Klug und spannend, doch nichts für Zartbesaitete
Nach seiner Flucht vor 15 Jahren kehrt der Ich-Erzähler Weston Kogi aus London in sein westafrikanisches Heimatland Alcacia zurück, denn seine Tante ist gestorben. Nicht nur das Klima schlägt ihm heiß ...
Nach seiner Flucht vor 15 Jahren kehrt der Ich-Erzähler Weston Kogi aus London in sein westafrikanisches Heimatland Alcacia zurück, denn seine Tante ist gestorben. Nicht nur das Klima schlägt ihm heiß und feindlich entgegen. Ihn nervt dieses Land, in das man sich schon am Flughafen seinen Weg freikaufen muss, der Überlebenskampf in den staubigen Straßen, das Elend, die allgegenwärtige Gewalt. Er will schnell wieder weg, und ich als Lesende wollte das unbedingt auch.
Schon zu Beginn des Romans stürzt Tade Thompson sein Publikum so eloquent wie brachial aus der Komfortzone. Doch der subtile Humor, der dann während der Beerdigung anklingt, hat mich bleiben und neugierig werden lassen.
Dort trifft Weston, der sich in London als Wachmann durchschlägt, auf seinen einstigen Highschool-Widersacher Church, dem er weismacht, er arbeite als Detective bei der Metropolitan Police. Dumm gelaufen, denn noch bevor er Rückflug sagen kann, findet er sich zwischen den Fronten zweier Guerillatruppen wieder, die ihn beauftragen, den Mord an einem Konsenspolitiker aufzuklären bzw der jeweils anderen Seite in die Schuhe zu schieben.
Die Wild Card ist damit zugestellt, eine Flucht unmöglich, das Honorar berauschend hoch. Und außerdem ist da noch seine schöne Ex-Freundin Nana...
Was dann folgt, ist spannend, vielschichtig, authentisch und wendungsreich erzählt, doch nichts für Zartbesaitete. Obwohl Thompson klug reflektiert, tief schürft und Themen wie das koloniale Erbe, Rassismus und Korruption behandelt, lassen brutales Kidnapping, bluttriefende Morde, unverblümte Gewaltschilderungen einen nur schwer Atem holen.
Dafür wiederum sorgen geistreiche Dialoge und der selbstironische Erzählton unseres sympathischen Antihelden. Der muss einiges ertragen, bevor die alten Überlebensinstinkte in ihm erwachen und er recht clever beginnt, die Fäden in die Hand zu nehmen. Wird es ihm gelingen, den Fall aufzuklären und seine Peiniger gegeneinander auszuspielen? Und wer wird er selbst am Ende sein?
Dieses lässt Raum für eine Fortsetzung, doch ob ich ein zweites Ticket nach Alcacia löse, ist noch unklar.