Bevor die intellektuellen Großfamilie mit Kind und Kegel nach Oxford zieht, um dem Ruf der Uni für den Vater, einem Geschichtsprofessor zu folgen, geht es noch mal zum Familienurlaub nach Berlin. Dort soll nämlich Lils einwöchiger Modeworkshop stattfinden, den sie bei einem Talentwettbewerb gewonnen hat. Da ihre Eltern Lil mit noch nicht ganz 14 Jahren für zu jung für eine Woche Berlin finden, kommen sie alle mit, inklusive Hund und Lils bester Freundin Hel, die inzwischen mit ihrem älteren Bruder Pego zusammen ist. Mit 9 Personen ist bereits die Zugfahrt ein halbes Abenteuer und dank der Jungs Matts und Jari mit ihrem Mini-Kicker, die sie im Zug kennen lernen, ist es ziemlich witzig! Wäre da nur nicht Jaris blöde Bemerkung zu seinem Freund Matts, die Lil und Hel kurz vor dem Aussteigen belauscht haben. Egal! Lil will sich ganz auf den Workshop konzentrieren und muss feststellen, daß einige ganz schön verbissen an diesen herangehen, als wäre es ein Wettbewerb! Zum Glück ist Josephine aus der Schweiz anders und so hat Lil auch etwas Spaß während ihre Familie die Stadt unsicher macht und jemandem zum Reden, als sie feststellen muss, daß sie den Bruder des Fotografen kennt, ihn aber lieber vergessen würde.
Dies ist der dritte Band der Reihe und eigentlich ist er auch eigenständig lesbar, da die Familie aber wirklich sehr groß ist und die Namen doch recht eigenwillig, empfinden wir es als hilfreich mit Band 1 anzufangen. Wir haben mit Band 2 begonnen und waren anfangs ziemlich irritiert. Bei Band 3 waren wird dafür sofort mitten im Geschehen drin! Auch hilft es, daß meine Tochter nun ein Jahr älter ist und somit mit fast 11 Jahren, dem Zielgruppenalter entspricht. Ich war erstaunt, wie gut meine Tochter sich nach all der Zeit noch an die einzelnen Familienmitglieder erinnern kann, der Vorgängerband hat sie offensichtlich viel mehr beeindruckt, als ich damals dachte. Auch dieser Band hat sie wirklich berührt. Dem Workshop von Lil und dem Gezicke unter den Konkurrenten in spe, den angeblich lässigen Designern und den immer wieder auftauchenden neuen Jungs in der Runde Matts und Jari ist sie wirklich aufmerksam gefolgt. Ihr Liebling ist aber Lils jüngere 11-Jährige Schwester, die dieses Mal ziemlich viel Aufmerksamkeit bekommt. Auch ihre Hormone fangen an zu kochen und übernehme komplett die Oberhand bei ihr, während das Gehirn völlig ausgeschaltet wird. Das hat sie doch ziemlich erschreckt, wobei sie sich schon gut mit Artis Gefühl, daß sie nie etwas darf, immer nur die anderen, sehr gut identifizieren konnte. Hel ist dabei das totale Gegenteil, sie will nicht nur wie eine Klette an Pego hängen, der sie am liebsten nur für sich hätte, sondern auch Zeit mit ihrer besten Freundin Lil verbringen. Was ich richtig klasse fand, ist dass sie Pego auch richtig Contra gibt, wenn sie anderer Meinung ist als er! So führt die Familie nämlich eine ziemlich ausführliche Tattoo-Diskussion in der U-Bahn, sehr zur Unterhaltung der übrigen Reisenden. Dabei bezieht die Autorin nicht direkt Position und erhebt vor allem keinen moralischen Zeigefinger, was ich sehr angenehm finde, dennoch würde ich mal tippen, daß sie selbst nicht tätowiert ist ;) Am Ende wurde das Buch richtig spannend, meine Tochter hat total mitgefiebert und sie war sehr entsetzt, was mit Arti passiert ist. Sie hat sich wahrscheinlich geschworen, niemals selbst blind vor Liebe zu werden, aber wenn das immer so einfach wäre?
Die Familie ist wirklich sehr groß und das nächste Kind ist bereits unterwegs. Dennoch hat sich die Autorin mit allen Familienmitgliedern viel Mühe gegeben, ihnen eigene Persönlichkeiten auf den Leib zu schreiben, sie sich fortentwickeln zu lassen, statt sie nur als bloße Statisten durch das Buch schwirren zu lassen. Ganz klar hat dieses Buch eine Kernaussage: Familie ist das Wichtigste was macht hat, möge sie auch noch so sehr nerven und lästig sein, ohne sie, ist man nur ein halber Mensch. Dennoch steckt in diesem Buch noch viel mehr, was ich aber nicht verraten möchte, weil ich sonst die Spannung um Artis Irrungen und Wirrungen vorweg nehme.