Der etwas andere Road-Trip
Die 70jährige resolute Berlinerin Edith Scholz lernt bei ihrem Aufenthalt in der Rehaklinik, den sie einem Sturz und einer darauffolgenden Hüft-Op verdankt, die weichherzige und rührselige Christel ...
Die 70jährige resolute Berlinerin Edith Scholz lernt bei ihrem Aufenthalt in der Rehaklinik, den sie einem Sturz und einer darauffolgenden Hüft-Op verdankt, die weichherzige und rührselige Christel Jacobi kennen. Bereits das Kennenlernen der zwei reiferen Damen ist etwas holprig und so unbedingt sympathisch finden sie sich auch nicht.
Genervt von den Bauarbeiten in ihrem Haus, beschließt Edith Scholz die Einladung von Christel anzunehmen, sie zu besuchen, wohl wissend, dass da wahrscheinlich ein Hintergedanke von Christel dahintersteckt.
Christel Jacobi hat sich nämlich in den Kopf gesetzt noch eine kleine Reise zu unternehmen, weiß aber, dass ihre Tochter nie zustimmen würde, wenn sie dies alleine tun würde. Daher überredet sie Edith Scholz sie zu begleiten. Und dies ist der Beginn einer turbulenten Reise durch Deutschland.
Der Grundgedanke, ein Roadtrip zweier reiferer Damen, ist mal etwas anderes. Das hierbei dann auch Themen wie Älterwerden, Krankheit, Tod, Familie und Alleinsein angesprochen werden liegt durchaus auf der Hand. Ich denke, dies erwartet man sich auch eher, als einen locker-flockigen Roman.
Die beiden Protagonistinnen könnten unterschiedlicher nicht sein und ergänzen sich daher besonders gut. Auf der einen Seite die resche, resolute und manchmal auch kratzbürstige Edith Scholz steht der weichherzigen, weinerlichen und sanftmütigen Christel Jacobi gegenüber. Wobei im Laufe der Geschichte die klare Trennung der Haupteigenschaften der Hauptpersonen ein wenig verschwimmt. Man merkt bei beiden Damen eine Entwicklung, leider kommt dies ein wenig zu kurz.
Der Stil von Sarah Schmidt hat mir gut gefallen und ich habe das Buch innerhalb von einem Tag gelesen. Dies liegt einerseits sicher daran, dass es mit 261 Seiten nicht unbedingt zu den dicksten Büchern gehört, andererseits aber auch an der interessanten Geschichte.
Leider bleibt am Ende der Lektüre ein kleiner,fader Nachgeschmack über. Denn ich denke, aus der Geschichte hätte man deutlich mehr rausholen können. Man erfährt zwar einige Hintergrundinformationen über die Protagonistinnen, aber irgendwie kratzt Sarah Schmidt nur an der Oberfläche. Die eine oder andere Handlungsweise der Damen würde in meinen Augen verständlicher werden, wenn mehr Informationen zur Vergangenheit vorhanden wären. Doch nicht nur die Hauptpersonen wirken ein wenig unfertig, auch die ganze Geschichte an sich hätte man ein wenig ausbauen können. Viele Erlebnisse kommen Schlag auf Schlag, viele Themen, wie zum Beispiel das selbstbestimmte Altern, werden kurz angesprochen, aber dann nicht weiter ausgeführt. Letzteres kann natürlich auch die volle Absicht der Autorin gewesen sein um den Leser zum Nachdenken anzuregen. Bei mir hat es auf jeden Fall funktioniert.
Zusammenfassend muss ich leider sagen, dass ich mir nach der Lektüre der Leseprobe ein wenig mehr von „Weit weg ist anders“ erwartet habe. Dies bedeutet aber nicht, dass mich das Buch nicht berührt hat. Ganz im Gegenteil, ich wurde durch ein Wechselbad der Gefühle geschickt; lachen, weinen, staunen, nachdenken und wundern. Hier war von allem ein wenig dabei.
Wenn man mit nicht zu großen Erwartungen an das Buch herangeht, sind einem hier definitiv einige schöne Lese-Stunden garantiert.