Profilbild von tinstamp

tinstamp

Lesejury Star
offline

tinstamp ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit tinstamp über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.11.2017

Berührender Roman über eine verhängnisvolle Lüge

Wie der Wind und das Meer
0

Sehr gespannt war ich auf Lilli Becks zweiten Roman, der nicht aus der heiteren Ecke kommt. Nachdem mir "Glück und Glas", das vor zwei Jahren erschienen ist, sehr gut gefallen hat, freute ich mich auf ...

Sehr gespannt war ich auf Lilli Becks zweiten Roman, der nicht aus der heiteren Ecke kommt. Nachdem mir "Glück und Glas", das vor zwei Jahren erschienen ist, sehr gut gefallen hat, freute ich mich auf "Wie der Wind und das Meer" der Autorin.

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen und beginnt im letzten Kriegsjahr, 1945. Man steigt mitten in das Kriegsgeschehen ein und harrt mit den Münchner Einwohnern in den Luftschutzkellern aus. Hier sind auch der elfjährige Paul, seine Stiefmutter und seine Stiefschwester Rosalie, sowie Onkel Fritz und Tante Tilli untergekommen. Sie sind Flüchtlinge aus Pommern, die in München bei den Verwandten ein neues Zuhause gefunden haben. Doch diesmal trifft eine Bombe das Haus und der kleine Paul bleibt als einziger Überlebender zurück. Hungrig und zitternd irrt er mit seinem Lederkoffer, der die Besitzurkunde des Gutes in Pommern, sowie Fotos beinhaltet, durch das zerbombte München. Hinter einem Trümmerhaufen findet er ein kleines Mädchen. Sie heißt Sarah Silbermann, ist Jüdin und hat ebenfalls ihre Familie verloren. Die Kinder beschließen zusammenzubleiben und Paul überredet Sarah sich fortan Rosalie zu nennen und sich als seine Schwester auszugeben. So können sie zusammenbleiben und Sarah muss auch nicht weiter Angst vor den Nazis haben. Eine Jungenbande gewährt ihnen Unterschlupf bis sie bei der Blumen-Oma ein neues Zuhause finden. Die Marktfrau Agathe gibt sie als ihre Großnichte und -neffen aus, doch die Mühlen der Bürokratie mahlen auch am Ende des Krieges zielsicher und Paul und Rosalie/Sarah wandern ins Waisenhaus. Ihr gemeinsamer Wahlspruch

"Wir gehören zusammen wie der Wind und das Meer. Zusammen sind wir stark, zusammen kann uns nichts geschehen.“ - Seite 28

wird auf eine harte Probe gestellt.
Als sie als Teenager plötzlich beginnen mehr füreinander zu empfinden, macht ihnen der Pakt von einst, sich als Geschwister auszugeben, einen Strich durch die Rechnung. Mit der Wahrheit können sie nicht mehr herausrücken, ohne Agathe und ihre neuen Adoptiveltern zu gefährden.

Der Roman umspannt ganze 45 Jahre, spielt in München und Berlin und erzählt abwechselnd aus der Sicht von Paul und Rosalie.
Der erste Abschnitt bis zum Jahr 1952 ist eine emotionale Achterbahnfahrt, die von der Autorin grandios erzählt wurde. Diese sehr eindringliche Passage erzählt von den Tagen als Trümmerkinder, den Hunger und die folgende liebevolle Aufnahme bei der Blumen-Oma. Die Willkür der Bürokratie die beiden Kinder der fürsorglichen Liebe von Agathe zu entreißen und sie in ein katholisches Waisenhaus zu stecken, wo Zucht und Ordnung herrscht, hat mich emotional sehr mitgenommen.
Den Mittelteil, der Paul und Rosalie ihre Gefühle füreinander entdecken lässt, empfand ich nicht ganz so stark. Hier wird viel auf die Empfindungen der Beiden eingegangen und wie sie damit umgehen. Während Paul sich bei seiner neuen Familie und der Verantwortung am Gemüsemarkt wohl fühlt und seine Zukunft darin sieht, träumt Rosalie noch immer davon ihre Leben ähnlich dem ihrer Mutter zu gestalten. Als sie beim Münchner Radiosender für ein Hörspiel vorspricht und genommen wird, sieht sie sich ihren Träumen näher. Hier fehlte mir allerdings etwas Atmosphäre. Die Dialoge und Liebesschwüre empfand ich manchmal etwas aufgesetzt. Man spürte die tiefe Verbundenheit der Beiden, aber trotzdem fehlte mir das gewisse Etwas.

