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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.03.2022

Eine Hommage an die Liebe

Goethe in Karlsbad
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Als Johann Wolfgang von Goethe nach seiner Ankunft in Karlsbad, wo er seine Zipperlein kurieren will, ein junges Pärchen, Henri und Amalie, vom gemeinsamen Selbstmord abhält, weiß der Geheimrat noch nicht, ...

Als Johann Wolfgang von Goethe nach seiner Ankunft in Karlsbad, wo er seine Zipperlein kurieren will, ein junges Pärchen, Henri und Amalie, vom gemeinsamen Selbstmord abhält, weiß der Geheimrat noch nicht, in welche „Amour fou“ er sich einmischt. Beider Eltern haben schon jeweils passende, sprich für die Familie nützliche, weil vermögende, Partner ausgesucht. Eine Vorgehensweis, die der Zeit entsprechend ganz normal und üblich ist. Liebe ist damals etwas für das Küchenpersonal, eine Ehe ist ein geschäftlicher Kontrakt.

Doch Goethe fühlt sich für das Pärchen verantwortlich, hat er doch mit seinem „Werther“ eine Steilvorlage für alle Verliebten geschaffen, deren Gefühle nicht erfüllt werden oder verboten sind.

Während Goethe versucht, bei den Familien zugunsten der Verliebten zu intervenieren, macht in Weimar das Gerücht eines unehelichen Kindes Goethes die Runde. Hat er oder hat er nicht?

Meine Meinung:

Ralf Günther setzt mit diesem Buch der Liebe ein Denkmal, an jenem von Goethe kratzt er ein wenig. Goethe ist ein mächtiger und vermögender Mann und kann es sich richten. Das macht ihn ein wenig unsympathisch. Doch wie sagt schon sein Faust? “Zwei Seelen wohnen, ach in meiner Brust“ - auch Goethe ist zwiegespalten. Er setzt sich über alle Konventionen hinweg, als er mit Christiane Vulpius lange Zeit ohne Segen der Kirche zusammenlebt. Immerhin unterstützt er jene Frau, die vorgibt ein Kind von ihm zu erwarten. Er fädelt - so en passant - eine Ehe für sie ein und erkauft sich ihr Schweigen. Gleichzeitig fühlt er mit Amalie und Henri.

Macht macht erotisch und deshalb wirkt Goethe auch im Alter auf zahlreiche Frauen anziehend. Er, der arme, schwache Mann muss sich den Frauen natürlich hingeben.

Ralf Günther zeichnet ein ziemlich realistisches Bild des Jahres 1816. Er lässt uns Leser die beschwerlichen Reisen mit der Postkutsche miterleben, die die diversen Gerüche und das nervige Geplapper der Mitreisenden ebenso einschließt wie das Gerumpel über unbefestigte Straßen und Wege. Die bildhafte Sprache lässt uns auf den Spuren von Goethe in Karlsbad lustwandeln.

Die Sprache ist dem Zeitalter angepasst. Für mich ist es ein wahres Vergnügen, diesen Sprachduktus zu lesen.

Fazit:

Eine Hommage an die Liebe, die gleichzeitig den großen Dichter Goethe in einem nicht immer ganz so vorteilhaften Licht erscheinen lässt. Wunderbar zu lesen, deshalb gibt es hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 13.03.2022

Opulente Roben kunstvoll in Szene gesetzt

Wiener Chic
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Dieses großformatige (25,1 x 33,7cm) und mit 2,5 kg schwergewichtige Buch zeigt das Werk der österreichischen Designerin Susanne Bisovsky, die mit ihren Entwürfen Wien wieder zur Weltstadt der Mode machen ...

Dieses großformatige (25,1 x 33,7cm) und mit 2,5 kg schwergewichtige Buch zeigt das Werk der österreichischen Designerin Susanne Bisovsky, die mit ihren Entwürfen Wien wieder zur Weltstadt der Mode machen will.

Für ihre farbenprächtigen Kreationen nimmt sie Anleihen an den Trachten verschiedenster Völker. Sie mixt alpenländische Stilelemente mit mexikanischer Textilkunst und verhilft auch alter Handwerkskunst, wie Spitzenklöppeln oder Stickereien zu einer Renaissance. Vor allem ihr prächtiger Kopfschmuck ist Teil ihres unverwechselbaren Stils. Hier nimmt sie sich unter anderem die Goldhaube, die bräutliche und die Witwenhaube zum Vorbild. Unmengen von Stoffbahnen werden in feinsten Plissée zu imposanten Kopfbedeckungen arrangiert.

Susanne Bisovsky ist Schülerin von Vivienne Westwood und hat mit Helmut Lang und Jean Charles de Castelbajac zusammengearbeitet. Ihr Credo ist, den Trend zu nachhaltiger Mode zu entwerfen. Dabei muss man schmunzelnd festhalten, dass „nachhaltige Mode“ und „Trend“ ein Widerspruch in sich ist.

Die farbenprächtigen Roben (man kann die Kleider nicht anders bezeichnen) erinnern an die Bilder von Frida Kahlo. Die Malerin wäre bestimmt eine Kundin von Susanne Bisovsky. Ganz alltagstauglich sind die Kleider nicht. Manche Stoffe erinnern mich an die Gobelins und die Petit-Point-Stickereien.

