlicht am 24.10.2021

Spannende Themen und eine ausgefuchste Idee

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Schon seit ich die "Scythe" Trilogie von Neal Shusterman gelesen habe, bin ich ein riesen Fan von seinen Ideen und der Art, wie er Geschichten schreibt. Auch "Dry" hat mir unfassbar gut gefallen und mich ...

Schon seit ich die "Scythe" Trilogie von Neal Shusterman gelesen habe, bin ich ein riesen Fan von seinen Ideen und der Art, wie er Geschichten schreibt. Auch "Dry" hat mir unfassbar gut gefallen und mich noch wochenlang gedanklich beschäftigt.
Ich habe mich sehr auf sein neustes Werk gefreut und wurde nicht enttäuscht.
In "Game Changer" geht es um Ash, der eines Tages bei einem Footballspiel einen seltsamen Schmerz empfindet. Nach diesem Tag steht sein Leben völlig auf dem Kopf und er springt durch mehrere unterschiedliche Dimensionen, in denen sein Leben völlig andere Bahnen einschlägt. Er muss feststellen, dass seine Mitmenschen natürlich nichts von den anderen Dimensionen wissen, doch wie soll er nun darüber sprechen? Wie erklärt er seinen Freunden, dass die Stopp-Schilder für ihn einmal rot waren und er sie nun plötzlich blau sieht? Wie kann er damit umgehen, dass plötzlich wieder die Rassentrennung existiert, wo er doch gerade eben noch mit Menschen jeglicher Herkunft befreundet war und zusammen gegessen hat? Und dann sind da noch seltsame Skaterjungs, die alle aussehen wie Zwillinge, die Edwards, die ihm weis machen wollen, dass er über den Verlauf der Zukunft entscheiden kann. Schnell muss Ash feststellen, dass jede einzelne Entscheidung Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Zukunft hat und so passieren ihm Dinge, die er gar nicht wollte. Schafft er es, die perfekte Welt zu generieren, oder wird sein Leben von nun an einer Dystopie gleichen?
Neal Shusterman hat einen sehr angenehmen und fesselnden Schreibstil. Man wird stellenweise immer wieder direkt als Leser*in angesprochen und er schafft es immer wieder mit einigen sarkastischen und humorvollen Szenen die Unterhaltung zu steigern. Seine Geschichten machen einfach sehr viel Spaß!
Ash ist ein super interessanter Charakter, denn er versucht eigentlich nur alles richtig zu machen. Er möchte, dass es seinen Liebsten gut geht und das die Welt weniger ungerecht ist. Doch auf seiner Reise stellt er schnell fest, dass es unmöglich ist, alles perfekt zu machen.
Die Geschichte spricht viele aktuelle und wichtige Themen an wie Rassismus, Coming-Out und auch Homosexualität, gesellschaftliche Vorurteile und das "Schubladendenken" aber auch einige moralische Themen zum Beispiel in Hinsicht auf Selbstverteidigung und ab wann diese vielleicht auch verwerflich sein könnte oder auch Sexismus spielen eine Rolle. Diese Themen werden ernst aber auch humorvoll behandelt und so wirkt es zu keinem Zeitpunkt zu erdrückend. Stattdessen wird man sehr zum reflektieren und nachdenken angeregt und bekommt so manche (neue) Denkanstöße. Wir werden darauf angesprochen, wie bequem wir es uns gerne im Leben machen, anstatt Dinge anzugehen und verändern zu wollen und einfach aktiv zu werden.
Dieses Buch ist an mancher Stelle etwas wirr für mich gewesen, jedoch war die Idee einfach super und auch die ganzen Themen fand ich wahnsinnig gut!
Die Football Thematik hätte meiner Meinung nach etwas mehr in den Hintergrund rücken können, da ich leider nicht allzu viel Ahnung von diesem Sport habe und dieser Sport schon eine sehr zentrale Rolle einnahm.
Auch das Ende des Buches konnte mich überzeugen und hat das Buch wunderbar abgerundet.



Fazit:

Für mich ein sehr gelungenes Buch, dass an mancher Stelle etwas wirr und langatmig war.
Jedoch konnte es mich insgesamt überzeugen. Insbesondere durch die Art wie hier mit unterschiedlichen Themen umgegangen wurde und wie die Gesellschaft kritisch betrachtet wurde.
Mich hat Neal Shusterman wieder einmal begeistern können, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie er das mit Scythe 1 und Dry konnte.
Die sarkastische und humorvolle Erzählweise haben mich gut unterhalten.
Von mir gibt es 4 von 5 Sterne

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Veröffentlicht am 23.10.2021

Ein intelligenter Sozialthriller über kleine Veränderungen und große Fragen

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Neal Shusterman ist ein wahrer Meister was Dystopien für junge Erwachsene angeht - das hat er bereits mit seinen beiden "Vollendet" und "Scythe" sowie dem Apokalypse-Thriller "Dry" bewiesen. Auch mit ...