Die Auswirkungen der verboten Liebe sind das Hauptthema des Romans. Diese sind der rote Faden der Geschichte. Dabei hat Lilli Beck auch die politische Zeitgeschichte gut eingefangen. Angefangen von den Hungerjahren bis zum Wiederaufbau, dem dauffolgenden Wirtschaftsaufschwung, der Bau der Mauer, der Kalte Krieg, Studentenbewegungen und Hausbesetzungen.

Die dramatischen Ereignisse im letzten Teil des Buches haben wiederum meine volle Aufmerksamkeit bekommen und haben mich am Ende ziemlich fassungslos zurückgelassen.

Charaktere:
Die Charaktere sind lebendig und mitten aus dem Leben gegriffen. Besonders ins Herz geschlossen habe ich Agathe, die Blumen-Oma, die sich den beiden Kindern annimmt und bis zu ihrem Lebensende ihre Ersatzoma bleiben wird. Sie ist auch die Einzige, die das Geheimnis um Sarah/Rosalie kennt. Gut gefallen haben mir auch "die Überkandidelten" im Haus von Rosalie in Berlin.
Die beiden Hauptprotagonisten fand ich als Kinder überzeugender, als im erwachsenen Alter. Nicht alle ihre Handlungen konnte ich nachvollziehen, besonders der ältere Paul wurde mir fremd. Trotzdem entwicklen sich beide Charaktere stark weiter und dennoch bleibt ihre Liebe für alle Ewigkeit bestehen.....wie der Wind und das Meer....

Schreibstil:
Lilli Beck schreibt wunderbar bildhaft, flüssig und lebendig. Ich war mit Paul und Rosalie am Gemüsemarkt, durchlebte mit ihnen die Ängste im Waisenhaus und fand die Bewohner der verrückten WG in Berlin herzerfrischend.
Die Geschichte ist in fünf Teile und Zeitabschnitte unterteilt und umspannt die Jahre 1945 bis 1990. Die Kapitel sind eher kurz gehalten bzw. haben eine angenehme Länge. Die Autorin erzählt abwechselnd aus Sicht von Pauls und Rosalie/Sarah.

Fazit:
Ein berührender Roman, der neben der Handlung rund um Paul und Rosalie auch deutsche Zeitgeschichte eingefangen hat. Eine dramatische Zeitreise, die im letzten Kriegsjahr des Zweiten Weltkrieges beginnt und kurz vor dem Mauerfall endet. Bewegend und ergreifend.

Veröffentlicht am 10.11.2017

Tolles Thrillerdebüt

Angstmörder
0

Das Debüt des deutschen Autors Lorenz Stassen hat mich bereits ab der ersten Seite in Atem gehalten. Es geht spannend los, wobei der Leser dem Mörder direkt über die Schulter blickt und Zeuge eines eiskalten ...

Das Debüt des deutschen Autors Lorenz Stassen hat mich bereits ab der ersten Seite in Atem gehalten. Es geht spannend los, wobei der Leser dem Mörder direkt über die Schulter blickt und Zeuge eines eiskalten Mordes wird.
Danach lernen wir den ziemlich erfolglosen Anwalt Nicholas Meller kennen, der seine Arbeitstage in seinem Ein-Mann-Büro mehr an seiner Playstation, als mit aktuellen Fällen verbringt. Seine eher zwielichten Klienten stammen großteils aus Russland, da Meller deutsch-russisch-stämmig ist. Erst als sich Nina Vonhoegen bei ihm als Referendarin bewirbt, stellt sich auch bei Nicholas der Ehrgeiz ein. Nina ist eine toughe junge Studentin mit einem zurückgebildeten Arm. Sie kommt mit ihrer Behinderung relativ gut zurecht und beichtet Nicholas gleich zu Beginn, dass sie sich für seine Kanzlei entschieden hat, weil ihr Wohnort nicht weit entfernt ist und sie Zeit zum Lernen benötigt, die sie in der wenig frequentierten Kanzlei wohl zur Genüge haben wird. Doch die gewünschte Ruhe stellt sich nicht ein, denn die Beiden haben bald ihren ersten Mordfall. Meller soll als Pflichtverteidiger einen Mandanten übernehmen, den er schon einmal verteidigt hat. Dieser wird des Mordes an seiner Frau beschuldigt. Die Indizien sind eindeutig, doch er beteuert seine Unschuld. Nicholas und Nina versuchen mit Hilfe der Staatsanwältin Franka Naumann die Polizei zur Wiederaufnahme der Ermittlungen zu bewegen und die Beweislage zu entkräften. Dabei kommen sie der Wahrheit immer näher....

