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Veröffentlicht am 22.10.2017

Der Hochzeitsschmuck von Herzogin Hedwig

Allerheiligen
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Ich habe bereits einige historische Romane von Herrn Dübell gelesen und war deswegen schon sehr gespannt auf seinen ersten Kriminalroman.
Und auch hier bleibt er seinem Interesse an geschichtlichen Ereignissen ...

Ich habe bereits einige historische Romane von Herrn Dübell gelesen und war deswegen schon sehr gespannt auf seinen ersten Kriminalroman.
Und auch hier bleibt er seinem Interesse an geschichtlichen Ereignissen treu und konstruiert einen Kriminalfall, der in der Gegenwart spielt, dessen Wurzeln allerdings 500 Jahre zurückreichen.

Hauptfigur ist Peter Bernward, der gemeinsam mit seiner Kollegin Flora Sander das Ermittlerduo der Landshuter Kripo bildet. Neben ihrer beruflichen Zusammenarbeit haben die beiden auch eine komplizierte private Beziehung, die sich noch weiter verkompliziert, als Floras Exmann Harald auftaucht. Dieser ist der Leiter einer Sonderkommission, deren Ziel es ist, einen mit dem Spitznamen „Blofeld“ belegten gefährlichen Kriminellen zu fassen, dem ein spektakulärer Museumsraub sowie zwei Morde zur Last gelegt werden. Nun besteht der Verdacht, dass Blofeld es auch auf eine Ausstellung auf der Landshuter Burg Trausnitz abgesehen hat, wo der Hochzeitsschmuck von Herzogin Hedwig gezeigt werden soll. Doch Peter hat den Verdacht, dass Harald den Landshuter Kollegen nicht die ganze Wahrheit über den Fall sagt ...

Das Buch ist mit viel Lokalkolorit gespickt, man merkt, dass der Autor sich gut in Landshut und Umgebung auskennt und das auch dem Leser zeigen möchte.
Die Geschichte wird abwechselnd aus der Perspektive verschiedener Personen erzählt, wodurch die Handlung eine interessante Dynamik bekommt. Man erfährt so auch Stück für Stück mehr darüber, wer Blofeld in Wirklichkeit ist und was die wahren Motive für seine Taten sind. Für meinen Geschmack wird die Identität des Bösewichts allerdings etwas zu früh verraten, es wäre spannender gewesen, mit dieser Enthüllung bis zum Schluss zu warten.

Dennoch gelingt es dem Roman, den Leser zu fesseln. Das liegt vor allem an den interessant und vielschichtig ausgearbeiteten Protagonisten, die es einem leicht machen, sich in sie hineinzuversetzen und ihr Gefühlsleben nachzuvollziehen. Es werden Dinge wie unerfüllte Liebe oder die oftmals schwierigen Beziehungen zwischen Vätern und Söhnen dargestellt, die wohl viele Leser schon selbst in der einen oder anderen Weise erlebt haben.

Auch wenn am Ende einige lose Fäden bleiben – wodurch die Hoffnung auf eine Fortsetzung geweckt wird – ist dies insgesamt doch ein in sich stimmiger und lesenswerter Krimi, den ich nur weiterempfehlen kann.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Kindheit im Dschungel

Dschungelkind
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Sabine Kuegler erzählt hier ihre zweifellos faszinierende Lebensgeschichte. Sie berichtet von ihrer Kindheit und Jugend, die sie großteils beim Volk der Fayu im Dschungel West-Papuas verbracht hat, und ...

Sabine Kuegler erzählt hier ihre zweifellos faszinierende Lebensgeschichte. Sie berichtet von ihrer Kindheit und Jugend, die sie großteils beim Volk der Fayu im Dschungel West-Papuas verbracht hat, und von den Schwierigkeiten, die sie hatte, nachdem sie im Alter von 17 Jahren in die „Zivilisation“ zurückkehren musste.
Die Schilderungen des Lebens unter den Eingeborenen und der Abenteuer, die Sabine und ihre Geschwister mit ihren Fayu-Freunden erlebt haben, sind durchaus spannend und oftmals auch amüsant – wenn beispielsweise die Mutter vergeblich versucht, zumindest Reste westlicher Lebensart aufrecht zu erhalten. Auch kann man die innere Zerissenheit zwischen verschiedenen Kulturen sehr gut nachempfinden, welche die Autorin zuerst anlässlich eines „Heimaturlaubs“ und dann vor allem als 17jähriger Neuankömmling in einem Schweizer Internat spüren musste. Es ist interessant zu sehen, wie ganz normal erscheinende Verrichtungen wie ein Einkauf im Supermarkt oder die Überquerung einer stark befahrenen Straße auf jemanden wirken, der eine ganz andere Welt gewöhnt ist. So zeigt sich auch, dass die wesentlichen Differenzen zwischen Europa und Neuguinea nicht allein darin bestehen, dass es bei uns fließendes Wasser und bessere medizinische Versorgung gibt, sondern dass vor allem tiefgreifende Unterschiede in der Mentalität der Menschen existieren.

