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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.05.2018

Eine schöne Clifton Fortsetzung

Möge die Stunde kommen
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Der 6. Band der Clifton Serie setzt da ein, wo man infolge eines fiesen Cliffhangers am Ende des 5. Bandes ungeduldig nachschaut, wann die Fortsetzung auf den Markt kommt. Er geht um den Ausgang einer ...

Der 6. Band der Clifton Serie setzt da ein, wo man infolge eines fiesen Cliffhangers am Ende des 5. Bandes ungeduldig nachschaut, wann die Fortsetzung auf den Markt kommt. Er geht um den Ausgang einer Gerichtsverhandlung. Über das Ergebnis möchte ich an dieser Stelle natürlich nichts schreiben. Aber soviel sei gesagt: Der Ausgang gibt reichlich Grundlage für weitere Irrungen und Wendungen der Barrington Gesellschaft sowie von Freunden und Feinden des Clifton Clans.
Mit besonders großer Spannung habe ich auf die Fortsetzung des in Russland gefangenen Schriftstellers Anatoli Babakov gewartet. Harry kämpft nach wie vor für dessen Freilassung. Die inneren Bilder, die sich mir am Ende des Buches im Zusammenhang mit Babakov boten, werden mir hoffentlich noch lange in Erinnerung bleiben.
Insgesamt habe ich mich wiedermal über 589 Seiten hinweg bestens unterhalten gefühlt und gleichzeitig einiges an Zeitgeist und politischen Entwicklungen der Siebzigerjahre mitnehmen können.
Der Roman wechselt immer wieder die Erzählperspektive, sodass die Spannung immer hoch gehalten wird und die Lektüre sehr abwechslungsreich ist. Ich kann diesen 6. Band der Clifton Saga nur empfehlen. Da ich alle Teile gelesen habe, kann ich nichts darüber sagen, wie geeignet das Buch zum Einsteigen ist, wenn man die Figuren und ihre Verflechtungen noch gar nicht kennt. Wie bei allen Serien ist die Einhaltung der Reihenfolge sicher von Vorteil für den vollen Lesegenuss.
Ich vergebe diesem Buch 5 Sterne.

Veröffentlicht am 01.05.2018

München in den 50er Jahren

Der Himmel über unseren Träumen
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Vera Cohn verlebt acht glückliche Kindheitsjahre in München, als ihre Eltern 1938 beschließen, das für Juden immer feindlicher gesinnte Deutschland zu verlassen und in die USA zu emigrieren. Von ihrer ...

Vera Cohn verlebt acht glückliche Kindheitsjahre in München, als ihre Eltern 1938 beschließen, das für Juden immer feindlicher gesinnte Deutschland zu verlassen und in die USA zu emigrieren. Von ihrer geliebten Großmutter Rebecca bleibt Vera nur ein Skizzenbuch mit Zeichnungen von Münchner Gebäuden und Sehenswürdigkeiten, die sie zusammen besucht hatten.
Nach dem Krieg zieht die Familie nach Bonn, wo Veras Vater für die SPD im Parlament sitzt. Vera studiert Architektur und will in ihrem geliebten München am Wiederaufbau während den 1950er Wirtschaftswunderjahren teilhaben. Sie findet eine Stelle in einem Architekturbüro, das vorwiegend Altersheime und Wohnungen baut.
Das Wiederanknüpfen an alte Freundschaften ist nicht einfach, weil ihre jüdischen Kindheitsfreunde weggezogen oder tot sind. Vera findet unter ihren Architektenkollegen und Mitarbeitern im Büro neue Freunde. Jedoch liegt immer wieder die Frage in der Luft, was die Menschen zwischen 1938 und 1945 wirklich gemacht haben. Die Unsicherheit vergiftet auch Veras Liebesbeziehung zu Arthur Brandt, einem aufstrebenden Architekten, der mit seinem Freund Ludger ein eigenes Büro gründet.
In dem Buch erfährt man einiges, wie in Architekturbüros in den 50er Jahren gearbeitet wurde. Die Situation von Frauen, die in den 20/30 er Jahren in den Städten zunehmend eigenständig ein Berufsleben führten, entwickelt sich wieder ins traditionelle Rollenverständnis zurück. Die Männer arbeiten für den Lebensunterhalt der Familie und die Frau kümmert sich um das leibliche Wohl ihres Ehemannes und später um die Kinder. Sehr gut dargestellt ist auch die Stimmung, geprägt einerseits von Aufbruch, aber auch von Misstrauen bezüglich der Vergangenheit. Ist die Entnazifizierung wirklich gelungen oder existieren die alten Seilschaften doch noch? Gerade für Menschen jüdischer Herkunft eine existenzielle Frage nach der Schuld für den Verlust von ganzen Familien.
Heidi Rehn schreibt in einem leisen, unaufgeregten und angenehmen Schreibstil. Die Liebesgeschichte ist gefühlvoll, aber nicht ins Kitschige abdriftend dargestellt. Sehr gut haben mir auch die eingeflochtenen Münchner Schauplätze gefallen. Mich konnte dieser Roman gut unterhalten, ich konnte schön abschalten und habe etwas vom Gefühl der 50er Jahre mitgenommen.
Ich vergebe diesem Buch 4 Sterne und eine Leseempfehlung für Liebhaber von München und Liebesromanen vor historischer Kulisse.

