1 Täter - 3 Ermittlungen
| © Janna von www.KeJas-BlogBuch.de |
Ich habe es wirklich regelrecht gesuchtet und der Reihenauftakt gehört definitiv schon jetzt zu einem meiner Jahreshighlights! Wundervoller Schreibstil! Der Flair ...
| © Janna von www.KeJas-BlogBuch.de |
Ich habe es wirklich regelrecht gesuchtet und der Reihenauftakt gehört definitiv schon jetzt zu einem meiner Jahreshighlights! Wundervoller Schreibstil! Der Flair der Stadt und der damaligen Zeit, die Musik, das Leben … und der Mörder.
Sehr gut, dass sich der Verlag für „Roman“ und nicht „Krimi“ entscheiden hat, auch wenn auf der Verlagsseite das Buch als solches beworben wird. Es würde definitiv falsche Erwartungen wecken, so wäre es zu mindestens bei mir gewesen. Aber mit Serienmördern, Jazz und New Orleans als Kulisse hatte mich der Autor schon, bevor ich überhaupt zu lesen begann. Im Vorwort wird darauf hingewiesen, dass der Brief des Serienmörders das Original von ‚Axeman of New Orleans‘ ist – und da konnte ich einfach nicht mehr widerstehen!
Relativ schnell sind die Rahmenbedingungen des Buches deutlich: Skrupeloser Serienmörder. Aber eben nur der Rahmen! Denn trotz der verschiedenen Ermittlungen sind die Morde nur Nebenkulisse. Schauplatz ist New Orleans und das Leben dort, die Korruption, die Härte, die Armut.
“New Orleans [ist] die Art von Stadt, die aus Mönchen Fresssäcke [macht] und aus Heiligen Mörder […]."
(Seite 110)
New Orleans hat seine Schattenseiten, verschlingt seine Bewohnerinnen und doch sprüht es vor Leben. Und Hass. New Orleans ist toleranter als andere Städte, aber nicht Tolerant. Dies ist immer wieder ein Thema, mit denen einzelne Protagonistinnen kämpfen. Egal welcher Hautfarbe und Herkunft.
Ein bunter Mix aus verschiedenen Ländern und Kontinenten. Getrennt und dennoch vereint im Untergrund und in der Musik. Der Autor Ray Celestin wagt es und baut den großen und mehr als bekannten Jazz-Musiker Louis Armstrong in die Geschichte. Natürlich ist Armstrongs Rolle darin fiktiv, nicht aber sein Talent und seine Liebe zur Musik. In der Axeman-Nacht hebt sich seine Leidenschaft und sein Talent auf eine höhere Ebene.
“Die Erinnerungen fanden ihren Weg in die Musik, die er jetzt spielte, und verbanden sich miteinander. Dabei überkam ihn ein wunderbarer Frieden, der eine Ewigkeit zu dauern schien."
(Seite 369)
Und genau das ist New Orleans. Es ist dreckig. Aber auch bunt und vor allem musikalisch. Es sprüht vor Energie! Die Liebe zur Musik und sich darin ausdrücken zu wollen, kommt hervorragend zur Geltung. Für mich wurde das Leben (in) der Stadt und die Mordserie wunderbar verknüpft und ja, es hätte auch noch weiter 500 Seiten haben dürfen! Es hätte noch mehr von allem sein dürfen!
“Der Axeman ist ein Rätsel, etwas Leeres, das nicht erklärt werden kann. Und unser Kopf mag keine Leere. Wenn wir auf eine Leere stoßen, füllen wir sie. Und wir füllen sie mit dem, was wir im Kopf haben, den dunklen Dingen, die uns Angst machen."
(Seite 416)
Die Stadt zittert. Der Axeman ist wie ein Geist für sie. Nicht greifbar und niemanden bekannt. Nicht mal die „Black Hand“ (Mafia) weiß wer dahinter steckt.
Detective Michael Talbot
Er leitet die Ermittlungen und dient bereits, ohne es zu ahnen, als Sündenbock. Diese Rolle hat er in seinem Team schon einige Jahre, denn er sagte gegen seinen Kollegen aus, welcher daraufhin für mehrere Jahre inhaftiert wurde. Doch nicht nur diese Last liegt schwer auf ihm – er ist eine Verbindung eingegangen, die zur damaligen Zeit unter dem Deckmantel des Schweigens geführt werden musste.