Allerdings handelt es sich hier über weite Strecken eher um eine Aneinanderreihung von Anekdoten, die bisweilen von allgemeinen Betrachtungen durchsetzt werden, es fehlt ein bisschen der „rote Faden“. Außerdem werden manche Begebenheiten doppelt erzählt.
Auch sonst ist die Kritik an diesem Werk zumindest teilweise berechtigt. So wird tatsächlich sehr wenig darüber gesagt, welchen konkreten Zweck der Aufenthalt von Sabines Vater bei diesem Eingeborenenvolk hatte. Er wird immer wieder als „Sprachforscher und Missionar“ bezeichnet, Ablauf und Auswirkungen seiner Missionierungstätigkeit bleiben allerdings fast völlig im Dunkeln. Weiters hatte ich den Eindruck, dass die Autorin manche Dinge zu schön und einfach darstellt und die Gefahren, welche das Leben im Dschungel mit sich bringt, eher bagatellisiert. Doch muss man hierzu zum einen bedenken, dass dieses Buch eben von Sabine Kuegler, nicht ihren Eltern handelt, und zum anderen, dass wohl jeder Mensch, der positive Erinnerungen an eine glückliche Kindheit hat, dazu neigt, diese Zeit zu idealisieren.

Wenn man über die genannten Mängel hinwegsehen kann und vor allem berücksichtigt, dass es sich hierbei nicht um eine wissenschaftliche Abhandlung, sondern um einen ganz persönlichen Erlebnisbericht handelt, ist dies jedenfalls ein lesenswertes Buch, das Einblicke in eine Welt bietet, die den allermeisten Europäern verborgen ist.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Kashgar und London – Vergangenheit und Gegenwart

Kashgar oder Mit dem Fahrrad durch die Wüste
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Dieses Buch besteht aus zwei Handlungssträngen, die abwechselnd erzählt werden.
Da ist zum einen das im Mai 1923 beginnende Reisetagebuch der Miss Evangeline English, die sich gemeinsam mit ihrer Schwester ...

Dieses Buch besteht aus zwei Handlungssträngen, die abwechselnd erzählt werden.
Da ist zum einen das im Mai 1923 beginnende Reisetagebuch der Miss Evangeline English, die sich gemeinsam mit ihrer Schwester Lizzie und der dominierenden Führungspersönlichkeit Millicent auf eine abenteuerliche Reise in den fernen Osten gemacht hat. Das Ziel, dem Millicent und Lizzie sich verschrieben haben, ist die Missionierung der dortigen Bevölkerung. Doch Eva täuscht ihre diesbezügliche Begeisterung nur vor, ihre wahre Ambition besteht darin, Eindrücke für einen Reiseführer zu sammeln, den sie nach ihrer Rückkehr veröffentlichen möchte. Die drei Frauen stranden schließlich in Kashgar, wo sie sich mit einem neugeborenen Baby, einer Anklage wegen Mordes und den zunehmenden politischen Spannungen in der Region auseinander setzten müssen.
Die andere Geschichte spielt im London der Gegenwart. Völlig unerwartet erhält Frieda die Mitteilung, dass ihre Verwandte Irene Guy gestorben sei und sie sich um die Auflösung ihrer Wohnung kümmern müsse. Frieda weiß nicht, wer Irene ist, doch sie vermutet, dass ihre Mutter mehr darüber weiß. Mit dieser hatte sie aber seit Jahren keinen Kontakt mehr.
Ebenso unerwartet tritt der aus dem Jemen stammende Tayeb in ihr Leben. Seine Vorliebe für kunstvoll ausgeführte Wandmalereien hat ihn schon öfters in Schwierigkeiten gebracht und weil er sich gerade illegal in England aufhält, muss er seine Entdeckung aus Auslieferung fürchten.

Es ist schwer, den Inhalt dieses Buches in ein paar kurzen Worten zusammenzufassen, da die Handlung eine Vielzahl interessanter und teilweise auf komplexe Art miteinander verwobener Elemente enthält.
Ein zentrales Thema ist das Gefühl der Fremdheit, das in verschiedenen Varianten ausgeleuchtet wird. Nicht nur Eva und Tayeb halten sich in einem für sie jeweils fremden Land auf, auch Frieda scheint ihrer Heimat in gewisser Weise entfremdet zu sein, weshalb sie sich von ihrem Beruf immer wieder von zu Hause fort in diverse islamische Länder treiben lässt, wo sie dann ihre Zeit in trostlosen Hotelzimmern verbringt.
Auch innerhalb der Familien ist eine gewisse Fremdheit allgegenwärtig. Eva sieht ihr einstmals sehr vertrautes Verhältnis zu ihrer Schwester durch Millicents Einfluss bedroht, Frieda hatte nie ein echtes Naheverhältnis zu ihrer Mutter, die sie schon verlassen hatte, als sie noch ein kleines Mädchen war, und Tayeb hat einen ganz anderen Lebensweg gewählt als sein Vater für ihn vorgesehen hatte.
So haben die in ihrer Persönlichkeit doch sehr unterschiedlichen Protagonisten mehr miteinander gemeinsam, als es auf den ersten Blick den Anschein hat.
Obwohl die Geschichte an sich relativ ruhig verläuft, die Handlung sich eher langsam entwickelt und keine großen Action-Szenen vorkommen, wird durch das ständige Hin- und Herspringen zwischen den Handlungssträngen doch eine interessante Dynamik erzeugt und eine gewisse Spannung aufgebaut. Man möchte einfach wissen, wie das alles zusammenhängt.

