Ein Haus ist noch kein Zuhause
Durch die Leserunde bei LovelyBooks wurde ich auf das Buch „Faule Mieten“ von Sonja Rudorf aufmerksam. Es erwies sich als guter Griff – es ist ein eher ruhig verlaufender Krimi mit einem unspektakulär ...
Durch die Leserunde bei LovelyBooks wurde ich auf das Buch „Faule Mieten“ von Sonja Rudorf aufmerksam. Es erwies sich als guter Griff – es ist ein eher ruhig verlaufender Krimi mit einem unspektakulär gehaltenen Mord, mit dem Schwerpunkt auf den Charakteren und viel Potential für die LeserInnen zum Mitraten.
Worum geht es?
Gebaut wird viel, doch preiswerte Wohnungen sind Mangelware in Frankfurt. Da erscheint eine eben frei gewordene Mansardenwohnung ein Glücksfall für die Therapeutin Jona Hagen, noch dazu wo die übrigen Mieter so sympathisch und freundlich wirken. Doch bald erfährt sie, dass ihr Vormieter ermordet wurde. Entgegen dem Rat des in diesem Fall ermittelnden Kommissars Ulf Steiner, Jonas Freund, bleibt Jona in der Villa, um die BewohnerInnen näher kennenzulernen bzw. auszuhorchen. Nicht nur sie ist misstrauisch und stößt auf etliche Ungereimtheiten, sondern auch eine der Hausbewohnerinnen …
Ich lege gerne Puzzles. Was den Aufbau dieses Krimis anbelangt, sah ich mich einer ähnlichen Aufgabe gegenüber. Zuerst bekommt man den Rahmen geliefert, lernt die handelnden Personen kennen, die Ermittler ebenso wie die Hausbewohner. Nach und nach verdichten sich die Informationen, aber die verbindenden Teilchen, die bleiben lange im Dunkeln. Das machte die Lektüre äußerst spannend und interessant. Man kann sich allerlei Theorien und Vermutungen hingeben, wird immer wieder aufs Neue überrascht. Der wahre Tathergang und die Motivation offenbaren sich erst ganz am Schluss, auf eine Art und Weise, mit der jedenfalls ich nicht gerechnet hatte.
Der Schreibstil ist flüssig, Stimmungen und Beschreibungen der Stadt, des Umfelds werden anschaulich vermittelt, ohne je langatmig zu sein. Die Kapitel haben eine angenehme Länge, die oftmaligen Szenenwechsel beleben die Handlung, ebenso wie die Schilderung der Geschehnisse abwechselnd aus Sicht von Jona und Ellen, jenen beiden, die – jede aus anderen Motiven heraus – unklaren Begebenheiten auf den Grund gehen.
Die Hausbewohner stehen im Fokus, wirken mehr oder weniger verdächtig. Ihre Eigenschaften und Eigenheiten sind in ihrer Vielschichtigkeit überzeugend dargestellt. Man traut ihnen die Tat zu und auch wieder nicht. Sind sie doch alle nicht nur zwielichtig, sondern auch sympathisch gezeichnet. Aber auch dem Privatleben des Ermittlerduos Jona und Ulf wird genügend Raum gegeben, durch Gefühle und Gedanken wirken auch sie lebendig und authentisch.
Das Buch streift zudem auch noch ein ernstes aktuelles Thema – die stetig steigenden Mieten, die Wohnungsnot und die Machenschaften von Immobilienfirmen.
Mit den Örtlichkeiten tat ich mir als Wienerin, die die Stadt Frankfurt und deren Stadtteile (Ostend, Dichterviertel, Dornbusch, Platenviertel) nicht kennt, ein wenig schwer, z.B. auch mit den Entfernungen, die Jona von ihrer Praxis zur Villa etc. zurücklegt. Vielleicht hätte mir da ein Stadtplan oder ein Skizze etwas geholfen.
Mir hat dieser Krimi jedenfalls ausgesprochen gut gefallen und Lust auf weitere Fälle mit Jona und Ulf gemacht bzw. möchte ich die Vorgängerbände auch noch gerne nachholen.