Veröffentlicht am 13.04.2018

Ungewohntes Umfeld, etwas enttäuschend

Dein Tod komme
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In einem abgelegenen Waldstück stößt Rina Becker bei einem Spaziergang auf die Überreste einer Leiche. Sie benachrichtigt ihren Mann, der Detective beim LAPD ist. Die Untersuchungen ergeben, dass es sich ...

In einem abgelegenen Waldstück stößt Rina Becker bei einem Spaziergang auf die Überreste einer Leiche. Sie benachrichtigt ihren Mann, der Detective beim LAPD ist. Die Untersuchungen ergeben, dass es sich um einen Studenten eines benachbarten Colleges handelt, um Laurence Pettigrew, der nur kurze Zeit am College studierte und sich danach einer geschlechtsumwandelnden Operation unterziehen wolle. Durch diese Konstellation führt einen der Krimi ein kleines in die Welt von Lesben, Schwulen und Transvestiten. Eine mir gänzlich unbekanntes Umfeld.
Eine andere interessante Lebenswelt stellt die orthodox jüdische Familie Decker dar. Rina ist nicht Polizistin, unterstützt ihren Mann aber dennoch tatkräftig bei den Ermittlungen. So findet ein guter Teil der Ermittlungsarbeit im Hause Decker statt. Aber grundsätzlich ist Rina damit beschäftig jüdische Feste vorzubereiten.
Gerne hätte ich gerade von diesem letzten Aspekt etwas mehr gelesen, aber das wurde dann doch eher oberflächlich abgehandelt. Das muss jetzt aber kein Manko dieses Bandes sein, weil das in der Serie wahrscheinlich in anderen Bänden eigehender thematisiert worden ist.
Die Polizeiarbeit ist sehr klassisch mit vielen Befragungen und gerichtsmedizinischen Untersuchungen. Mir persönlich waren es etwas zuviele Gespräche und zu wenig Aktion. Die Protagonisten sind zwar zu verschiedenen Schauplätzen und Zeugen hin und her gefahren. Aber das war es dann auch. Ich brauche nicht ständig Verfolgungsjagden, aber ein bisschen Action in einem Krimi möchte ich schon haben. Was mir wirklich nicht gefallen hat, war die Tatsache, dass das Privatleben und die polizeilichen Ermittlungen wild durcheinandergemischt werden. Fallakten lieben bei Familie Decker zu Hause. Rina, die wie schon oben erwähnt nicht bei der Polizei arbeitet, hatte volle Einsicht in die Unterlagen. Das macht auf mich einen unglaubwürdigen Eindruck und hat mich eigentlich immer etwas unterschwellig gestört.
Sprachlich ist das Buch sehr angenehm geschrieben, man kommt schnell in einen guten Lesefluss. Die Kapitel haben eine angenehme Länge, was einen immer wieder motiviert noch eines dranzuhängen. Das Cover sollte man nicht überbewerten. Es hat mir aber sehr gut gefallen. Jedoch ist das einzige, was es mit dem Inhalt zu tun hat, die Fundstelle der Leiche im Wald.
Ich habe mich im ersten Drittel des Krimis recht gut unterhalten gefühlt, weil er mich in eine neue Welt gebracht hat. Danach hat sich die Geschichte für mich zu sehr gezogen. Dem Ende zu wird es dann wieder spannender. Aber die Aufklärung wird nur teilweise zu Ende geführt, ein guter Teil bleibt als Cliffhanger offen, was mich jetzt nicht so erfreut, weil ich den Folgeband nicht lesen werde.