Die Designerin verwendet kostbare Seidenstoffe, kaum einfärbig - und wenn, dann sind es Moiré-Stoffe. Manchmal wird Latex über und über mit Blumen bedruckt als Strumpfstiefel verwendet. Baumwollstoffe, die dem im Burgenland beheimateten Blaudruck bearbeitet sind, dürfen auch nicht fehlen.

Die kunstvollen Roben sind ebenso kunstvoll von mehreren Fotografen in Szene gesetzt.

Meine Meinung:

Wer sich für große Mode interessiert, wird an diesem Buch nicht vorbeikommen.
Ob es mit diesen prächtigen Entwürfen gelingen wird, Wien aus seinem Dornröschenschlaf als Modestadt zu wecken, wage ich nicht zu beantworten.

Interessant zu lesen sind auch die Beiträge von Kolleginnen und Kollegen.

Fazit:

Das Buch ist jedenfalls ein wahrer Augenschmaus, auch wenn die meisten Kreationen nur im passenden Kontext getragen werden können. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 12.03.2022

Eine gelungene Fortsetzung

Das Auktionshaus (Die Auktionshausserie 2)
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Sarah Roswell ist mit ihren 29 Jahren stellvertretende Geschäftsführerin in einem bekannten Wiener Auktionshaus, was nicht allen so recht passt. Ein intriganter Kollege sägt an ihrem Stuhl und versucht, ...

Sarah Roswell ist mit ihren 29 Jahren stellvertretende Geschäftsführerin in einem bekannten Wiener Auktionshaus, was nicht allen so recht passt. Ein intriganter Kollege sägt an ihrem Stuhl und versucht, ihr einen Fehler nachzuweisen.

Die düsteren Schatten der Vergangenheit im Londoner Auktionshaus verfolgen sie bis in die Donaumetropole, die von politischen Unruhen der Zwischenkriegszeit erschüttert wird.

Gleichzeitig steht ihre Verbindung mit dem verheirateten Fotografen Philipp Maynard auf Messers Schneide. Doch ihre alten Freunde aus London lassen Sarah nicht im Stich und kurz bevor ihre Mutter stirbt, enthüllt diese Sarah ein lange gehütetes Geheimnis.

In den Wirren während des Brandes des Justizpalastes 1927 kommen ihre jüdischen Freunde Hannah und Levi als völlig Unbeteiligte ums Leben und Sarah muss ihr Versprechen, sich um deren kleine Tochter zu kümmern, einlösen.

Das und die Eröffnung eines Auktionshauses in New York, bieten einen Cliffhanger für eine weitere Fortsetzung.

Meine Meinung:

Nach den Anfängen im Londoner Auktionshaus, das sie nach einem schwerwiegenden Fehler, der einen Skandal hervorgerufen hat, ist Sarah nun in Wien angekommen. In einem Wien, das Hauptstadt der riesigen Donaumonarchie war und nun, nach dem Ersten Weltkrieg, zwar noch Hauptstadt, aber nur mehr von einem kläglichen Rest des einst so imposanten Vielvölkerstaates, ist. Die meisten Menschen leben in bitterer Armut, wie es Sarah aus ihrer Heimat London kennt.

Sarah, die nach wie vor unverheiratet ist, stößt auf Widerstand in der Vorstandsetage des Auktionshauses. Wenn sie ihre Stellung behalten will, muss sie heiraten.

Neben der gut gelungenen Darstellung der Zeitgeschichte dürfen wir Sarah bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen. Wir erfahren, wie eingebrachte Schmuckstücke bewertet werden. Dabei erwarten manche Menschen einen weit höheren Wert und sind ungehalten, wenn sich das angebotene Stück als beschädigt erweist.

Geschickt sind die verschiedenen politischen Strömungen, die in der Mehrheit antisemitisch sind, eingeflochten. Das bekommen ihre Freunde Hannah und Levi fast täglich zu spüren. Anfangs ist es „nur“ der subtile, tägliche Antisemitismus, dann werden gezielt Attacken daraus.

Der Schreibstil ist leicht und flüssig zu lesen und man kann an Sarahs Seite durch das Wien der Zwischenkriegszeit flanieren. Doch die finsteren (braunen) Wolken ziehen bereits herauf. Wie wird sich Sarah im dritten Teil entscheiden? Denn, dass es eine Fortsetzung geben wird, ist aufgrund des Cliffhangers klar.

Fazit:

Dieser historische Roman hat mir gut gefallen, deshalb gibt es 5 Sterne.

Veröffentlicht am 12.03.2022

Fesselnd bis zur letzten Seite

Syltfluch
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Kurz nachdem das Wrack eines historischen Wikingerschiffs aufgetaucht ist, bricht auf Sylt ein wahrer Orkan los. Wenig später wird die Kuratorin des Inselmuseums mit einer Schusswunde im Bauch und einem ...