Alles in allem ist dies ein absolut lesenswerter, mit viel psychologischem Einfühlungsvermögen geschriebener Roman, der sich positiv von üblichen Einheitsbrei abhebt.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Habsburger hautnah

"Der Franzi war ein wenig unartig"
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Hofdamen nehmen in der Geschichtsschreibung meist nur eine Randposition ein. Sie werden in Büchern vielleicht mit einem Satz oder einem kurzen Zitat erwähnt oder sollen in Historienfilmen als hübsche Frauen ...

Hofdamen nehmen in der Geschichtsschreibung meist nur eine Randposition ein. Sie werden in Büchern vielleicht mit einem Satz oder einem kurzen Zitat erwähnt oder sollen in Historienfilmen als hübsche Frauen in prächtigen Kleidern dem optischen Aufputz dienen.
Dabei hatten sie doch eine wichtige, wenn auch im Hintergrund wirkende, Position inne, waren enge Vertraute der Herrscherfamilie und wurden bisweilen auch in politischen Angelegenheiten um Rat gefragt. Vor allem aber zeichneten sich durch ihr persönliches Naheverhältnis zu den erlauchten Personen aus und ihre Stellung gewährte ihnen intime Einblicke in das Leben der Familie Habsburg.

Viele Hofdamen haben ihre Erlebnisse sowie ihre bisweilen durchaus scharfsinnigen Beobachtungen in Briefen und Tagebuchaufzeichnungen festgehalten – und einige dieser Erinnerungen sind dem Zahn der Zeit entronnen und konnten von Gundula Walterskirchen für das vorliegende Buch verwendet werden.
Die Autorin beschränkt sich dabei auf die Zeit von Mitte des 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. So kann der Leser beispielsweise die Kindheit des späteren Kaisers Franz Josef, die Revolution von 1848, das Verhältnis zwischen Kaiserin Elisabeth und ihrer Schwiegermutter Erzherzogin Sophie oder die Irrwege des abgedankten Kaisers Karl und seiner Frau Zita nach dem Ende der Monarchie hautnah miterleben.
Natürlich muss man im Hinterkopf behalten, dass es sich bei den in diesem Werk mit großer Ausführlichkeit zitierten Texten um private Auszeichnungen handelt, die von ihren Verfasserinnen nie zur Veröffentlichung gedacht waren. So darf man keine geschliffene Ausdrucksweise erwarten und manche Stelle fällt vielleicht etwas holprig aus – andererseits kann man einigen Hofdamen eine gewisse schriftstellerische Begabung nicht absprechen.

Interessant ist die Lektüre aber auf jeden Fall, vor allem deshalb, weil einem hier Personen, die man sonst nur in ihrer „Rolle“ als Adelige kennt, als Menschen begegnen. Ich kann dieses Buch daher allen, die sich für die österreichische Geschichte begeistern, nur empfehlen.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Heitere Anekdoten-Sammlung

Die Enkel der Tante Jolesch
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In Anlehnung an Friedrich Torbergs Meisterwerke „Die Tante Jolesch“ und „Die Erben der Tante Jolesch“ widmet Georg Markus das vorliegende Buch den Wiener und Österreichischen Originalen aus der 2. Hälfte ...

In Anlehnung an Friedrich Torbergs Meisterwerke „Die Tante Jolesch“ und „Die Erben der Tante Jolesch“ widmet Georg Markus das vorliegende Buch den Wiener und Österreichischen Originalen aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Bekannte Namen wie Maxi Böhm, Attila und Paul Hörbiger, Billy Wilder oder Marcel Prawy tauchen auf und auch die Erinnerung an manche heute schon etwas in Vergessenheit geratene Persönlichkeiten wird für die Nachwelt festgehalten.
Im Prinzip handelt es sich hier um eine Aneinanderreihung verschiedener, großteils durchaus unterhaltsamer Anekdoten, durch die man aber nebenbei auch einiges über die Lebensverhältnisse und den Kulturbetrieb vergangener Zeiten erfahren kann.
Auch wenn dieses Werk nicht ganz an das Original von Torberg heranreicht, eignet es sich doch gut als amüsante Lektüre für zwischendurch.