Veröffentlicht am 13.04.2018

Toller Zukunftsroman

Pheromon 1: Pheromon
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Das Äußere dieses Buches ist schon mal sehr auffällig. Das Cover in schwarz mit neonfarbener Fliege und der ebenfalls auffällig bedruckte Schnitt sind auf jeden Fall eine Besonderheit. Von Rainer Wekwerth ...

Das Äußere dieses Buches ist schon mal sehr auffällig. Das Cover in schwarz mit neonfarbener Fliege und der ebenfalls auffällig bedruckte Schnitt sind auf jeden Fall eine Besonderheit. Von Rainer Wekwerth habe ich schon verschiedene Bücher für meinen Sohn gekauft. Selber habe ich noch keines gelesen und hatte somit etwas gemischte Gefühle. Ich bin aber sehr schnell in die Geschichte reingekommen. Das Buch hat mir sowohl vom Sprachlichen her gefallen, als auch vom Inhalt war ich in keinster Weise angenervt, wie das bei mich manchmal bei Jugendbüchern der Fall ist.
Die Handlung spielt auf zwei Zeitebenen. Wir haben einmal die Lebenswelt des Jugendlichen Jake, der in der Gegenwart 2018 lebt. Er entdeckt zunehmend, dass sich sein Leben verändert. Anstelle seines bisher sehr einschränkenden Heuschnupfens beginnt er zunehmend sehr starke Geruchseindrücke zu verspüren. Er lebt das Leben eines ganz normalen Jugendlichen. Die Charaktere um ihn herum sind glaubhaft geschildert und man gewinnt eine gute Vorstellung von den Schauplätzen.
Der zweite Erzählstrang spielt im Jahr 2118 und handelt von Travis, einem etwa 70 jährigen Arzt, der in einem sozialen Zentrum benachteiligte Menschen behandelt. Da ich Science Fiction gar nicht so mag, dachte ich zuerst, dass mir wahrscheinlich der Erzählstrang von 2018 besser gefallen wird. Aber so war es dann gar nicht. Ich habe die Geschichte um Travis sofort sehr gerne gehabt. Die zukünftige Technologie ist interessant und nicht übertrieben in die Handlung eingeflochten.
Erst nach einiger Zeit beginnt man zu spüren, wie die beiden Erzählstränge zusammenhängen. Die Handlung wird wirklich sehr spannend und die relativ kurzen Kapitel und abwechselnden Zeitebenen motivieren einem immer weiter zu lesen.
Das Buch ist für Jugendliche ab 14 Jahren empfohlen. Ich denke beim Erzählstrang mit Jake haben Jugendliche eine sehr schöne Identifikationsfigur. Während die Handlung um den älteren Travis auch ein reiferes Lesepublikum anspricht.
Ich habe mich mit diesem Buch erstaunlich gut unterhalten gefühlt. Es hat mir ein, von mir bisher wenig beachtetes Genre näher gebracht. Ich empfehle das Buch allerdingst eher Jugendlichen ab 16 Jahren, weil es teilweise doch recht zur Sache geht und für den vollen Genuss einiges an Reife abverlangt.
Von mir erhält das Buch 5 Sterne.