Neal Shusterman ist ein wahrer Meister was Dystopien für junge Erwachsene angeht - das hat er bereits mit seinen beiden "Vollendet" und "Scythe" sowie dem Apokalypse-Thriller "Dry" bewiesen. Auch mit "Game Changer" hat er mal wieder eine originelle Grundidee gesellschaftskritisch und intelligent umgesetzt und einen spannenden Sozialthriller über kleine Veränderungen und große Fragen geschrieben.

Das Cover zeigt verschwommenen Kopf eines Jugendlichen, der sich vor einem knall-orangenen Hintergrund in Staub auflöst. Zusätzlich zum weißen Titel in Großbuchstaben weisen stürzende schwarze Silhouetten darauf hin, auf welche Art und Weise der Protagonist hier zum "Game Changer" wird: durch zum Teil unkontrollierte Sprünge in fremde Dimensionen, die mal mehr und mal weniger von unserer Realität abweichen. Ob blaue Stoppschilder, die zu mehr Unfällen führen oder der Wiedereinführung der Rassentrennung - die Welt, wie Ash sie kennt ist schon bald nicht mehr wiederzuerkennen und wenn er nicht das gesamte Universum in Chaos stürzen will, muss schnell eine Anleitung für die merkwürdige Mittelpunkt-des-Universums-Sache her. Gut, dass Hilfe in Form von geklonten Skatern naht, welche man übrigens auch in einer Comic-artigen Zeichnung in den Innenseiten der Buchdeckel sehen kann. Die Edwards erklären ihm, dass er vorübergehend zum "Subjective Locus" geworden ist, welcher entscheidet, welche ungenutzen Möglichkeiten der Zukunft und der Vergangenheit zur Wirklichkeit werden. Klingt erstmal ganz vielversprechend, denn Ash hätte auch schon einige Ideen, die Welt zu verbessern. Aber wie der Untertitel schon verrät: "Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, alles falsch zu machen"...


Erste Sätze: "Ihr werdet mir nicht glauben. Ihr werdet sagen, ich hätte den Verstand verloren oder zu viele Gehirnerschütterungen erlitten. Vielleicht denkt ihr auch, dass ich Euch hochnehmen will und ihr das Opfer eines ausgefuchsten Streiches seid. Das ist okay. Glaubt, was ihr wollt, wenn es euch beim Einschlafen hilft. Denn so machen wir das doch, oder? Wir bauen uns wie kleine Spinnen ein Netz aus bequemer Realität, an das wir uns klammern, um durch die schlimmsten Tage zu kommen."


Dass Neal Shusterman mit "Game Changer" nicht ganz an die rohe Intensität und Genialität seiner Vorgänger anknüpfen kann, war mir schon nach wenigen Seiten klar. Anders als bei Büchern wie "Kompass ohne Norden" oder "Vollendet - Die Flucht" hat es einige Kapitel benötigt, bis ich in die Geschichte eintauchen konnte. Der Autor lässt uns als Leser durch seinen Ich-Erzähler Ash zwar immer wieder direkt ansprechen und versucht, durch vorausdeutende Kommentare die Spannung anzuziehen, dabei verstrickt er sich aber in etliche Metaphern, mit denen ich nicht so viel anfangen konnte. Besonders die vielen Football-Verweise konnten mich persönlich nicht so gut abholen, da ich noch nicht einmal die Regeln des Football verstehe, geschweige denn über Positionen und Spielzüge bescheid weiß. Ich kann mir aber vorstellen, dass das bei amerikanischen Jugendlichen besser ankommt und dann die monologähnlichen Zwischensequenzen tatsächlich für einen besseren Einstieg in die Geschichte sorgen.


"Damals dachte ich, weil ich eine diverse Gruppe von Freunden hatte, könnte ich mein Kästchen für soziale Verantwortung abhaken. Als ob es für mich nicht mehr zu tun gäbe, als ein bisschen Braun an meinem Tisch zu haben. "Hautfarbe sollte keine Rolle spielen" – hat man mich immer gelehrt – und ich habe es immer geglaubt. Aber es gibt einen großen Unterschied zwischen dem, was sein sollte und dem was ist. Und privilegiert sein heißt, diese Kluft nicht wahrzunehmen."


