Eine Hommage an die Liebe
Goethe in KarlsbadAls Johann Wolfgang von Goethe nach seiner Ankunft in Karlsbad, wo er seine Zipperlein kurieren will, ein junges Pärchen, Henri und Amalie, vom gemeinsamen Selbstmord abhält, weiß der Geheimrat noch nicht, ...
Als Johann Wolfgang von Goethe nach seiner Ankunft in Karlsbad, wo er seine Zipperlein kurieren will, ein junges Pärchen, Henri und Amalie, vom gemeinsamen Selbstmord abhält, weiß der Geheimrat noch nicht, in welche „Amour fou“ er sich einmischt. Beider Eltern haben schon jeweils passende, sprich für die Familie nützliche, weil vermögende, Partner ausgesucht. Eine Vorgehensweis, die der Zeit entsprechend ganz normal und üblich ist. Liebe ist damals etwas für das Küchenpersonal, eine Ehe ist ein geschäftlicher Kontrakt.
Doch Goethe fühlt sich für das Pärchen verantwortlich, hat er doch mit seinem „Werther“ eine Steilvorlage für alle Verliebten geschaffen, deren Gefühle nicht erfüllt werden oder verboten sind.
Während Goethe versucht, bei den Familien zugunsten der Verliebten zu intervenieren, macht in Weimar das Gerücht eines unehelichen Kindes Goethes die Runde. Hat er oder hat er nicht?
Meine Meinung:
Ralf Günther setzt mit diesem Buch der Liebe ein Denkmal, an jenem von Goethe kratzt er ein wenig. Goethe ist ein mächtiger und vermögender Mann und kann es sich richten. Das macht ihn ein wenig unsympathisch. Doch wie sagt schon sein Faust? “Zwei Seelen wohnen, ach in meiner Brust“ - auch Goethe ist zwiegespalten. Er setzt sich über alle Konventionen hinweg, als er mit Christiane Vulpius lange Zeit ohne Segen der Kirche zusammenlebt. Immerhin unterstützt er jene Frau, die vorgibt ein Kind von ihm zu erwarten. Er fädelt - so en passant - eine Ehe für sie ein und erkauft sich ihr Schweigen. Gleichzeitig fühlt er mit Amalie und Henri.
Macht macht erotisch und deshalb wirkt Goethe auch im Alter auf zahlreiche Frauen anziehend. Er, der arme, schwache Mann muss sich den Frauen natürlich hingeben.
Ralf Günther zeichnet ein ziemlich realistisches Bild des Jahres 1816. Er lässt uns Leser die beschwerlichen Reisen mit der Postkutsche miterleben, die die diversen Gerüche und das nervige Geplapper der Mitreisenden ebenso einschließt wie das Gerumpel über unbefestigte Straßen und Wege. Die bildhafte Sprache lässt uns auf den Spuren von Goethe in Karlsbad lustwandeln.
Die Sprache ist dem Zeitalter angepasst. Für mich ist es ein wahres Vergnügen, diesen Sprachduktus zu lesen.
Fazit:
Eine Hommage an die Liebe, die gleichzeitig den großen Dichter Goethe in einem nicht immer ganz so vorteilhaften Licht erscheinen lässt. Wunderbar zu lesen, deshalb gibt es hier 5 Sterne.