Am Abgrund...
Wer kennt nicht die ungeklärte Geschichte von Lizzie Borden, deren Vater und Stiefmutter am 4. August 1892 in ihrem Hause ermordet aufgefunden worden sind? Der amerikanische Schriftsteller Riley Sager ...
Wer kennt nicht die ungeklärte Geschichte von Lizzie Borden, deren Vater und Stiefmutter am 4. August 1892 in ihrem Hause ermordet aufgefunden worden sind? Der amerikanische Schriftsteller Riley Sager hat wichtige Motive aus dem historischen gesicherten Fall aufgegriffen und in seinem neuen Psychothriller "Hope's End" umgesetzt, der in einer düsteren, verfallenen Villa auf den Klippen von Maine spielt.
Unter uns, hätte ich ein klassisches Cover erwartet. Hier wird auf die suggestive Wirkung von zwei Farben, Rot und Blau, gesetzt. Sie ziehen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich, das protzige Herrenhaus, erbaut auf einer steilen Felsklippe, über dem wild tosenden Meer, rückt in den HIntergrund. Den einprägsamen Titel finde ich sehr gelungen; er unterstreicht den tragischen Untergang einer Familie, verbunden mit dem unaufhaltsamen Verfall des Anwesens.
Der neue Psychothriller von Riley Sager spielt auf zwei verschiedenen zeitlichen Ebenen, einmal in der Vergangenheit (1929) und in der Gegenwart, fast 50 Jahre später. Geschildert werden die Ereignisse aus der Sicht einer "Ich-Erzählerin", einem weiblichen Mitglied der Familie Hope, das von der 1929 geschehenen Tragödie berichtet, und aus der Perspektive einer weiteren "Ich-Erzählerin", der Pflegefachkraft Kit, die mit der persönlichen Betreuung der invaliden Lenora Hope auf dem einst prächtigen, nun verfallenen Landsitz Hope's End betraut ist. Für mein persönliches Empfinden ist der Schauplatz perfekt gewählt; alle handelnden Personen können sich nicht aus eigener Kraft von den Dämonen der Vergangenheit befreien, sie sitzen gleichsam fest in den maroden Gemächern des stattlichen Herrenhauses, das um so mehr tiefe Risse aufweist und aus dem gefährdeten Gleichgewicht in eine extreme Schieflage abrutscht, je näher man der Auflösung der düsteren Familientragödie kommt.
Alles in allem hat mich meine Lektüre begeistert. Riley Sager ist ein brillanter Psychothriller gelungen, der ohne allzu großes Blutvergießen auskommt. Mich hat dieses mit Mystery und Horror-Elementen angereicherte Buch von der erste Seite an in seinen Bann geschlagen, durch viele unerwartete Wendungen nicht mehr losgelassen