Das wäre auch unbedingt sinnvoll, da auf der reinen Handlungseben erstmal erstaunlich wenig passiert. In erster Linie sehen wir dem weißen cis-Jugendlichen beim Leben zu, welches trotz der immer wieder überraschend einsetzenden Dimensionsreisen, welche durch unterschiedliche Schriftarten und das wiederkehrende Motiv einer fallenden Silhouette gekennzeichnet sind, weniger spannende Turbulenzen bereithält als erwartet. Streit mit seinem Bruder, Zukunftssorgen, eine unerwiderte Schwärmerei, Meinungsverschiedenheiten mit seinem besten Freund und Mathe-Nachhilfe sind hier statt Weltuntergang und grausamer Dystopie angesagt. Kein Wunder, dass "Game Changer" eine ganz andere Atmosphäre entfaltet als seine sonstigen Werke. Statt düster, schockierend und melancholisch ist Ashs interdimensionales Abenteuer unterhaltsam, humorvoll und mit einem selbstironischen Augenzwinkern geschrieben. Da der Schreibstil gewohnt eingängig, präzise und wunderbar zitierwürdig ist, gehe ich davon aus, dass die überraschende Leichtigkeit eine Auswirkung der Pandemie ist, während dieser der Autor das Buch verfasst hat. Denn wer will schon einen düsteren Thriller schreiben, während man selbst in einem zu leben scheint...?


"Wer sind wir wirklich? Die Wissenschaft würde uns erklären, dass wir nicht mehr sind als die Summe unserer Erfahrungen. Der Glaube würde uns sagen, dass wir ein Funke sind, der jenseits vom Drama unseres Lebens existiert. Ich habe über solche Dinge nie viel nachgedacht. Wenn Freunde in langen Nächten ganz philosophisch wurden und anfingen, darüber zu reden, dass das Universum vielleicht nur ein platt getretenes Insekt auf dem Fußboden eines viel größeren Universums war, habe ich mich nie beteiligt. Ich fand es immer sinnlos über Dinge nachtzudenken, die man eh nicht begreifen kann. Mitten in einer aktuellen metaphysischen Krise war ich mit dieser Haltung allerdings deutlich im Nachteil."


Auch wenn mir diese neue Herangehensweise gut gefällt, kommt "Game Changer" für mich aber wie gesagt lange nicht an seine Dystopien heran, da diese bezüglich Worldbuilding, Charaktertiefe und Handlungsverlauf nochmal auf einem ganz anderen Niveau sind. Beispielsweise hätten Erklärungen zum Science-Fiction-Hintergrund und der Rolle der "Edwards" für meinen Geschmack gerne noch komplexer und ausführlicher erfolgen können. Zwar verknüpft der Autor alle losen Enden sinnvoll miteinander, der etwas wirre Eindruck, verschiedene Geschichte zu lesen, während Ash unterschiedliche Leben lebt, bleibt aber dennoch bestehen. Da sich Neal Shusterman hier jedoch an ein etwas jüngeres Publikum richtet und die Science-Fiction nur als Hintergrund nutzt, um eine Botschaft zu vermitteln, ist die geringe Ausführlichkeit des Worldbuildings aber kein elementarer Mangel.


"Wenn man die ganze Zeit nur damit beschäftigt ist, die Tür einzutreten, ist man schon erschöpft und hinkt meilenweit hinter denen her, die einfach hindurchgetänzelt sind. Hältst du das wirklich für gerecht?"


Mit der Zeit wird immer nämlich immer offensichtlicher, weshalb es trotz der geringeren Spannung eine gute Entscheidung war, die Geschichte langsamer und charakterzentrierter aufzuziehen: auf diese Art und Weise kann Ashs Entwicklung nachvollziehbar gestaltet und voll ausgekostet werden. Jene ist nämlich der Kern der Geschichte. Die Genialität von "Game Changer" entspringt diesmal nicht dem Worldbuilding, der Atmosphäre oder Zukunftsvisionen, sondern den kleinen Veränderungen in Ash Alltag und den Erkenntnissen, die er aus den unterschiedlichen Realitäten, Dimensionen und Gesellschaften zieht, in denen er zeitweise lebt. Mit jeder Reise verändert sich nämlich seine Perspektive und er muss sich gezwungenermaßen mit Themen auseinanderzusetzen, die er zuvor nur aus privilegierter Ferne beobachtet hat. Was haben Rassismus, Homophobie, Sexismus, toxische Beziehungen und das Drogengeschäft gemeinsam? Man kann erst so richtig darüber urteilen, wenn man mittendrin steckt und die Problematik an der eigenen Haut erfährt. Und so muss Ash mit jedem Perspektivwechsel seine Weltsicht überdenken, sich eigene Vorurteile eingestehen und sich damit auseinandersetzen, was Identität eigentlich ausmacht...


