Das etwas andere Erbe
Alexandre Comte de Chacarasse weilt nicht mehr unter den Lebenden. Das Familienmotto „Verpflichtet den Lebenden und den Toten“ steht in Marmor gemeißelt auf seiner Grabplatte. Er ist gestern beigesetzt ...
Alexandre Comte de Chacarasse weilt nicht mehr unter den Lebenden. Das Familienmotto „Verpflichtet den Lebenden und den Toten“ steht in Marmor gemeißelt auf seiner Grabplatte. Er ist gestern beigesetzt worden und nun soll sein Sohn Lucien das Familienerbe antreten. Es ist ein etwas anderes Erbe, von dem das unterhaltsame Buch berichtet.
Der launige Schreibstil zieht mich durch die Seiten. Lucien ist der charmante Hauptdarsteller, mit ihm verbringe ich spannende Tage an der Côte d'Azur. Seine verschmitzte Art, mit der für ihn nicht ganz einfachen Situation umzugehen, lässt mich zuweilen schmunzeln…
…und es kommt, wie es kommen muss – der erste Auftrag steht an und den gilt es ohne Patzer abzuarbeiten. Denn seine Familie versteht sich seit Generationen auf die diskrete Kunst des Tötens, ohne irgendwelche Spuren eines Verbrechens zu hinterlassen. Unfall, auch Selbstmord wäre okay, nur nach Mord darf es nicht aussehen. Ansonsten wäre die Million futsch und nicht nur das. Eine dilettantische Arbeit würde dem guten Ruf der Familie schaden, Folgeaufträge wären anhand einer verheerenden Reverenz eher unwahrscheinlich.
Seine ehemals erlernten Künste hat Lucien nicht verlernt, so viel steht fest. Die Tatsache, dass er aus fast drei Metern Entfernung einer Ratte, die sich in die Küche verirrt hatte, mit einem gezielten Messerwurf den Todesstoß versetzt, hat ihn selber gehörig erschreckt. Er ist noch immer aufs Töten geeicht – mit der Präzision eines absoluten Könners. Nur genau das will er nicht, sein Herzblut hängt an seinem Bistro in Villefranche-sur-Mer.
Mit allen Sinnen genießen – schon das Cover stimmt mich ein, einem Abstecher nach Südfrankreich steht nichts mehr im Wege. So wie Lucien bin auch ich der Meinung, dass die Kunst, das Leben zu genießen, so viel besser ist als seine Familientradition aufrecht zu erhalten. Ein kleiner Tipp am Rande: Das Buch sollte man tunlichst nicht mit knurrendem Magen lesen. Rosas Köstlichkeiten, vermengt mit all den Gerichten, die in Luciens Bistro von seinem Küchenchef Roland stets frisch zubereitet werden, sind äußerst verführerisch.
Der Auftakt der Monsieur-le-Comte-Reihe ist gelungen, Lucien in seiner trotz der Familientradition liebenswürdigen Art hat mich bestens unterhalten, in sein Bistro werde ich bestimmt bald wieder einkehren sobald es heißt: Monsieur le Comte, der zweite Streich.