Wie so viele andere Leser:innen konnten mich die beiden Bücher Fourth Wing und Iron Flame von Rebecca Yarros vollkommen begeistern. Beide haben eine unglaubliche Sogwirkung auf mich gehabt und ich habe die Bücher innerhalb kürzester Zeit verschlungen.
Ich war einfach gespannt, wie viel Einfluss die Fantasy-Elemente auf meine Begeisterung hatten, schließlich ist Fantasy mein Wühlfühlgenre. Es ist immer wieder echt spannend zu sehen, wie Autor:innen in verschiedenen Genres schreiben. Aus diesen Gründen war ich sehr neugierig auf das (für mich) erste Romance Buch der Autorin.
Da ich von den Fanatsy Werken so begeistert war, konnte ich leider nicht verhindern, dass ich die Bücher immer wieder mit diesem Buch verglichen habe. Ich konnte dies schon beim Lesen/Hören des Hörbuchs schlecht voneinander trennen, deswegen finden sich die Vergleiche auch immer wieder in dieser Rezension wieder.
Um der Rezension schon einmal vorzugreifen: Von der Geschichte war ich leider am Ende eher enttäuscht.
Es gibt eine Fülle an wirklich wichtigen und spannenden Themen in dem Buch, doch war es für mich einfach ein bisschen zu viel des Guten.
Der Umgang mit einem dementen Angehörigen, Auswirkungen eines traumatischen Erlebnisses, das ethische Dilemma von Dingen, die man als Angehöriger für richtig hält, die für die betreffende Person jedoch die falschen sind, die starren und unveränderlichen Meinungen in einer Stadt, in der jeder jeden kennt, große Gefühle, die man sich nicht eingestehen möchte, Drama, noch mehr Trauma durch noch mehr schreckliche Vorkommnisse in der Vergangenheit.
Auf fast 500 Seiten wird versucht, sich all diesen Themen anzunehmen und es klappt leider nicht wirklich gut. Ja, jedes Thema bekommt irgendwie einen eigenen Raum in der Geschichte, doch wirklich tiefer gehen sie dann doch nicht.
Ich habe das Hörbuch vor einigen Tagen beendet und muss mir schon jetzt eingestehen, dass ich bereits vieles über die Charaktere schon wieder vergessen habe und mir zum Glück während des Hörens Notizen gemacht habe.
In der Retrospektive ist mir vor allem Cam im Gedächtnis geblieben, der deutlich ausgearbeiteter war als Willow. Willow ist um ehrlich zu sein ein total austauschbarer Charakter. Erstaunlicher Weise ist es hier, anders als in vielen YA und NA Büchern so, dass nicht der männliche Hauptcharakter eine Schablone ist, die mit austauschbaren Elementen versehen wurde, sondern in diesem Fall trifft es mal die weibliche Hauptfigur. Mir sind die Beschreibungen von Willows Haus mehr in Erinnerung geblieben als Informationen über sie.
Ein Punkt, den ich Contemporary Büchern einfach nicht verzeihe, ist körperliche Gewalt. Ja, dies ist durchaus ein Punkt von mir, der kritisiert werden kann, schließlich fand ich Fourth Wing so gut, obwohl es in diesem Buch sehr gewalttätig und brutal zugehen kann. Für mich ist es jedoch „moralisch“ ein Unterschied, ob sich diese in einem fantastischen Setting abspielt, einer Welt, die sich ohnehin weit weg und unerreichbar anfühlt, oder in einem realen Setting wie einer (fiktiven, aber durchaus so bestehend könnenden) Kleinstadt.
Cam wird in einer Szene provoziert (klar, blöde Situation und Provokationen muss man sich nicht einfach gefallen lassen), flippt aber vollkommen aus, obwohl (!) er weiß, dass er stärker und seinem Gegenüber überlegen ist. Für mich ist das einfach vollkommen inakzeptabel.
Ich habe außerdem mit „military fiction“ ein großes Problem und einen Trope gefunden, den ich wirklich ungern lese. Ich denke auch, dass dieses Buch in Deutschland niemals verlegt worden wäre, wäre Fourth Wing nicht so dermaßen eingeschlagen.
Der Twist am Ende, von dem ich in so vielen Rezensionen auf Goodreads gelesen habe, kam jetzt nicht wirklich überraschend. Das Einzige, was mich überrascht hat, war, dass der Plottwist ernsthaft so geschrieben wurde, weil ich ihn unglaublich plump finde. Während mich die Plottwists in Fourth Wing und Iron Flame noch mehr an die Geschichte fesselten, war hier das Gegenteil der Fall. Ich kann nun einige Leser:innen deutlich besser verstehen, die ebendiese Twists in den Fantasy Büchern nicht gelungen fanden. Schon erstaunlich, wie gut Punkte in einem Genre für mich als Leserin funktionieren können, in einem anderen Genre jedoch einen ganz anderen Effekt haben.
Der letzte Punkt könnte ein kleiner Spoiler sein, deswegen der Hinweis an dieser Stelle: Im nächsten Absatz beschreibe ich einen Punkt, der mich etwas gestört hat und der mit einem der Hauptcharaktere zu tun hat. Bitte notfalls überspringen:
Ich verstehe einfach nicht, warum alle Cam so schrecklich finden. Rebecca Yarros hat unheimlich viel dafür getan, ihn als den großen, bösen Außenseiter mit ganz weichem Kern darzustellen, aber es ergibt einfach keinen Sinn. Als ob wirklich eine gesamte Stadt ein Kind (!) schon als böse empfunden und diese Einstellung niemals revidiert hat. Das war mir einfach zu konstruiert und unglaubwürdig.
Es sind alles Kleinigkeiten, Punkte, die eigentlich nicht großartig dramatisch sind, in der Fülle und in ihrer Gesamtheit aber leider dazu führen, dass ich das Buch letztendlich nicht gut fand.
Was in Fantasy Werken durchaus funktionieren kann, funktionierte hier einfach nicht für mich.
Es war für mich einfach nicht die passende Geschichte. Das Buch hat seine Schwächen, ist aber nicht schlecht, doch auch nicht wirklich gut.
Ich werde mich in Zukunft weiterhin wie eine Besessene auf die Fantasy Bücher von Rebecca Yarros stürzen, ihre Romance Bücher jedoch auslassen. Für all jene, die sich an solchen Büchern erfreuen: Bereits im August diesen Jahres wird mit „Alles, was ich geben kann“ ein weiteres Romance Buch von Rebecca Yarros im dtv Verlag erscheinen.