Kurz nachdem das Wrack eines historischen Wikingerschiffs aufgetaucht ist, bricht auf Sylt ein wahrer Orkan los. Wenig später wird die Kuratorin des Inselmuseums mit einer Schusswunde im Bauch und einem Runenstein in der Tasche tot aus der tosenden See geborgen.

Bald schon mehren sich die Gerüchte um einen Fluch der Wikinger, den angebliche Nachfahren von Wikingern noch fest anheizen. Was ist dran an den Gerüchten, dass das Schiff einen Schatz birgt und beides wieder dem Meer übergeben werden muss, um die Götter der Wikinger zu besänftigen?

Kriminalhauptkommissarin Lene Cornelsen hat sich ihre Rückkehr auf die Insel anders vorgestellt. Da die Touristen die Insel weder mit den Fähren noch mit Hubschrauber verlassen können, ist die Stimmung mehr als gereizt.

Statt Sonnenschein Unwetter, statt gewohnter Polizeiarbeit Handlangerdienste für den schwierigen Vorgesetzten. Einzig ihr Jugendfreund scheint ein Lichtblick in dem Schlamassel zu sein.

Als dann noch der Funkverkehr, das Internet sowie das Mobilfunknetz zusammenbricht, sind die Insulaner ganz auf sich allein gestellt.

Meine Meinung:

Sebastian Thiel, von dem ich schon mehrere Bücher gelesen habe, fasziniert diesmal mit seinem Setting auf der Insel Sylt.

Geschickt führt Sebastian Thiel seine Leser an der Nase herum. Bis Lene Cornelsen erkennt, wer Freund, wer Feind ist, ist es beinahe zu spät.

Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt: zum einen jene eines Wikingers, der sich im 11. Jahrhundert mit dem Schatz und der Sklavin seines Anführers aus dem Staub macht und zum anderen mit dem gegenwärtigen, in dem just dieses Schiff wieder auftaucht.

Ich konnte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen und habe sogar in der U-Bahn gelesen und bin eine Station zu weit gefahren, weil mich die Geschichte so gefesselt hat.

Die ungelösten Konflikte, die Lene Cornelsen in der Vergangenheit von der Insel vertrieben haben, haben Potenzial für eine neue Serie. Lene ist ja auch nicht unbedingt ein einfacher Charakter - das macht neugierig auf eine Fortsetzung, die hoffentlich bald folgen wird.

Fazit:

Ein fesselnder Sylt-Krimi dem ich gerne eine Leseempfehlung und 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 11.03.2022

Ein gelungenes Krimidebüt

Gaußberg
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Kriminalhauptkommissar Wim Schneider steckt tief in einer Krise. Zum einen wird er gemeinsam mit seiner Kollegin Birgit „Biggi“ Höfgens an das Einbruchsdezernat von Hannover verliehen, weil dort Personalmangel ...

Kriminalhauptkommissar Wim Schneider steckt tief in einer Krise. Zum einen wird er gemeinsam mit seiner Kollegin Birgit „Biggi“ Höfgens an das Einbruchsdezernat von Hannover verliehen, weil dort Personalmangel herrscht, aber kein Mangel an Einbrüchen. Zum anderen treiben ihn die Schmerzen in seinem Unterleib die Wände hoch, doch zum Arzt gehen, ist keine Option.

Als dann eine weibliche Wasserleiche auftaucht, wird Schneider zu seiner Überraschung zum Leiter der städteübergreifenden Ermittlungen ernannt, weil die tote Frau aus seiner Heimatstadt Braunschweig stammt. Die Freude über die Leitungsfunktion währt nicht lange, denn er muss mit seinem Braunschweiger Ex-Kollegen Manfred Wiegand und dessen Kollegin Rosalie Helmer zusammenarbeiten.

Wenig später gibt es eine weitere Leiche, die auch nicht die Letzte bleiben wird, und die Ermittlungen kommen ins Stocken ...

Meine Meinung:

Mario Bekeschus ist hier ein vielschichtiges Krimi-Debüt gelungen. Was zunächst wie ein Kriminalfall im Umkreis von Immobilienspekulanten aussieht, entpuppt sich zu einem wahren Gordischen Knoten.

Der Autor lockt seine Leser auf zahlreiche Spuren und nicht selten enden diese in der einen oder anderen Sackgasse. Mehrere Handlungsstränge, die anfangs sogar nichts miteinanderzutun haben zu scheinen, verquicken sich im Laufe des Krimis zu einem.

Der Schreibstil gefällt mir gut, zieht sich doch feiner Humor durch das gesamte Buch. So kabbelt sich Wim stets mit Birgit, die er seit Jahrzehnten kennt und immer nur „Biggi“ ruft, wie ein altes Ehepaar.

Schmunzeln musste ich häufig über Wim, wenn er sich weigert, die modernen Helferleins wie Smartphone oder Datenbanken zu nutzen. Biggi springt hier immer helfend ein, was manchmal auch recht komisch wirkt. Schneiders Angst vor dem Arzt und einer schlimmen Diagnose ist nur allzu menschlich.

Fazit:

Ein gelungenes Krimi-Debüt, dem ich gerne 4 Sterne gebe. Ich freue mich, wenn es eine Fortsetzung gibt.