Trotz meiner Probleme mit Emma, ein schöner Lesegenuss
Der Einstieg in "Chosen" geht sehr schnell, was zum Großteil an den kurzen Kapitel liegt. Somit kommt man gut voran und ist mitten in der Geschichte. Wir begleiten Emma, die nach dem Tod ihrer Mutter zu ...
Der Einstieg in "Chosen" geht sehr schnell, was zum Großteil an den kurzen Kapitel liegt. Somit kommt man gut voran und ist mitten in der Geschichte. Wir begleiten Emma, die nach dem Tod ihrer Mutter zu ihrem Vater nach Irland muss, der sie auf einem Internat für Begabte anmeldet. Sensus Corvi ... der Schulleiter kommt einem vor wie ein irrer Sektenführer und die Regeln, die die Schule verlangt, machen keinen besseren Eindruck. Die Raben, die Mitglieder der Schule sind eine eingeschworene Gemeinde und Familie. Für Emma, die gerade den wichtigsten Teil davon verloren hat, ist gerade das ein Anreiz sich den Raben anzuschließen.
Die Geschichte spielt in Emmas neuem Zuhause und der Schule. Es geht um die Erforschung ihrer Gaben, und vor allem um einen Machtkampf zwischen den Raben, all denen die treu zu Fion Farran, dem Schulleiter von Sensus Corvi stehen und den Falken, dem Horusring, alle Abtrünnigen die merken, wie manipulativ Farran in Wirklichkeit ist. Emma gerät mitten in diesen Machtkampf und weiß nicht genau wer Freund und wer Feind ist. Diesen Zwiespalt zwischen Vertrauen und Misstrauen hat die Autorin sehr gut hinbekommen. Immer wieder fragt man sich, wem kann man vertrauen, wer steht wirklich auf welcher Seite und was hat das alles mit Emma zu tun. Die Handlung fand ich durchweg spannend und ich habe mit den Protagonisten mitgefiebert.
Die Charaktere konnten mich aber nur teilweise überzeugen. Obwohl Emma Sympathie weckt, war sie zeitgleich mein größtes Problem an dem Buch. Ihre Gabe ist das Emotionentauchen und dafür war sie ziemlich emotionslos. Es hätte so viel mit Gefühlen gearbeitet werden können, gerade bei so einer Gabe habe ich das erwartet, aber da wurde ich leider enttäuscht. Gefühlstechnisch konnte ich mich nicht in Emma hineinversetzen. Die Gefühle über den Tod ihrer Mutter kommen nicht richtig rüber, wie sich das Verhältnis zwischen ihr und ihrem Vater langsam verändert, die Beziehung zu Adrian, ihre Gefühle zu Jaden ... das alles wurde mäßig angeschnitten und hätte mich eigentlich viel mehr mitnehmen sollen. Leider ist das der Autorin nicht gelungen.
Emma ist zu perfekt, teilweise abgebrüht. Sie erlebt wirklich einiges, auf was sie vorher nicht vorbereitet wurde und steckt das immer ohne Probleme weg. Sie steht zwischen den Stühlen, zwischen den Raben und den Falken und ist sich nie richtig bewusst, in welcher Gefahr sie eigentlich schwebt. Was mich am meisten irritiert hat, ist ihre Stimmgewalt. Emma ist klug und das merken die Erwachsenen sehr schnell aber das sie auf jedes ihrer Worte hören und sie zu allem Überreden kann, fand ich doch etwas unglaubwürdig. Immerhin ist sie nicht nur ein Neuling in der Welt, sondern erst 16 ohne Erfahrung in den Dingen.
Trotz meinen Problemen mit Emma mochte ich die anderen Charaktere sehr. Die Streithähne Aiden und Jared sind Emmas stützen und selbst ihr Vater wächst einem ans Herz. Was mir sehr gut gefallen hat, waren die Einblicke in die Vergangenheit von Emmas Mutter. Immer mal wieder lesen wir einen kurzen Abschnitt über Rina und wie sie sich von den Raben und Falken abwendet. Am Ende gibt es mehrere Wendungen, die die Spannung aufrechterhalten, bis sich alles in einem Showdown entlädt, der neugierig auf den Folgeband macht.
Fazit
Eine spannende Geschichte, die dafür sorgt, dass man weiterlesen möchte. Allerdings hätte man so viel mehr mit Emmas Gedanken und Gefühlen arbeiten können. So war manches doch oberflächlich und hat mich beim Lesen nie ganz abtauchen lassen. Für mich war es trotz meiner Probleme mit Emma aber ein schöner Lesegenuss.