„Ich will nicht einfach nur ein Idol sein. Ich will Künstlerin sein.“
(Candace in K-Pop Confidential)
Worum geht’s?
Niemals hätte Candace gedacht, dass ihr Weg sie einmal zu S.A.Y. Entertainment nach Seoul führen wird – als Trainee in einem Programm, was aktuell die nächste große K-Pop Girlband sucht. Nur wenige Monate hat sie Zeit, um das Pensum aufzuholen und sich in diese neue Welt einzufinden. Doch neben hartem Training und strengen Diät herrschen auch weitere strikte Regeln. Die wichtigste? Keine Kontakte zu Jungs. Doch als sie YoungBae kennenlernt, stellt das alles auf den Kopf.
K-Pop Confidential ist ein Einzelband und in sich geschlossen.
Schreibstil und inhaltliche Hinweise
Nach einem kurzen Prolog springt die Geschichte einige Monate zurück und wird fortan chronologisch aufgebaut. Das Buch wird ausschließlich von Candace in der Ich-Perspektive erzählt. Das Buch lässt sich leicht und flüssig lesen, die sprachliche Darstellung ist stets verständlich und auch jugendgerecht. Im Text enthalten sind teilweise koreanische Worte oder Begrifflichkeiten aus dem Kpop-Genre. Hierfür gibt es hinten ein Glossar und ein Wörterbuch für Erklärungen.
Meine Meinung
K-Pop Confidential ist eines der Bücher, was vor allem aus Interesse an der Hintergrundgeschichte bei mir auf meiner Wunschliste gelandet ist. Oftmals sind es die Liebesgeschichten und ihre Umstände, die mich interessieren. Hier nicht. Das sage ich direkt vorab offen und ehrlich. Es ging mir um die Einblicke in die K-Pop-Welt und die Ausbildungszeit als Trainee. Ich selbst habe keinen Bezug zu K-Pop und es ist auch nicht meine Musikrichtung, aber der komplette Hype um die koreanische Entertainmentindustrie ist auch an mir natürlich nicht vorbeigezogen. Und in dieser Hinsicht ist das Buch auch ein absolutes Highlight.
Im Fokus der Geschichte steht Candace, die in New Jersey lebt. Die Eltern sind Koreaner, die einst ausgewandert sind, beide ursprünglich der Musik zugetan, mittlerweile aber komplett weg aus der Musikwelt. Candace kann singen, das scheint nur niemanden in ihrer Familie zu interessieren. Offenbar liegen die Wunden, die die Eltern durch ihre Zeit damals in Korea zugefügt bekommen haben, noch tief. Als Candaces Freunde sie eines Tages dazu überreden, bei einem K-Pop Talentsuche Casting teilzunehmen, will sie erst nicht – tut es dann aber doch. Als das einzige Mädchen von mehreren 1000 darf sie am Traineeprogramm teilnehmen. Sie hat nur wenige Monate Zeit, sich in die fremde Kultur, das fremde Genre und auch die ganzen Verpflichtungen eines Idols einzufügen. Denn bald soll eine neue K-Pop Girlband entstehen und mit Candace warten 49 weitere Mädels, auf ihren Durchbruch. Einige von ihnen trainieren seit mehreren Jahren, andere fast, seitdem sie auf der Welt sind. Der Druck ist groß, die Erwartungen sind hoch – und bald sitzt auch die Verzweiflung bei Candace tief…
Dieses Buch ist wirklich ein unglaublich gut gelungener Debütroman, das muss ich auf jeden Fall sagen. Von Anfang an konnte mich die Geschichte packen. Candace ist ein total normales Mädchen, weder besonders beliebt noch besonders unbeliebt, besonders hübsch noch besonders hässlich – sie ist einfach normal. Die Energie des Buches ist anfangs locker-leicht, ein bisschen Einblicke in das Leben eines amerikanischen Teenies, ein wenig Einblicke in die Welt von amerikanischen Koreanern. Und dann kommt der große Knall – Candace bricht auf nach Seoul. Nur wenige Monate, aber trotzdem ist plötzlich alles anders. Und ab hier wollte ich das Buch ehrlich gesagt gar nicht mehr aus den Händen legen. Denn ab dem Moment, wo Candace ins Traineeprogramm eintritt, passiert so wahnsinnig viel und man kriegt so viele Einblicke, es war wirklich beeindruckend. Neben Euphorie, Verzweiflung, Frust und Stolz durchläuft Candace im Verlauf des Buches noch zahlreiche weitere Emotionen. Das Programm verlangt ihr alles ab, es ist gnadenlos und verzeiht keine Fehler.
