Ein Stück Nachkriegsgeschichte
„Die Wunderfrauen“ sind schon eine ganze Weile im Gespräch, sie haben die Bestseller-Listen erobert und erfreuen sich knapp drei Monate nach ihrem Erscheinen immer noch großer Beliebtheit. Völlig zurecht, ...
„Die Wunderfrauen“ sind schon eine ganze Weile im Gespräch, sie haben die Bestseller-Listen erobert und erfreuen sich knapp drei Monate nach ihrem Erscheinen immer noch großer Beliebtheit. Völlig zurecht, denn mit „Die Wunderfrauen“ setzt Stephanie Schuster einem Kapitel deutscher Geschichte ein neues Denkmal: „dem Tante-Emma-Laden“.
Das Cover ist sehr ansprechend gestaltet und zeigt bereits die vier Protagonistinnen des Romans. Vier Frauen, die nicht unterschiedlicher sein könnten und dennoch vieles gemeinsam haben. Die Geschichte spielt in Süddeutschland, größtenteils am Starnberger See und beginnt im Jahre 1953.
Zum einen ist das Helga Knaup oder von den Kindern nur liebevoll Tante Dalli genannt, ihr Traum ist der kleine Gemischtwarenhandel, nach dem Tod ihrer Schwiegermutter sieht sie ihre Stunde gekommen und versucht ihr Glück. Annabel von Thaler, die Gattin des Chefarztes der ansässigen Klink bemüht sich ihre Roll ezu finden zwischen ihren eigenen Wünschen und den Anforderungen die ihr Mann und ihre Schwiegereltern an sie stellen. Helga Knaup, die junge Lernschwester hat nur ein Ziel sich unabhängig von ihrer Familie zu machen, sie will auf eigenen Beinen stehen. Sie verliebt sich wider Willen in einen amerikanischen Soldaten und muss schon bald mit den Konsequenzen allein zurechtkommen. Letztlich ist da auch noch Marie Wagner, eine Geflüchtete aus Schlesien, die in Süddeutschland die Schrecken des Krieges vergessen will. Doch sie muss schnell feststellen, dass sie als Bereiterin in einer Männerdomäne nur sehr schwer Fuß fassen kann. So verschlägt es sie auf den Hof der Brüder Martin und Manfred Brandstetter.
Manfred, genannt Manni ist meine Lieblingsfigur er lebt ein erstaunliches Leben mit Trisomie und hat es immer wieder geschafft mich zum Schmunzeln zu bringen. Eine großartige Figur, die man sofort ins Herz schließen muss. Mit einer Person konnte ich leider so gar nicht warm werden, und zwar mit Konstantin von Thaler, dem Chefarzt der Klinik. Bis zum Schluss konnte ich seine Rolle nicht so wirklich fassen. Manchmal hatte ich das Gefühl er spielt ein doppeltes Spiel. Hier sind bestimmt die nächsten beiden Bände der Trilogie sehr aufschlussreich.
Der Roman wird größtenteils chronologisch erzählt, die vier Frauen stehen dabei im Mittelpunkt, welches durch die jeweiligen Überschriften sehr schnell klar wird. Die verschiedenen Erzählstränge werden immer weiter miteinander verwoben und man bekommt zum Schluss einen sehr guten Eindruck von dem Dorfleben und dem Zusammenleben in der Gemeinschaft. Die Schicksale der einzelnen Protagonistinnen gehen ans Herz und man fiebert mit ihnen mit, sodass es nicht langweilig wird. Der Schreibstil der Autorin ist sehr angenehm zu lesen. Die Sprache ist meiner Meinung nach sehr authentisch und angemessen, besonders der bayrische Dialekt passt hier sehr gut. Als Auflockerung dürfen wir Leser zwischendurch immer mal wieder in Luises „Ladekunden-Album“ reinschauen und erfahren so manche ungewöhnliche Verkaufsstrategie aus den 50er Jahren.
Als Zielgruppe sind primär die weiblichen Leser zu nennen, wobei ich männliche Leser nicht ausschließen möchte. Es ist sicherlich sehr interessant in die Welt der Eltern oder Großeltern abzutauchen und sich mit einem neuen Kapitel deutscher Geschichte, „dem Tante-Emma-Laden“ zu beschäftigen. Meist kennt man diese Läden heute nur aus Erzählungen.