Ida Davis
Arbeitet in der Detektei „Pinkerton“ und hat es gleich doppelt schwer. Sie ist eine Frau. Und sie ist Weiß, nur eine Nuance dunkler. Und klug! Nur das ihr Chef dies nicht sieht und sie sich a Schreibtisch langweilt. Was bietet sich da also besser an, als die Aufklärung des Axeman-Falles im Fast-Alleingang!
Luca D`Andrea
Gezeichnet von den Jahren der Haft und dem Verrat seines Kollegen, sinnt er jedoch nicht auf Rache. Er will Ruhe. Doch ohne Geld kann er nicht aus der Stadt. Und so steht er wieder bei der Mafia. Und die will den Axeman von den Straßen. So muss sich Luca auf die Suche nach Antworten begeben.
Hinzu kommen Mafiamitglieder, weitere Polizisten, Musiker, ein ausgelaugter Reporter, und noch so einige mehr – es überschwemmt einen nicht beim Lesen, aber als ich das Personenregister zu Beginn sah, hatte ich genau das befürchtet! Die wichtigsten Personen sind oben benannt und andere wichtige Rollen werden Euch im späteren Verlauf nicht untergehen, nicht bei der Geschichte!
Was die Ermittlungen selbst betrifft, ob oder wie sie sich überschneiden, möchte ich an dieser Stelle gar nicht genauer schildern. Mir gefiel die Umsetzung und mir gefällt das Ende. Auf all seinen Ebenen. Der Verlauf, die Erkenntnisse und das Ende berühren! Der Ausgang gibt nicht auf jede Frage eine Antwort und ließ mich dennoch mit einem Lächeln zurück.
Das Buch als reinen Krimi zu bezeichnen wird der Geschichte nicht gerecht und würde bei einigen Leser*innen falsche Erwartungen wecken! Die Ermittlungen sind der Ausgangspunkt und der Verlauf und doch ist es so viel mehr. Korruption, Zweifel, Geheimnisse, Rassismus und ein Hauch Voodoo. Es mag viel klingen, verteilt sich aber sehr gut auf die knapp 500 Seiten!
Es wird nicht nur oder einfach nach dem Täter gesucht. Ich wurde mitgenommen. Der Autor beschreibt gekonnt und nicht zu detailverloren die Stadt und ihr Sein. Das Leben darin, die Gerüche der Docks und Bars. Ich bin kein Fan von zu ausschweifenden Umgebungsbeschreibungen, hier wurde der richtige Ton getroffen! Ich konnte mir die damalige Stadt und ihre Vorzüge sowie Schattenseiten sehr gut vorstellen.
Ich muss gestehen, dass ich diesmal wirklich zwischen dem originalen und dem deutschen Cover schwanke. Das Gelb-Orange passt zu New Orleans, dem Gefühl der Aufsässigkeit ebenso gut wie das Schwarze, welches die Schattenseiten und die Angst New Orleans widerspiegelt. Manchmal, finde ich, darf man aber schon beim Original-Titel bleiben. Sie haben einen schöneren Klang.
Natürlich habe ich mich nach dem Lesen der letzten Seite direkt ins Internet begeben – auch wenn ich Armstrongs Musik liebe, so kenne ich nicht alle Hintergrundinformationen rund um den Musiker. Auch vom Serienmörder hatte ich bis dato noch nichts in den bisher mir bekannten Dokumentationen gehört.
Immer spannend, wenn ein Buch einen – mich – zu solchen Recherchen anregt! Ich will nun gar nicht groß auf die wahren Tatsachen eingehen, aber definitiv interessant. Louis Armstrong erhält fiktive Ereignisse und doch lässt der Autor auch ein paar wahre Begebenheiten einfließen. Dies handhabt er ebenso beim Axeman – die wahre Geschichte eignet sich aber auch hervorragend zum Erzählen einer eigenen.
True Crime innerhalb eines fiktiven Romans, mit bekannten Namen und dann auch noch so einnehmend und gut geschrieben! Ich freue mich schon jetzt auf den Folgeband bei dem uns Al Capone begegnen wird!
Ein paar feine Bilder findet Ihr hier: http://kejas-blogbuch.de/hoellenjazz-in-new-orleans-ray-celestin/