Wie schon gesagt bildet die Ausbildung den Kern der Geschichte. Candace hat zwar – anders als ich – ein wenig K-Pop Erfahrung, muss aber auch schnell merken, wie krass die Erwartungen sind. So erhält der Leser Einblicke in das strikte Sport- und Ernährungsprogramm, was mit öffentlichen Wiegen der Mädels voreinander noch weiter untermauert wird. Aufstehen morgens um 4, ins Bett teilweise nicht vor 1 Uhr, Schlafmangel, wenig Essen, jede Menge Drill. Es ist unglaublich – und trotzdem setzen die Mädels im Buch sich dem Ganzen aus. Schwer vorstellbar als Leser, aber gleichzeitig erklärt der Autor im Buch sehr gut und verständlich, wieso. Denn das Leben als Idol ist für viele die einzige Hoffnung auf eine gute Zukunft. Dass hierbei die eigene Persönlichkeit komplett umgeformt wird, den Mädels Schönheitsoperationen angeraten werden und generell recht wenig Rücksicht auf Psyche und Körper genommen wird, nehmen sie in Kauf. Einige von ihnen sind seit 10 Jahren im Programm, stets in der Hoffnung, für die nächste Band ausgesucht zu werden. Candace kriegt Sprachunterricht, muss zu einer Benimmlehrerin und anfangen, die strengen Regeln in Korea zu achten. Das ist leider nicht so ganz ihre Stärke, denn trotz allem behält Candace ihr Rückgrat bei und fängt an, die Ausbildung immer wieder zu hinterfragen. Wieso muss das Studio so hart sein, wieso sind die Regeln so streng? Es geht um verdammt viel Geld, jede Menge Ansehen und den Druck der Gesellschaft. Candace muss auch den hohen Konkurrenzdruck miterleben, bei dem einige Mädchen extrem die Ellenbogen ausfahren. Es ist brutal, wirklich. Wenn auch nur die Hälfte der hier im Buch aufgeführten Verhaltensweisen stimmen, ist die koreanische Industrie definitiv ein Haifischbecken. Immer wieder fragt man sich beim Lesen, wem Candace vertrauen kann und wer von allen eigentlich am schlimmsten ist. Hierdurch entstehen jedoch auch die ein oder andere interessante Wendung.
Ein zentrales Thema laut Klappentext ist ja vor allem die No Dating Policy, die auch mehrfach im Buch angesprochen wird. Ich muss gestehen, dass ich diese Storyline sehr untergeordnet und ehrlich gesagt sogar überflüssig fand. Es kam bei mir nicht an, inwiefern Candace und YoungBae eine Verbindung zueinander hatten, die über eine flüchtige Freundschaft hinausgehen sollte. Generell kommt er recht wenig vor und wenn, dann als regelrechter Rebell, bei dem man sich fragt, wieso er doch trotz der so strengen Regeln nie rausgeflogen ist. Denn Candace muss für ihr gelegentliches Aus-der-Reihe-Tanzen ordentlich was einstecken im Verlauf des Buches. Jedenfalls kommt YoungBae gelegentlich vor – genauso aber auch One.J. Er ist in einer der bekanntesten Bands und verdreht Candace auch den Kopf, mehr sogar als YoungBae. Irgendwie war mir das alles ein wenig zu durcheinander, undurchschaubar und es fehlte an Gefühl. Das führte vor allem gegen Ende zu einigen Fragezeichen bei mir, da Candace Entscheidungen trifft, die eigentlich so nicht mit dem Verlauf bisher stimmig sind. Deswegen ist die Liebesgeschichte bei mir leider komplett durchgefallen.
Einige Worte möchte ich noch zum Ende des Buches sagen. Ich habe lange überlegt, wie für mich das Buch zufriedenstellend Enden könnte. Soll Candace es schaffen, in nur wenigen Monaten das jahrelange Training der Mädels aufzuholen und zu debütieren? Soll sie scheitern und zurückkehren? Ich war unentschlossen. Am Ende kommt es dann ganz anders als gedacht und ich muss sagen: Wow, ein tolles Ende! Wirklich gut durchdacht setzt es der ganzen Kritik, die im Buch immer wieder einfließt, die Krone auf. Überraschende Wendungen, schockierende Erkenntnisse und eine Candace, die wie bereits zuvor nie aufgehört hat, für sich selbst einzustehen, egal wie sehr das Studio sie zu verbiegen versucht hat. Ich wünschte mir, das Buch hätte noch 1-2 Kapitel gehabt, um die Folgen des Ganzen zu beleuchten. Und zum ersten Mal in meinem Leben habe ich mir definitiv einen Epilog gewünscht. Ich kann daher nur hoffen, dass der Autor eines Tages vielleicht noch eine Fortsetzung schreibt. Denn das Ende in dieser Form ist zwar dafür da, um sich sein eigenes Ende zu bauen, gleichzeitig aber wahnsinnig fies.
Mein Fazit
K-Pop Confidential ist sicher ein Must-Read für alle Fans der großen K-Pop Gruppen. Doch auch für Leser, die bisher keine Berührung zu K-Pop hatten oder sich einfach für ein Behind the Scenes interessieren, wird dieses Buch eine gute Wahl sein. Mit einer fast schon brutalen Ehrlichkeit beleuchtet der Autor den Druck, den angehende Idole über sich ergehen lassen müssen, und legt offen, wie durchgetaktet die Entertainment-Industrie funktioniert. Erschreckend, interessant und zugleich süchtig machend. Auch wenn es hier und da vielleicht etwas übertrieben wirkt, ist die Botschaft klar. Einzig die Rahmenhandlung mit der Liebesgeschichte fand ich total überflüssig und unstimmig.
[Diese Rezension basiert auf einem vom Verlag oder vom Autor überlassenen Rezensionsexemplar. Meine Meinung wurde hiervon nicht beeinflusst.]