Nicht nur der Einstieg ist gelungen, sondern der gesamte Plot. Der Thriller ist temporeich, spannend und kann ein außergewöhnliches Duo vorweisen. Der Anwalt und seine Referendarin sind untypische "Ermittler" und auch die Behinderung Ninas ist für mich ein neues Thema. Die Charaktere haben Ecken und Kanten. Nicholas ist ein sympathischer, selbstironischer Mann, der zwischen Ehrgeiz und Faulheit hin- und herschwankt. Trotzdem versucht er immer alles was möglich ist für seine Mandaten herauszuholen. Zuhilfe kommen ihm dabei seine Kontakte zur russischen Mafia.
Nina hat trotz ihrer Behinderung Selbstvertrauen, viel Humor und bringt Nicholas auf die richtige Spur des Täters. Die anbahnende Liebesgeschichte hätte ich in einem Thriller nicht unbedingt gebraucht, passt aber für das letzte Drittel der Story hervorragend, um noch mehr Spannung zu erzeugen.
Der Täter ist äußert gewitzt und plant sehr vorausschauend. Er beobachtet seine Opfer lange, bevor er zuschlägt. Er ist ein Perfektionist und doch unterläuft ihm eines Tages ein Fehler...

Der Autor kann in seinem Debütroman mit überraschenden Wendungen und einem ansteigenden Spannungsbogen punkten. Zum Ende hin gibt es noch einen finalen Showdown, der mich das Buch nicht mehr aus der Hand legen ließ.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Lorenz Stassen ist packend und temporeich, die Kapitel sind eher kurz gehalten. Es wird größtenteils aus der Sicht von Nicholas in der Ich-Perspektive erzählt. Man erhält aber auch in einigen Kapiteln Einsicht in die Gedanken des Täters, als auch der Opfer. Letzteres hatte ich bis jetzt erst einmal bei einem Thriller und hat mit sehr gut gefallen, da man auch die zukünftigen Opfer besser kennen lernt und eine "Beziehung" zu ihnen aufbaut.

Fazit:
Ein neuer Autor am Thrillerhimmel, der mich überzeugen konnte. Für einen Debütroman große Klasse! Ich warte mit Spannung auf den nächsten Thriller aus der Feder von Lorenz Stassen und hoffe auf eine weitere spannende Geschichte mit Nicholas und Nina. Ich gebe 4 1/2 Sterne und lass noch Luft nach oben für den Nachfolger, der hoffentlich folgen wird.

Veröffentlicht am 09.11.2017

Leider nicht mein Krimi

Tödliches Handicap
0

Vielleicht war es mein Fehler mit dem 3. Teil der Krimireihe von Eva Reichl anzufangen. Vom Inhalt her versprach ich mir einen spannenden Krimi, der noch dazu in der oberösterreichischen Landeshauptstadt ...

Vielleicht war es mein Fehler mit dem 3. Teil der Krimireihe von Eva Reichl anzufangen. Vom Inhalt her versprach ich mir einen spannenden Krimi, der noch dazu in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz in meiner Heimat Österreich spielt. Gerechnet habe ich allerdings nicht mit den humorvollen himmlischen Zwischenepisoden in kursiver Schrift, die über Petrus, dem Erzengel Gabriel und Gott erzählen. Was den meisten Lesern in der Leserunde gefiel, schmiss mich jedes Mal aus der Krimihandlung. Das war schade, da der Plot eigentlich sehr vielversprechend klang.