Veröffentlicht am 30.11.2017

Spannende Serienfortsetzung

Stimme der Toten
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Mit dem vorliegenden Kriminalroman greift Elisabeth Herrmann die Geschichte um die Tatortreinigerin Judith Kepler aus „Zeugin der Toten“, die 2011 erschienen ist und mit Anna Loos in der Hauptrolle verfilmt ...

Mit dem vorliegenden Kriminalroman greift Elisabeth Herrmann die Geschichte um die Tatortreinigerin Judith Kepler aus „Zeugin der Toten“, die 2011 erschienen ist und mit Anna Loos in der Hauptrolle verfilmt worden ist, wieder auf. Das Schicksal von Judith Kepler ist sehr berührend. Sie ist in einem Kinderheim in Sassnitz aufgewachsen und erfährt im 1. Band, dass sie eigentlich nicht die ist, für die sie sich hält. Dieser zweite Band setzt 6 Jahre später ein. Judith arbeitet immer noch in der Reinigungsfirma Dombrowski als „Cleaner“ und scheint die traumatischen Erlebnisse und Erkenntnisse einigermaßen verarbeitet zu haben. Sie wird zu einem Todesfall in einer Bank gerufen, wo ein Mitarbeiter im Gebäude mehrere Stockwerke tief gefallen und verstorben ist. Man geht von einem Unfall oder Selbstmord aus, bis Judith Kepler an einem Waschbecken Blutspuren entdeckt für die es keine Erklärungen gibt.
Durch Judiths professionelle und effiziente Haltung fällt sie dem obersten Geschäftsführer der Bank CHL auf, der sie als Reinigungskraft in der Bank einstellen will. Judith trifft wieder auf andere Figuren, die man bereits aus dem ersten Band kennt und wird zum interessanten Zielobjekt von verschiedenen Geheimdiensten.
Mich hat das Schicksal von Judith Kepler im 1. Band sehr berührt und deshalb habe ich mich sehr gefreut, wieder mehr von dieser Figur zu lesen. Judith ist ein Opfer fehlgeleiteter Operationen innerdeutscher Geschichte und trägt sehr viele Verletzungen mit sich herum. Mich hat ihr fragiler Charakter sehr fasziniert und ich fand es interessant zu erfahren, wie sie sich weiter entwickelt hat.
Die Handlung ist recht spannend aufgebaut. Man ist sehr schnell in der Geschichte drin und kann sich die Schauplätze vor dem inneren Auge vorstellen. Allerdings darf man nicht einen Whodunit Krimi erwarten, in dem Judith die Ermittlerin spielt und einen Mord aufklärt. Es handelt sich eher um einen Agententhriller, der sich sprachlich sehr angenehm lesen lässt, aber inhaltlich stellenweise recht kompliziert und anspruchsvoll ist. Er erfordert einiges an Aufmerksamkeit und Interesse an Geheimdienstthemen zu DDR, Russland und dem BND. Wer sich nicht für die neuere deutschen Geschichte interessiert, wird vermutlich etwas Mühe haben, in den Thriller einzutauchen. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, allerdings war es mir nicht immer klar genug und ich fand den Teil der Geschichte, in dem es um ein junges Mädchen in einem „Nazidorf“ geht, zwar sehr spannend aber die Verbindung zur Haupthandlung doch sehr konstruiert.
So ist für mich das Ende auch etwas zu abrupt eingetreten und die Beweggründe und die Folgen für die handelnden Personen nicht so genau ersichtlich, wie ich es gerne gehabt hätte.
Man kann dieses Buch sicher auch lesen, ohne die Vorgeschichte zu kennen. Aber ich denke doch, dass man dann viele Andeutungen oder Reaktionen nicht wirklich versteht. Deshalb empfehle ich „Zeugin der Toten“ vorher zu lesen oder allenfalls den Film anzuschauen, damit die Handlung richtig einordnen kann.
Ich vergebe diesem Buch 4 Sterne.