Die kleine Kneipe beim Markt
Wir befinden uns in Wien im Jahr 1966, Robert Simon ist jetzt 31 Jahre alt. Er hatte es bisher nicht leicht im Leben, hat in den Nachkriegsjahren als Waise sehr viel Leid erfahren. Seit einigen Jahren ...
Wir befinden uns in Wien im Jahr 1966, Robert Simon ist jetzt 31 Jahre alt. Er hatte es bisher nicht leicht im Leben, hat in den Nachkriegsjahren als Waise sehr viel Leid erfahren. Seit einigen Jahren lebt er nun als Untermieter bei der Witwe Martha Pohl und verdient seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten am Karmelitermarkt. Mit seinen geringen Ersparnissen pachtet er ein altes, leer stehendes Café, renoviert es und erweckt es wieder zum Leben. Er schuftet schwer, aber es lohnt sich, denn bald trifft sich dort zum Feierabend die Nachbarschaft mit den Markthändlern, Arbeiterinnen und Schaustellern. Man plaudert, tauscht Geschichten aus, trinkt sein Feierabendbier oder auch einen Schoppen Wein, isst ein Schmalzbrot mit eingelegten Gurken, mehr hat die Speisekarte nicht zu bieten, und ist zufrieden so wie es ist. Simon, wie er allgemein genannt wird, stellt die arbeitslose Näherin Mila als Hilfskraft ein, die ihn nun tatkräftig unterstützt. Es folgen Jahre relativer Zufriedenheit - doch die Zeiten ändern sich, nichts dauert ewig …
Robert Seethaler, geb. 1966 in Wien, ist ein österreichischer Schriftsteller, Drehbuchautor und Schauspieler. Für seine Romane erhielt er eine Reihe von Preisen und Stipendien. Seethaler, der an einem angeborenen Augenfehler leidet (minus 17 Dioptrien), ist Vater eines 2009 geborenen Sohnes und lebt in Berlin und Wien. „Das Café ohne Namen“ ist 2023 bei claassen, einem Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, erschienen und ist der achte Roman des Autors.
Wie in allen Romanen Seethalers ist auch hier sein Schreibstil sehr flüssig und lebendig und vermittelt mit liebevollen und gut recherchierten Details auch viel regionales Flair. Mit viel Einfühlungsvermögen berichtet er über Robert Simons Schicksal und über das Leben seiner Freunde und Gäste. Wir lernen ihre Sorgen und Nöte kennen, dürfen aber auch teilhaben an angenehmen Ereignissen und glücklichen Momenten. Es geschieht nicht viel, die Menschen gehen ihren alltäglichen Geschäften nach - und ganz allmählich kommen die Neuerungen in einer Zeit des Aufbruchs.
Auch wenn kein Happy End in Sicht ist, war ich gerne Gast im Café ohne Namen und werde die Leute, die ich dort angetroffen habe, noch lange in Erinnerung behalten.
Fazit: Ein ruhiger, beschaulicher Roman, den ich gerne weiter empfehle!