Beim Treffen im Linzer Landhaus des tschechischen Ministerpräsidenten und des oberösterreichischen Landeshauptmannes zum Thema Ausbau des grenznahen Kernkraftwerkes Temelin sind die Sicherheitsmaßnahmen hoch. Neben der üblichen Security sind auch Chefinspektor Thomas Neuhorn und sein Kollege Mark Sollstein der Linzer Krimnalpolizei im Einsatz. Bei einem Schusswechsel wird Sollstein verletzt und in späterer Folge Neuhorn von einem weiteren Täter hinterrücks niedergeschossen. Galt der Anschlag tatsächlich den beiden Polizisten oder ging hier jede Menge schief? Der verletzte Mark Sollstein nimmt mit seinen Kollegen die Ermittlungen auf....

Der eigentliche Fall hat Potential und ist gut konstruiert. Ebenso hat die Geschichte einige überraschende Wendungen zu bieten. Die Themen wie Atomkraft, ein Vergnügungspark am See und die Leichen zweier jungen Frauen in der Donau ergaben fast zu viele Handlungsstränge. Diese liefen jedoch am Ende perfekt zusammen und ließen keine Fragen offen.
Teilweise fehlte mir die Spannung, die meiner Meinung vorallem durch die störenden Einschübe direkt aus dem Himmel, zu kurz kam. Diese sind zwar sehr humorvoll, waren aber für mich als Krimi-und Thrillerleser vollkommen unnötig und störten den Lesefluss. Deswegen muss ich leider sagen dass "Tödliches Handicap" nicht mein Buch war. Dies soll jedoch andere Leser nicht davon abhalten diesen humorvollen Krimi zu lesen, denn die Bewertungen der anderen Leser waren sehr gut. Bildet euch einfach eure eigene Meinung!

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und konnte mich überzeugen. Die Beschreibungen der Stadt Linz, der nahen Umgebung und vorallem des Linzer Hafens sind lebendig, wenngleich ich mir hier etwas mehr Lokalkolorit gewünscht hätte. Auch die Charaktere sind authentisch und konnten mich überzeugen. Besonders in Herz geschlossen habe ich Sollsteins Zwergschnauzer Bello.

Fazit:
Für mich war dieser humorvolle Krimi leider nicht das, was ich mir erwartet hatte. Mit den Abschnitten aus dem Himmel wurde ich nicht warm und diese störten meinen Lesefluss. Meine Mitleser waren allerdings begeistert - deswegen bildet euch bitte eure eigene Meinung!

Veröffentlicht am 06.11.2017

Schwestern wie Tag und Nacht

Zwei fast perfekte Schwestern
0

Von der Autorin Michaela Grünig habe ich dieses Jahr den Krimi "Abfahrt in den Tod" gelesen, den sie gemeinsam mit dem Ex-Rennläufer Marc Girardelli geschrieben hat - ein tolles Buch! Deswegen war ich ...

Von der Autorin Michaela Grünig habe ich dieses Jahr den Krimi "Abfahrt in den Tod" gelesen, den sie gemeinsam mit dem Ex-Rennläufer Marc Girardelli geschrieben hat - ein tolles Buch! Deswegen war ich gespannt, wie die Autorin in einem anderen Genre schreibt. Als es die Möglichkeit gab ihren Roman "Zwei fast perfekte Schwestern" in einer Leserunde bei Lovelybooks zu gewinnen, habe ich kurz in die Leseprobe hineingelesen. Typische Frauenromane sind ja nicht immer mein Ding, aber die ersten 47 Seiten haben mich dann überzeugt.

Michela Grünig erzählt die Geschichte zweier Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein können. Während Lily, die ältere Schwester, als Model kurz Karriere gemacht und anschließend reich geheiratet hat, blieb ihr jüngere Schwester Steffi immer in ihrem Schatten. Die Lektorin hat wenig Selbstbewusstsein und ist eher schüchtern. Als sie endlich die Möglichkeit bekommt eine Fixanstellung im Verlag zu ergattern, macht ihr Chef ihr eine Liebeserklärung. Was nun? Karriere ade? Steffi rettet sich mit der Ausrede sie sei lesbisch und ahnt nicht, welche Lawine sie damit ins Rollen bringt.