"Frauen wird häufig unterstellt, sie seien eitel. Sprache ist voller subtiler Kränkungen. Als Frauen wird von uns erwartet, dass wir uns anmalen, um einer sozialen Norm zu entsprechen - und dann wird uns genau das als Eitelkeit ausgelegt. Als Typ hatte ich nie darüber nachgedacht. Ich hätte gesagt, das sei lächerlich. Total unwichtig. Aber das ist es nicht. Und wisst ihr was? Es geht nicht nur um Frauen, es geht um jeden Menschen. Sprache stupst und schiebt uns fast unbemerkt in Hunderte Richtungen, die wir nicht erkennen, bis der einzige Ausweg, auf seine Worte zu achten, das Schweigen ist."


Auch wenn der Autor angesichts der vielen Themen nicht die Zeit findet, auf einzelne genauer einzugehen, kommt die Message eindeutig an: die Welt ist wesentlich komplexer als es auf den ersten Blick scheint und alles hängt von der Perspektive ab, aus der man sie betrachtet. Zusammen mit dem Hauptprotagonisten müssen auch wir Leser uns immer wieder hinterfragen, ob wir uns unserer Privilegen überhaupt bewusst sind und wie tolerant und offen wir der Welt tatsächlich gegenüberstehen. Und was könnte in diesen Zeiten wichtiger sein als dieser Denkanstoß...?



Fazit:


"Game Changer" entpuppte sich überraschenderweise statt als spannendes Science-Fiction-Abenteuer, mehr als intelligenter Sozialthriller, welcher gesellschaftliche Themen wie Rassismus, Sexismus, Homophobie, Diskriminierung, Privilegien und die Wichtigkeit der eigenen Perspektive in den Fokus nimmt. Um an die rohe Intensität und Genialität seiner Vorgänger anknüpfen zu können, geht Neal Shusterman aber zu wenig auf das Worldbuilding, die Nebenfiguren und die inhaltlichen Fragen ein.

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Veröffentlicht am 10.12.2021

Das Buch will etwas zu viel ...

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"Game Changer - Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, alles falsch zu machen" ist mein erstes Buch von Neal Shusterman.

Was mir gut gefällt:
Ist man einmal in der Geschichte drinnen, ist diese durchaus ...

"Game Changer - Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, alles falsch zu machen" ist mein erstes Buch von Neal Shusterman.

Was mir gut gefällt:
Ist man einmal in der Geschichte drinnen, ist diese durchaus fesselnd, sie übt einen gewissen Sog auf den Leser aus, da man unbedingt wissen will, wie es ausgeht. Die Geschichte regt einen zweifellos zum Nachdenken an. Können Kleinigkeiten die Welt verändern? Sind wir wirklich alle so tolerant, wie wir uns einschätzen oder sollten wir uns manchmal selbst an der Nase nehmen? Vermutlich wollte der Autor erreichen, dass sich seine Leser mit ihrer eigenen Weltanschauung auseinandersetzen. Das ist ihm meiner Meinung nach im Prinzip auch ganz gut gelungen. Es werden viele wichtige Themen angesprochen. Welche das sind, müsst ihr selbst lesen. Ich möchte niemanden spoilern.

Was mir nicht so gut gefällt:
Der Einstieg fiel mir nicht gerade leicht. Irgendwie wird man regelrecht mit den verschiedensten Themen bombardiert. Mir ist durchaus bewusst, was der Autor damit erreichen wollte, trotzdem sollte immer die Geschichte im Vordergrund stehen. Das ist hier leider nicht der Fall. Die Message, die der Autor durch sie übermitteln will, kommt schon beim Leser an, dafür plätschert die Handlung selbst aber irgendwie so dahin. Es wird nur an der Oberfläche gekratzt. Die Charaktere haben mir persönlich zu wenig Tiefe, die Geschichte kaum Substanz. Die Idee ist richtig originell, nur die Umsetzung leider nicht ganz so spannend, wie ich es mir gewünscht hätte.

Trotz Kritik ist "Game Changer" aber auch kein schlechtes Buch. Ich kann nicht sagen, dass es mich restlos mitgerissen hat, in Erinnerung wird mir die Geschichte aber bestimmt noch eine Weile bleiben. Deswegen bekommt das Buch auch 3,5 Sterne von mir.

Hier folgen noch ein paar Infos zum Hörbuch:
12 Std 33 Min / Ungekürzte Ausgabe
Sprecher: Marian Funk
Ich würde dem Sprecher 4,5 - 5 Sterne geben.
Verlag: Argon

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