Die Geschichte ist unterhaltsam und wird abwechselnd aus der Sicht von Lily und Steffi erzählt. Dies macht die beiden Charaktere sehr lebendig und man erlebt die Turbulenzen und Gefühle der beiden Schwestern hautnah mit. Die geschwisterlichen Eifersüchteleien werden humorvoll beschrieben, aber schon bald erkennt der Leser, dass auch Lily ihre unabhängige Schwester beneidet. Als ihr Mann sie betrügt, bemerkt Lily schnell, dass sie Probleme hat, auf ihren eigenen Beinen zu stehen.
Michaela Grünig zeigt hier die Ignoranz der Reichen und Schönen auf, die Lily nach der Trennung von ihrem Mann wie eine heiße Kartoffel fallen lassen. Bis diese bemerkt, was in ihrem Leben falsch gelaufen ist, dauert es einige Zeit.
Aber auch Steffi, die sich mit ihrem unüberlegten Outing ein ganz schönes Ei gelegt hat, hat einiges zu überdenken. Als sie die Bekanntschaft des kauzigen Thrillerautors Bernhard Otto macht, der seit dem Tod seiner Frau an einer Schreibblockade leidet, wird sie seine Betreuerin. In einem verlassenen Haus mitten im Wald erfährt Steffi, dass der Autor im Verdacht steht, selbst beim tödlichen Unfall seiner Frau nachgeholfen zu haben. Danach kommt richtig Schwung in die Geschichte und man merkt, dass die Autorin auch Krimis schreibt.

Kleine Kritikpunkte habe ich trotzdem. Die beiden Liebesgeschichten gingen mir etwas zu rasch und eine davon konnte ich nicht gänzlich nachvollziehen. Zum Ende hin gabe es für mich dann leider ein bisschen zu viele Zufälle in der Handlung.

Schreibstil:
Michael Grünig schreibt lebendig und fesselnd. Schon bei "Abfahrt in den Tod" hat mich der tolle Schreibstil der Autorin überzugt. Ich flog nur so durch die Seiten. Die Charaktere sind wundervoll ausgearbeitet. Man spürt die Zweifel der beiden Protagonistinnen und fiebert mit ihnen mit. Eine Prise Humor gemixt mit Spannung und einem Touch Krimi sind die Zutaten für diese unterhaltsame Geschichte, die von der Autorin perfekt zusammengestellt wurde.

Fazit:
Ein amüsanter Roman mit zwei sehr unterschiedlichen Charakteren, sowie einen Touch Krimi, der mir schöne Lesestunden beschert hat. Die zum Ende hin etwas zu vielen Zufälle kosten leider die volle Punktezahl. Trotzdem hat der Roman alles, was ein Buch aus diesem Genre benötigt, um dem Alltag ein kleines bisschen zu entfliehen. Gerne empfehle ich diesen Wohlfühlroman weiter.

Veröffentlicht am 04.11.2017

Wiener Pendant zu Miss Marple

Tod an der Wien
0

Von Beate Maly habe ich bereits viele ihrer historischen Romane gelesen. Im letzten Monat wurde nun ihr zweiter historischer Krimi "Tod an der Wien" veröffentlicht.

Obwohl ich den ersten Band "Tod am ...

Von Beate Maly habe ich bereits viele ihrer historischen Romane gelesen. Im letzten Monat wurde nun ihr zweiter historischer Krimi "Tod an der Wien" veröffentlicht.

Obwohl ich den ersten Band "Tod am Semmering" (noch) nicht kenne, fand ich ohne Probleme in die Geschichte.
Der Prolog, der zwanzig Jahre zuvor spielt, gibt tiefe Einblicke in das Schulsystem zur Jahrhundertwende. Im Internat werden die Jungen aus der Oberschicht für ihr späteres Leben ausgebildet und abgehärtet. Einige Lehrer greifen dabei jedoch zu unmenschlichen und grausamen Methoden. Bis es zu einem Unglück kommt...

Danach sind wir wieder in den Zwanzigern und begegnen der pensionierten Lehrerin Ernestine Kirsch und ihrem Freund, dem Apotheker Anton Böck. Ernestine ist ein großer Fan der Operettensängerin Hermine Egger, die am Theater an der Wien bei der Premiere der Operette "Die gelbe Jacke" (heute bekannt unter dem Titel: "Das Land des Lächelns") die Hauptrolle singen wird. Gemeinsam mit Anton möchte sie die Veranstaltung besuchen und zuvor für die kleine Rosa noch ein Autogramm holen. In den Garderoben angekommen wird Ernestine Zeugin eines Streites zwischen Hermine Egger und ihrer Zweitbesetzung. Kurze Zeit später ist Hermine Egger tot.....

Die beiden Hauptcharaktere sind einfach wundervoll. Sie besitzen den typischen Wiener Charme und in ihrer Neugierde erinnerte mich Ernestine Kirsch an ihr englisches Pendant, Miss Marple. Die quirlige ehemalige Lehrerin steckt ihre Nase mit oft entwaffneten Charme in Dinge, die sie eigentlich gar nichts angehen. So erfährt sie immer wieder Einzelheiten, die ihr bei ihren Nachforschungen behilflich sind. Denn Ernestine ist davon überzeugt, dass Hermine Eggers Tod kein Unfall war. Als auch die Hausmeisterin des Theaters umkommt, beginnt sie auf ihre eigene Weise zu ermitteln. Ernestine hält die beiden Todesfälle keineswegs als Zufälle, wie die zuständige Polizei, die die beiden Unfälle bereits ada acta gelegt hat. Zwischen Apfelstrudel und Wiener Melange ermitteln Ernestine und Anton im Umfeld des Theaters und die Verdächtigen sind gar nicht so wenige.

Das Wiener Ambiente hat die Autorin atmosphärisch und identisch eingefangen. Die Örtlichkeiten des alten Wiens sind sehr detailreich und bildhaft beschrieben. Man spürt das Lebensgefühl der damaligen Zeit zwischen den Zeilen. Es ist die Nachkriegszeit und die Menschen suchen Zerstreuung. Theater und Operetten gaukeln ihnen eine heile Welt vor, in die sie sich gerne flüchten, während das Geld immer mehr an Wert verliert. Kriegswitwen versuchen über die Runden zu kommen, während die gehobene Schicht bereits wieder in Luxus schwelgt. Ebenso lässt uns die Autorin an der damaligen Schulreform eines Otto Glöckels, sowie die ersten Ansätze einer Maria Montessori, die die im Prolog erwähnten Zustände ersetzen sollen, teilhaben.
Hungrig sollte man das Buch ebenfalls nicht lesen, denn Anton ist ein Genussmensch. Er liebt es zu kochen und zu essen. Und so werden einem Torten, Kuchen und andere Wiener Spezialitäten rund um die Uhr vorgesetzt. Meinem Guto auf Apfelstrudel bin ich spätestens nach der ersten Hälfte erlegen...

Die Auflösung hat mir gut gefallen und ist logisch. Dabei stört es überhaupt nicht, dass einige Aspekte offen bleiben.

Schreibstil:
Beate Maly schreibt lebendig, kurzweilig und mit viel Wiener Charme. Die Kapitel sind kurz gehalten und man fliegt nur so durch die Seiten. Überraschende Wendungen erhalten die Spannung.
Der Krimi lebt hauptsächlich von den großartigen Figuren mit ihren unverwechselbaren Charakteren. Die Krimihandlung bleibt deswegen manchmal ein bisschen auf der Strecke, was allerdings nicht stört. Auch die Nebencharakrtere sind wunderbar gezeichnet und ich konnte mir alle Figuren bildhaft vorstellen.

Cover:
Ein paar Worte muss ich noch zum eleganten Cover verlieren, das hervorragend zum ersten Teil passt und genauso wunderschön mit Jugendstilelementen verziert ist. Hier hat sich der Emons Verlag selbst übertroffen.

Fazit:
Ein klassischer Krimi mit viel Wiener Flair und einer charismatischen Schnüfflerin, die Miss Marple in nichts nachsteht. Kurzweilig und mit viel Lokalkolorit hat mich Beate Maly auch im Krimi-Genre überzeugt!